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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Vult erzählte jetzt, Jakobine, die Schauspie¬
lerin, sei angekommen: "sie wird auf dem Balle
auch ihre Rolle spielen, spiele du weder den er¬
sten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es ist
Teufels-Volk, die Weiber; scheinen sie schlimm,
so sind sie es auch; scheinen sie es nicht, so sind
sie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen
Prüden vor, welche ihre himmelblauen Netze
durch den Aether aufspannen." Walt fragte,
wie es denn eine arme S [unleserliches Material - Zeichen fehlt] [unleserliches Material - Zeichen fehlt]ne machen solle, wenn
Schein und Seyn nichts hälfen. Allerdings ist
eine gewisse Zurückziehung ein Netz, aber eines
um einen Kirschbaum voll süßer Früchte, nicht
um die Sperlinge zu fangen, sondern um sie ab¬
zuhalten. Aber Vults Zunge schonte, ungleich
dem Löwen, jetzt keine Frau.

Walt trug mit stillem Beklagen des verarm¬
ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte
sich die Lebensseite in die Nachtseite gekehrt,
darum mußte er im Schatten kalt seyn, und, wie
andere Gewächse, Gift-Lüfte ausathmen. Hin¬
gegen der Liebe wendet sich die Himmelskugel,
wie auch die irdische Welt sich drehe, stets mit

auf¬

Vult erzaͤhlte jetzt, Jakobine, die Schauſpie¬
lerin, ſei angekommen: „ſie wird auf dem Balle
auch ihre Rolle ſpielen, ſpiele du weder den er¬
ſten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es iſt
Teufels-Volk, die Weiber; ſcheinen ſie ſchlimm,
ſo ſind ſie es auch; ſcheinen ſie es nicht, ſo ſind
ſie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen
Pruͤden vor, welche ihre himmelblauen Netze
durch den Aether aufſpannen.“ Walt fragte,
wie es denn eine arme S [unleserliches Material – Zeichen fehlt] [unleserliches Material – Zeichen fehlt]ne machen ſolle, wenn
Schein und Seyn nichts haͤlfen. Allerdings iſt
eine gewiſſe Zuruͤckziehung ein Netz, aber eines
um einen Kirſchbaum voll ſuͤßer Fruͤchte, nicht
um die Sperlinge zu fangen, ſondern um ſie ab¬
zuhalten. Aber Vults Zunge ſchonte, ungleich
dem Loͤwen, jetzt keine Frau.

Walt trug mit ſtillem Beklagen des verarm¬
ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte
ſich die Lebensſeite in die Nachtſeite gekehrt,
darum mußte er im Schatten kalt ſeyn, und, wie
andere Gewaͤchſe, Gift-Luͤfte ausathmen. Hin¬
gegen der Liebe wendet ſich die Himmelskugel,
wie auch die irdiſche Welt ſich drehe, ſtets mit

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[272/0278] Vult erzaͤhlte jetzt, Jakobine, die Schauſpie¬ lerin, ſei angekommen: „ſie wird auf dem Balle auch ihre Rolle ſpielen, ſpiele du weder den er¬ ſten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es iſt Teufels-Volk, die Weiber; ſcheinen ſie ſchlimm, ſo ſind ſie es auch; ſcheinen ſie es nicht, ſo ſind ſie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen Pruͤden vor, welche ihre himmelblauen Netze durch den Aether aufſpannen.“ Walt fragte, wie es denn eine arme S _ _ ne machen ſolle, wenn Schein und Seyn nichts haͤlfen. Allerdings iſt eine gewiſſe Zuruͤckziehung ein Netz, aber eines um einen Kirſchbaum voll ſuͤßer Fruͤchte, nicht um die Sperlinge zu fangen, ſondern um ſie ab¬ zuhalten. Aber Vults Zunge ſchonte, ungleich dem Loͤwen, jetzt keine Frau. Walt trug mit ſtillem Beklagen des verarm¬ ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte ſich die Lebensſeite in die Nachtſeite gekehrt, darum mußte er im Schatten kalt ſeyn, und, wie andere Gewaͤchſe, Gift-Luͤfte ausathmen. Hin¬ gegen der Liebe wendet ſich die Himmelskugel, wie auch die irdiſche Welt ſich drehe, ſtets mit auf¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/278>, abgerufen am 21.11.2024.