konnte, wenn er kalt und Menschenkenner war, diese Preismedaillen, die jener auf sie schlug und worauf er ihr schönes Angesicht und sein Wappen setzte, für eben so viele Münzen de confiance und Pfänder neh¬ men, daß er der Eifersucht nichts zu bestrafen geben werde; ich zweifle aber an Flamin. Er war zu brau¬ send und zu ehrgeitzig, um die Wahrheit zu sehen so wie -- anzuhören: denn sein offenherziger Freund mußte manchen zärtlichen Tadel unterdrücken, der ihn zu sehr gekränkt hätte, weil er zuviel Ehr¬ geitz und Feuer und zu wenig Selbstvertrauen hatte. Daher heftete sich ein Schmeichler wie Matthieu mit seinen Epheu-Häckgen desto fester in die Risse dieses Felsen ein Da er ein wenig barsch den namenlosen Emanuel einen Schwärmer nannte: so sagte Viktor nichts mehr davon. Flamin konnte -- weil er ent¬ weder ein Jurist oder ein hitziger Kopf, oder beides war -- nichts so wenig ausstehen als Poeten, Phi¬ losophen, Hofleute und Enthusiasten -- einen ausge¬ nommen, der alles das auf einmel war, seinen Se¬ bastian.
konnte, wenn er kalt und Menſchenkenner war, dieſe Preismedaillen, die jener auf ſie ſchlug und worauf er ihr ſchoͤnes Angeſicht und ſein Wappen ſetzte, fuͤr eben ſo viele Muͤnzen de confiance und Pfaͤnder neh¬ men, daß er der Eiferſucht nichts zu beſtrafen geben werde; ich zweifle aber an Flamin. Er war zu brau¬ ſend und zu ehrgeitzig, um die Wahrheit zu ſehen ſo wie — anzuhoͤren: denn ſein offenherziger Freund mußte manchen zaͤrtlichen Tadel unterdruͤcken, der ihn zu ſehr gekraͤnkt haͤtte, weil er zuviel Ehr¬ geitz und Feuer und zu wenig Selbſtvertrauen hatte. Daher heftete ſich ein Schmeichler wie Matthieu mit ſeinen Epheu-Haͤckgen deſto feſter in die Riſſe dieſes Felſen ein Da er ein wenig barſch den namenloſen Emanuel einen Schwaͤrmer nannte: ſo ſagte Viktor nichts mehr davon. Flamin konnte — weil er ent¬ weder ein Juriſt oder ein hitziger Kopf, oder beides war — nichts ſo wenig ausſtehen als Poeten, Phi¬ loſophen, Hofleute und Enthuſiaſten — einen ausge¬ nommen, der alles das auf einmel war, ſeinen Se¬ baſtian.
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konnte, wenn er kalt und Menſchenkenner war, dieſe
Preismedaillen, die jener auf ſie ſchlug und worauf
er ihr ſchoͤnes Angeſicht und ſein Wappen ſetzte, fuͤr
eben ſo viele Muͤnzen de confiance und Pfaͤnder neh¬
men, daß er der Eiferſucht nichts zu beſtrafen geben
werde; ich zweifle aber an Flamin. Er war zu brau¬
ſend und zu ehrgeitzig, um die Wahrheit zu ſehen
ſo wie — anzuhoͤren: denn ſein offenherziger Freund
mußte manchen zaͤrtlichen Tadel unterdruͤcken,
der ihn zu ſehr gekraͤnkt haͤtte, weil er zuviel Ehr¬
geitz und Feuer und zu wenig Selbſtvertrauen hatte.
Daher heftete ſich ein Schmeichler wie Matthieu mit
ſeinen Epheu-Haͤckgen deſto feſter in die Riſſe dieſes
Felſen ein Da er ein wenig barſch den namenloſen
Emanuel einen Schwaͤrmer nannte: ſo ſagte Viktor
nichts mehr davon. Flamin konnte — weil er ent¬
weder ein Juriſt oder ein hitziger Kopf, oder beides
war — nichts ſo wenig ausſtehen als Poeten, Phi¬
loſophen, Hofleute und Enthuſiaſten — einen ausge¬
nommen, der alles das auf einmel war, ſeinen Se¬
baſtian.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/113>, abgerufen am 04.12.2024.
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