Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

"nisse? -- und Mutter-Zorn -- und Kerker
"und Noth: es brech' ein; ich bürge. Zürne
"du. Ich bürge und gehe hinab."

Vult hielt ordentlich noch an sich, ganz be¬
stürzt und aus dem Sattel gehoben von Walts
Sprüngen, der jetzt immer weniger zu regieren
war, je mehr er ihn stach und trieb; -- vielleicht,
weil der sanfteste Mensch, so bald man seiner
Freiheit statt zu schmeicheln droht, spornste¬
tig
*) wird --: "Du gehst, sagte Vult, (ich
bitte dich gewiß ruhig), gehe blos in dich. Fahre
nicht, wie ein geblendeter Vogel, gerade in die
Höhe! Kehr' um. Ich flehe dich, Bruder!" --
"Und müßt' ich gleich ins Gefängniß, ich hielte
Wort!" sagt' er -- "Verschimmle da, sagte
Vult; ich wehr' es nicht; nur aber die klärste
Vernunft und Billigkeit behalt' ihr Recht -- nur
das Gesindel triumphire nicht -- Am Ende wird
noch dazu erfahren, daß ich mit dir verwandt
bin und ich werde so verflucht ausgelacht als einer
von uns -- Freund, Bruder, höre, Teufel!"

*) So sagt man von Pferden, welche das Spornen
zu nichts bringt als zum Stehen.

„niſſe? — und Mutter-Zorn — und Kerker
„und Noth: es brech' ein; ich buͤrge. Zuͤrne
„du. Ich buͤrge und gehe hinab.“

Vult hielt ordentlich noch an ſich, ganz be¬
ſtuͤrzt und aus dem Sattel gehoben von Walts
Spruͤngen, der jetzt immer weniger zu regieren
war, je mehr er ihn ſtach und trieb; — vielleicht,
weil der ſanfteſte Menſch, ſo bald man ſeiner
Freiheit ſtatt zu ſchmeicheln droht, ſpornſte¬
tig
*) wird —: „Du gehſt, ſagte Vult, (ich
bitte dich gewiß ruhig), gehe blos in dich. Fahre
nicht, wie ein geblendeter Vogel, gerade in die
Hoͤhe! Kehr' um. Ich flehe dich, Bruder!“ —
„Und muͤßt' ich gleich ins Gefaͤngniß, ich hielte
Wort!“ ſagt' er — „Verſchimmle da, ſagte
Vult; ich wehr' es nicht; nur aber die klaͤrſte
Vernunft und Billigkeit behalt' ihr Recht — nur
das Geſindel triumphire nicht — Am Ende wird
noch dazu erfahren, daß ich mit dir verwandt
bin und ich werde ſo verflucht ausgelacht als einer
von uns — Freund, Bruder, hoͤre, Teufel!“

*) So ſagt man von Pferden, welche das Spornen
zu nichts bringt als zum Stehen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="89"/>
&#x201E;ni&#x017F;&#x017F;e? &#x2014; und Mutter-Zorn &#x2014; und Kerker<lb/>
&#x201E;und Noth: es brech' ein; ich bu&#x0364;rge. Zu&#x0364;rne<lb/>
&#x201E;du. Ich bu&#x0364;rge und gehe hinab.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Vult hielt ordentlich noch an &#x017F;ich, ganz be¬<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzt und aus dem Sattel gehoben von Walts<lb/>
Spru&#x0364;ngen, der jetzt immer weniger zu regieren<lb/>
war, je mehr er ihn &#x017F;tach und trieb; &#x2014; vielleicht,<lb/>
weil der &#x017F;anfte&#x017F;te Men&#x017F;ch, &#x017F;o bald man &#x017F;einer<lb/>
Freiheit &#x017F;tatt zu &#x017F;chmeicheln droht, <hi rendition="#g">&#x017F;porn&#x017F;te¬<lb/>
tig</hi> <note place="foot" n="*)">So &#x017F;agt man von Pferden, welche das Spornen<lb/>
zu nichts bringt als zum Stehen.<lb/></note> wird &#x2014;: &#x201E;Du geh&#x017F;t, &#x017F;agte Vult, (ich<lb/>
bitte dich gewiß ruhig), gehe blos in dich. Fahre<lb/>
nicht, wie ein geblendeter Vogel, gerade in die<lb/>
Ho&#x0364;he! Kehr' um. Ich flehe dich, Bruder!&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Und mu&#x0364;ßt' ich gleich ins Gefa&#x0364;ngniß, ich hielte<lb/>
Wort!&#x201C; &#x017F;agt' er &#x2014; &#x201E;Ver&#x017F;chimmle da, &#x017F;agte<lb/>
Vult; ich wehr' es nicht; nur aber die kla&#x0364;r&#x017F;te<lb/>
Vernunft und Billigkeit behalt' ihr Recht &#x2014; nur<lb/>
das Ge&#x017F;indel triumphire nicht &#x2014; Am Ende wird<lb/>
noch dazu erfahren, daß ich mit dir verwandt<lb/>
bin und ich werde &#x017F;o verflucht ausgelacht als einer<lb/>
von uns &#x2014; Freund, Bruder, ho&#x0364;re, Teufel!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0095] „niſſe? — und Mutter-Zorn — und Kerker „und Noth: es brech' ein; ich buͤrge. Zuͤrne „du. Ich buͤrge und gehe hinab.“ Vult hielt ordentlich noch an ſich, ganz be¬ ſtuͤrzt und aus dem Sattel gehoben von Walts Spruͤngen, der jetzt immer weniger zu regieren war, je mehr er ihn ſtach und trieb; — vielleicht, weil der ſanfteſte Menſch, ſo bald man ſeiner Freiheit ſtatt zu ſchmeicheln droht, ſpornſte¬ tig *) wird —: „Du gehſt, ſagte Vult, (ich bitte dich gewiß ruhig), gehe blos in dich. Fahre nicht, wie ein geblendeter Vogel, gerade in die Hoͤhe! Kehr' um. Ich flehe dich, Bruder!“ — „Und muͤßt' ich gleich ins Gefaͤngniß, ich hielte Wort!“ ſagt' er — „Verſchimmle da, ſagte Vult; ich wehr' es nicht; nur aber die klaͤrſte Vernunft und Billigkeit behalt' ihr Recht — nur das Geſindel triumphire nicht — Am Ende wird noch dazu erfahren, daß ich mit dir verwandt bin und ich werde ſo verflucht ausgelacht als einer von uns — Freund, Bruder, hoͤre, Teufel!“ *) So ſagt man von Pferden, welche das Spornen zu nichts bringt als zum Stehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/95
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/95>, abgerufen am 23.11.2024.