Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

stangen und Saamen-Düten aus dem Gartenhause
tragen -- entpupte Papillons daraus fächeln und
aufgewachte Brummfliegen -- das vorgeschossene Ge¬
zweig von den Fenstern zurückbinden -- die Orange¬
rie, die aus hundert Blüten eines Pomeranzenbaums
bestand, aus dem Museum in die Garten-Chaussee
herunterheben, desgleichen ein invalides Klavier, des¬
sen Sangboden nicht so oft als sein Saitenbezug ge¬
sprungen war. . . . Der ernsthafte Flamin wurde
vom lärmenden Sebastian zu diesen Haupt- und
Staatsaktionen mit gezwungen und zwischen ihnen
muste in dieser Vorjagd der Freude das gequälte
Eymannische Gesicht arbeiten, an das Viktor die
nöthigsten Ermahnungen hielt: "Herr Gevatter, wir
"können nicht ernsthaft und fleißig genug seyn -- es
"kann von diesem Feste noch an Orten gesprochen
"werden, wo es Einfluß hat -- aber ein Mittelweg
"zwischen Fürstenpracht und Belgischer Knauserei
"wird denk' ich, das vortheilhafteste Licht auf uns
"werfen." -- Es ging alles gut -- sogar das Ge¬
wölk zerwarf sich -- Klotilde wollte kommen -- der
Primas des Festes, dem zu Ehren der Kirchgang
war, der kleine Sechswöchner, memorirte laut an
seiner Rolle, die er nach fünf Uhr zu machen hatte
und die wie bei mehrern Helden von Festins in
nichts bestehen sollte als in Schlafen. -- --

ſtangen und Saamen-Duͤten aus dem Gartenhauſe
tragen — entpupte Papillons daraus faͤcheln und
aufgewachte Brummfliegen — das vorgeſchoſſene Ge¬
zweig von den Fenſtern zuruͤckbinden — die Orange¬
rie, die aus hundert Bluͤten eines Pomeranzenbaums
beſtand, aus dem Muſeum in die Garten-Chauſſee
herunterheben, desgleichen ein invalides Klavier, deſ¬
ſen Sangboden nicht ſo oft als ſein Saitenbezug ge¬
ſprungen war. . . . Der ernſthafte Flamin wurde
vom laͤrmenden Sebaſtian zu dieſen Haupt- und
Staatsaktionen mit gezwungen und zwiſchen ihnen
muſte in dieſer Vorjagd der Freude das gequaͤlte
Eymanniſche Geſicht arbeiten, an das Viktor die
noͤthigſten Ermahnungen hielt: »Herr Gevatter, wir
»koͤnnen nicht ernſthaft und fleißig genug ſeyn — es
»kann von dieſem Feſte noch an Orten geſprochen
»werden, wo es Einfluß hat — aber ein Mittelweg
»zwiſchen Fuͤrſtenpracht und Belgiſcher Knauſerei
»wird denk' ich, das vortheilhafteſte Licht auf uns
»werfen.« — Es ging alles gut — ſogar das Ge¬
woͤlk zerwarf ſich — Klotilde wollte kommen — der
Primas des Feſtes, dem zu Ehren der Kirchgang
war, der kleine Sechswoͤchner, memorirte laut an
ſeiner Rolle, die er nach fuͤnf Uhr zu machen hatte
und die wie bei mehrern Helden von Feſtins in
nichts beſtehen ſollte als in Schlafen. — —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="125"/>
&#x017F;tangen und Saamen-Du&#x0364;ten aus dem Gartenhau&#x017F;e<lb/>
tragen &#x2014; entpupte Papillons daraus fa&#x0364;cheln und<lb/>
aufgewachte Brummfliegen &#x2014; das vorge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;ene Ge¬<lb/>
zweig von den Fen&#x017F;tern zuru&#x0364;ckbinden &#x2014; die Orange¬<lb/>
rie, die aus hundert Blu&#x0364;ten eines Pomeranzenbaums<lb/>
be&#x017F;tand, aus dem Mu&#x017F;eum in die Garten-Chau&#x017F;&#x017F;ee<lb/>
herunterheben, desgleichen ein invalides Klavier, de&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en Sangboden nicht &#x017F;o oft als &#x017F;ein Saitenbezug ge¬<lb/>
&#x017F;prungen war. . . . Der ern&#x017F;thafte Flamin wurde<lb/>
vom la&#x0364;rmenden Seba&#x017F;tian zu die&#x017F;en Haupt- und<lb/>
Staatsaktionen mit gezwungen und zwi&#x017F;chen ihnen<lb/>
mu&#x017F;te in die&#x017F;er <hi rendition="#g">Vorjagd</hi> der Freude das gequa&#x0364;lte<lb/>
Eymanni&#x017F;che Ge&#x017F;icht arbeiten, an das Viktor die<lb/>
no&#x0364;thig&#x017F;ten Ermahnungen hielt: »Herr Gevatter, wir<lb/>
»ko&#x0364;nnen nicht ern&#x017F;thaft und fleißig genug &#x017F;eyn &#x2014; es<lb/>
»kann von die&#x017F;em Fe&#x017F;te noch an Orten ge&#x017F;prochen<lb/>
»werden, wo es Einfluß hat &#x2014; aber ein Mittelweg<lb/>
»zwi&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;tenpracht und Belgi&#x017F;cher Knau&#x017F;erei<lb/>
»wird denk' ich, das vortheilhafte&#x017F;te Licht auf uns<lb/>
»werfen.« &#x2014; Es ging alles gut &#x2014; &#x017F;ogar das Ge¬<lb/>
wo&#x0364;lk zerwarf &#x017F;ich &#x2014; Klotilde wollte kommen &#x2014; der<lb/>
Primas des Fe&#x017F;tes, dem zu Ehren der Kirchgang<lb/>
war, der kleine Sechswo&#x0364;chner, memorirte laut an<lb/>
&#x017F;einer Rolle, die er nach fu&#x0364;nf Uhr zu <choice><sic>macheu</sic><corr>machen</corr></choice> hatte<lb/>
und die wie bei mehrern Helden von Fe&#x017F;tins in<lb/>
nichts be&#x017F;tehen &#x017F;ollte als in Schlafen. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0136] ſtangen und Saamen-Duͤten aus dem Gartenhauſe tragen — entpupte Papillons daraus faͤcheln und aufgewachte Brummfliegen — das vorgeſchoſſene Ge¬ zweig von den Fenſtern zuruͤckbinden — die Orange¬ rie, die aus hundert Bluͤten eines Pomeranzenbaums beſtand, aus dem Muſeum in die Garten-Chauſſee herunterheben, desgleichen ein invalides Klavier, deſ¬ ſen Sangboden nicht ſo oft als ſein Saitenbezug ge¬ ſprungen war. . . . Der ernſthafte Flamin wurde vom laͤrmenden Sebaſtian zu dieſen Haupt- und Staatsaktionen mit gezwungen und zwiſchen ihnen muſte in dieſer Vorjagd der Freude das gequaͤlte Eymanniſche Geſicht arbeiten, an das Viktor die noͤthigſten Ermahnungen hielt: »Herr Gevatter, wir »koͤnnen nicht ernſthaft und fleißig genug ſeyn — es »kann von dieſem Feſte noch an Orten geſprochen »werden, wo es Einfluß hat — aber ein Mittelweg »zwiſchen Fuͤrſtenpracht und Belgiſcher Knauſerei »wird denk' ich, das vortheilhafteſte Licht auf uns »werfen.« — Es ging alles gut — ſogar das Ge¬ woͤlk zerwarf ſich — Klotilde wollte kommen — der Primas des Feſtes, dem zu Ehren der Kirchgang war, der kleine Sechswoͤchner, memorirte laut an ſeiner Rolle, die er nach fuͤnf Uhr zu machen hatte und die wie bei mehrern Helden von Feſtins in nichts beſtehen ſollte als in Schlafen. — —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/136
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/136>, abgerufen am 29.11.2024.