sich nähern." "Gut, das geschieht im Park," sagte Wina, und eilte hinab. Auf der Treppe hinter nahen Ohren, nahm Vult eiligst alle mu¬ sikalische Abreden mit ihr, damit er auf dem einsamern Park-Wege nichts zu machen brauch¬ te, als seine Eroberung. Zu seinem Schrecken stand jetzt wie eine stille Pulverschlange, die blos auf das Loszünden wartete, der Notar auf der Hauptstrasse, der mit seiner heitern Miene sich und andern versprach mitzugehen, und alles zu begleiten. Wina gab ihm einen freudigen Mor¬ gen-, dann noch einen Neujahrs-Gruß, und die Frage, "geht nicht alles vortreflich?" -- Sta, Sta, Viator, sagte Vult, und winkte ihm heftig rückwärts, still zu liegen -- was jener nachdenkend vollzog, "weil ich ja, dacht' er, nicht weiß, was er für Ursachen dazu hat."
"Ein wahrer, inniger Mensch und Dichter," begann Vult. "Seine Gedichte sind himmlisch," versetzte sie. "Dennoch haben Sie uns beide als Verfasser verwechselt? (fragt' er rasch, weil ihm wie einem Ewigen und Seligen jetzt nichts fehlte, als Zeit.) Ein solcher Irrthum verdient
ſich naͤhern.“ „Gut, das geſchieht im Park,“ ſagte Wina, und eilte hinab. Auf der Treppe hinter nahen Ohren, nahm Vult eiligſt alle mu¬ ſikaliſche Abreden mit ihr, damit er auf dem einſamern Park-Wege nichts zu machen brauch¬ te, als ſeine Eroberung. Zu ſeinem Schrecken ſtand jetzt wie eine ſtille Pulverſchlange, die blos auf das Loszuͤnden wartete, der Notar auf der Hauptſtraſſe, der mit ſeiner heitern Miene ſich und andern verſprach mitzugehen, und alles zu begleiten. Wina gab ihm einen freudigen Mor¬ gen-, dann noch einen Neujahrs-Gruß, und die Frage, „geht nicht alles vortreflich?“ — Sta, Sta, Viator, ſagte Vult, und winkte ihm heftig ruͤckwaͤrts, ſtill zu liegen — was jener nachdenkend vollzog, „weil ich ja, dacht' er, nicht weiß, was er fuͤr Urſachen dazu hat.“
„Ein wahrer, inniger Menſch und Dichter,“ begann Vult. „Seine Gedichte ſind himmliſch,“ verſetzte ſie. „Dennoch haben Sie uns beide als Verfaſſer verwechſelt? (fragt' er raſch, weil ihm wie einem Ewigen und Seligen jetzt nichts fehlte, als Zeit.) Ein ſolcher Irrthum verdient
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0258"n="252"/>ſich naͤhern.“„Gut, das geſchieht im Park,“<lb/>ſagte Wina, und eilte hinab. Auf der Treppe<lb/>
hinter nahen Ohren, nahm Vult eiligſt alle mu¬<lb/>ſikaliſche Abreden mit ihr, damit er auf dem<lb/>
einſamern Park-Wege nichts zu machen brauch¬<lb/>
te, als ſeine Eroberung. Zu ſeinem Schrecken<lb/>ſtand jetzt wie eine ſtille Pulverſchlange, die blos<lb/>
auf das Loszuͤnden wartete, der Notar auf der<lb/>
Hauptſtraſſe, der mit ſeiner heitern Miene ſich<lb/>
und andern verſprach mitzugehen, und alles zu<lb/>
begleiten. Wina gab ihm einen freudigen Mor¬<lb/>
gen-, dann noch einen Neujahrs-Gruß, und<lb/>
die Frage, „geht nicht alles vortreflich?“—<lb/><hirendition="#aq">Sta</hi>, <hirendition="#aq">Sta</hi>, <hirendition="#aq">Viator</hi>, ſagte Vult, und winkte ihm<lb/>
heftig ruͤckwaͤrts, ſtill zu liegen — was jener<lb/>
nachdenkend vollzog, „weil ich ja, dacht' er,<lb/>
nicht weiß, was er fuͤr Urſachen dazu hat.“</p><lb/><p>„Ein wahrer, inniger Menſch und Dichter,“<lb/>
begann Vult. „Seine Gedichte ſind himmliſch,“<lb/>
verſetzte ſie. „Dennoch haben Sie uns beide als<lb/>
Verfaſſer verwechſelt? (fragt' er raſch, weil<lb/>
ihm wie einem Ewigen und Seligen jetzt nichts<lb/>
fehlte, als Zeit.) Ein ſolcher Irrthum verdient<lb/></p></div></body></text></TEI>
[252/0258]
ſich naͤhern.“ „Gut, das geſchieht im Park,“
ſagte Wina, und eilte hinab. Auf der Treppe
hinter nahen Ohren, nahm Vult eiligſt alle mu¬
ſikaliſche Abreden mit ihr, damit er auf dem
einſamern Park-Wege nichts zu machen brauch¬
te, als ſeine Eroberung. Zu ſeinem Schrecken
ſtand jetzt wie eine ſtille Pulverſchlange, die blos
auf das Loszuͤnden wartete, der Notar auf der
Hauptſtraſſe, der mit ſeiner heitern Miene ſich
und andern verſprach mitzugehen, und alles zu
begleiten. Wina gab ihm einen freudigen Mor¬
gen-, dann noch einen Neujahrs-Gruß, und
die Frage, „geht nicht alles vortreflich?“ —
Sta, Sta, Viator, ſagte Vult, und winkte ihm
heftig ruͤckwaͤrts, ſtill zu liegen — was jener
nachdenkend vollzog, „weil ich ja, dacht' er,
nicht weiß, was er fuͤr Urſachen dazu hat.“
„Ein wahrer, inniger Menſch und Dichter,“
begann Vult. „Seine Gedichte ſind himmliſch,“
verſetzte ſie. „Dennoch haben Sie uns beide als
Verfaſſer verwechſelt? (fragt' er raſch, weil
ihm wie einem Ewigen und Seligen jetzt nichts
fehlte, als Zeit.) Ein ſolcher Irrthum verdient
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/258>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.