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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Ganz froh erstaunt fragte Walt, was Vult
darin gemacht. Sie sagt' Ihm -- mit der den
Litteratoren noch gewöhnlichern Verwechslung glei¬
cher Namen -- folgenden Polymeter von ihm
selber her:

Das Maiblümchen.

Weißes Glöckchen mit dem gelben Klöppel,
warum senkst du dich? Ist es Scham, weil du
bleich wie Schnee früher die Erde durchbrichst
als die großen stolzen Farbenflammen der Tulpen
und der Rosen? -- Oder senkst du dein weißes
Herz vor dem gewaltigen Himmel, der die neue
Erde auf der alten erschaft, oder vor dem stür¬
menden Mai? Oder willt du gern deinen Thau¬
tropfen wie eine Freuden-Thräne vergießen für
die junge schöne Erde? -- Zartes, weißes Kno¬
spenblümlein, hebe dein Herz! Ich will es fül¬
len mit Blicken der Liebe, mit Thränen der Won¬
ne. O Schönste, du erste Liebe des Frühlings,
hebe dein Herz!

Walten waren unter dem Zuhören vor Freu¬
de und Liebe, und vor Dichtkunst, die Augen
übergegangen -- und Wina hatte mit geweint,

Ganz froh erſtaunt fragte Walt, was Vult
darin gemacht. Sie ſagt' Ihm — mit der den
Litteratoren noch gewoͤhnlichern Verwechslung glei¬
cher Namen — folgenden Polymeter von ihm
ſelber her:

Das Maibluͤmchen.

Weißes Gloͤckchen mit dem gelben Kloͤppel,
warum ſenkſt du dich? Iſt es Scham, weil du
bleich wie Schnee fruͤher die Erde durchbrichſt
als die großen ſtolzen Farbenflammen der Tulpen
und der Roſen? — Oder ſenkſt du dein weißes
Herz vor dem gewaltigen Himmel, der die neue
Erde auf der alten erſchaft, oder vor dem ſtuͤr¬
menden Mai? Oder willt du gern deinen Thau¬
tropfen wie eine Freuden-Thraͤne vergießen fuͤr
die junge ſchoͤne Erde? — Zartes, weißes Kno¬
ſpenbluͤmlein, hebe dein Herz! Ich will es fuͤl¬
len mit Blicken der Liebe, mit Thraͤnen der Won¬
ne. O Schoͤnſte, du erſte Liebe des Fruͤhlings,
hebe dein Herz!

Walten waren unter dem Zuhoͤren vor Freu¬
de und Liebe, und vor Dichtkunſt, die Augen
uͤbergegangen — und Wina hatte mit geweint,

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[216/0222] Ganz froh erſtaunt fragte Walt, was Vult darin gemacht. Sie ſagt' Ihm — mit der den Litteratoren noch gewoͤhnlichern Verwechslung glei¬ cher Namen — folgenden Polymeter von ihm ſelber her: Das Maibluͤmchen. Weißes Gloͤckchen mit dem gelben Kloͤppel, warum ſenkſt du dich? Iſt es Scham, weil du bleich wie Schnee fruͤher die Erde durchbrichſt als die großen ſtolzen Farbenflammen der Tulpen und der Roſen? — Oder ſenkſt du dein weißes Herz vor dem gewaltigen Himmel, der die neue Erde auf der alten erſchaft, oder vor dem ſtuͤr¬ menden Mai? Oder willt du gern deinen Thau¬ tropfen wie eine Freuden-Thraͤne vergießen fuͤr die junge ſchoͤne Erde? — Zartes, weißes Kno¬ ſpenbluͤmlein, hebe dein Herz! Ich will es fuͤl¬ len mit Blicken der Liebe, mit Thraͤnen der Won¬ ne. O Schoͤnſte, du erſte Liebe des Fruͤhlings, hebe dein Herz! Walten waren unter dem Zuhoͤren vor Freu¬ de und Liebe, und vor Dichtkunſt, die Augen uͤbergegangen — und Wina hatte mit geweint,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/222>, abgerufen am 24.11.2024.