heiße Erndte ein -- Walt mußte um die ätherischen Träume die feste Form des Wachens legen, näm¬ lich nicht nur die neue metrischer Verhältnisse, sondern auch musikalischer, weil Vult oft den be¬ sten Gedanken weder sing- noch blasfähig fand. So muß sogar der Geist des Geistes, das Ge¬ dicht, aus seinem freien Himmel in einen Erden¬ leib, in eine enge Flügel-Scheide ziehen.
Vult hingegen hatte leicht Gesang und Be¬ gleitung gesetzt; denn im unermeßlichen Aether der Tonkunst kann alles fliegen und kreisen, die schwer¬ ste Erde, das leichteste Licht, ohne zu begegnen und anzustossen.
Da Walt bekanntlich das Gedicht in seinem Roman ganz abdrucken lassen, nur mit wenigen, aber unwesentlichen Abänderungen in den Stellen: Wach' auf Geliebte, der Morgen schimmert, dein Jahr geht auf -- dann: Schläferin, hörst du nicht die Liebe rufen und träumst du, wer dich liebt -- und endlich: Dein Jahr sei dir ein Lenz und dein Herz im langen Mai die Blume -- so setz' ich die Verse als allgemein bekannt voraus.
Flegeljahre IV. Bd. 15
heiße Erndte ein — Walt mußte um die aͤtheriſchen Traͤume die feſte Form des Wachens legen, naͤm¬ lich nicht nur die neue metriſcher Verhaͤltniſſe, ſondern auch muſikaliſcher, weil Vult oft den be¬ ſten Gedanken weder ſing- noch blasfaͤhig fand. So muß ſogar der Geiſt des Geiſtes, das Ge¬ dicht, aus ſeinem freien Himmel in einen Erden¬ leib, in eine enge Fluͤgel-Scheide ziehen.
Vult hingegen hatte leicht Geſang und Be¬ gleitung geſetzt; denn im unermeßlichen Aether der Tonkunſt kann alles fliegen und kreiſen, die ſchwer¬ ſte Erde, das leichteſte Licht, ohne zu begegnen und anzuſtoſſen.
Da Walt bekanntlich das Gedicht in ſeinem Roman ganz abdrucken laſſen, nur mit wenigen, aber unweſentlichen Abaͤnderungen in den Stellen: Wach' auf Geliebte, der Morgen ſchimmert, dein Jahr geht auf — dann: Schlaͤferin, hoͤrſt du nicht die Liebe rufen und traͤumſt du, wer dich liebt — und endlich: Dein Jahr ſei dir ein Lenz und dein Herz im langen Mai die Blume — ſo ſetz' ich die Verſe als allgemein bekannt voraus.
Flegeljahre IV. Bd. 15
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0231"n="225"/>
heiße Erndte ein — Walt mußte um die aͤtheriſchen<lb/>
Traͤume die feſte Form des Wachens legen, naͤm¬<lb/>
lich nicht nur die neue metriſcher Verhaͤltniſſe,<lb/>ſondern auch muſikaliſcher, weil Vult oft den be¬<lb/>ſten Gedanken weder ſing- noch blasfaͤhig fand.<lb/>
So muß ſogar der Geiſt des Geiſtes, das Ge¬<lb/>
dicht, aus ſeinem freien Himmel in einen Erden¬<lb/>
leib, in eine enge Fluͤgel-Scheide ziehen.</p><lb/><p>Vult hingegen hatte leicht Geſang und Be¬<lb/>
gleitung geſetzt; denn im unermeßlichen Aether der<lb/>
Tonkunſt kann alles fliegen und kreiſen, die ſchwer¬<lb/>ſte Erde, das leichteſte Licht, ohne zu begegnen<lb/>
und anzuſtoſſen.</p><lb/><p>Da Walt bekanntlich das Gedicht in ſeinem<lb/>
Roman ganz abdrucken laſſen, nur mit wenigen,<lb/>
aber unweſentlichen Abaͤnderungen in den Stellen:<lb/>
Wach' auf Geliebte, der Morgen ſchimmert, dein<lb/>
Jahr geht auf — dann: Schlaͤferin, hoͤrſt du<lb/>
nicht die Liebe rufen und traͤumſt du, wer dich<lb/>
liebt — und endlich: Dein Jahr ſei dir ein Lenz<lb/>
und dein Herz im langen Mai die Blume —ſo<lb/>ſetz' ich die Verſe als allgemein bekannt voraus.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Flegeljahre <hirendition="#aq">IV</hi>. Bd. 15<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[225/0231]
heiße Erndte ein — Walt mußte um die aͤtheriſchen
Traͤume die feſte Form des Wachens legen, naͤm¬
lich nicht nur die neue metriſcher Verhaͤltniſſe,
ſondern auch muſikaliſcher, weil Vult oft den be¬
ſten Gedanken weder ſing- noch blasfaͤhig fand.
So muß ſogar der Geiſt des Geiſtes, das Ge¬
dicht, aus ſeinem freien Himmel in einen Erden¬
leib, in eine enge Fluͤgel-Scheide ziehen.
Vult hingegen hatte leicht Geſang und Be¬
gleitung geſetzt; denn im unermeßlichen Aether der
Tonkunſt kann alles fliegen und kreiſen, die ſchwer¬
ſte Erde, das leichteſte Licht, ohne zu begegnen
und anzuſtoſſen.
Da Walt bekanntlich das Gedicht in ſeinem
Roman ganz abdrucken laſſen, nur mit wenigen,
aber unweſentlichen Abaͤnderungen in den Stellen:
Wach' auf Geliebte, der Morgen ſchimmert, dein
Jahr geht auf — dann: Schlaͤferin, hoͤrſt du
nicht die Liebe rufen und traͤumſt du, wer dich
liebt — und endlich: Dein Jahr ſei dir ein Lenz
und dein Herz im langen Mai die Blume — ſo
ſetz' ich die Verſe als allgemein bekannt voraus.
Flegeljahre IV. Bd. 15
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/231>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.