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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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des Hesperus, so sieht er gar keinen gedruckten
Unsinn mehr, sondern nimmt ihn für geschriebnen
und sagt: "man verstehe nur aber erst den göttli¬
chen Autor recht!" -- Ja wird nicht selber der
Korrektor dieser Klage blos aus Antheil an dem
Antheil, den ich zeige, so manches übersehen? --

Endlich brachte das schlecht sprechende und
schön singende Kammermädchen des General Za¬
blocki nicht nur Raphaelen ein Briefchen der
Tochter, sondern auch um eine Treppe höher
Walten die Frage des Vaters, ob er nicht diesen
ganzen Tag bei ihm schreiben könnte? "O Gott,
gewiß!" sagte er und begleitete das Mädchen
drei Treppen herab.

Vult lächelte ihn seltsam an und sagte: Er
kopire ja memoires erotiques mit und ohne
Feder und jage Mädchen; er Hund hingegen
müsse, wie die Schmetterlings-Puppe eines Na¬
turforschers, sich in eine Schachtel von Stube
zum Falter entfalten, wenn jener im Freien gauck¬
le. "Allein, setzt' er dazu, ein Greifgeier, ein
Basilisk wie ich, hat so gut seinen Liebes-Pips
als ein Phönix wie du." -- Walt wurde sehr

des Heſperus, ſo ſieht er gar keinen gedruckten
Unſinn mehr, ſondern nimmt ihn fuͤr geſchriebnen
und ſagt: „man verſtehe nur aber erſt den goͤttli¬
chen Autor recht!” — Ja wird nicht ſelber der
Korrektor dieſer Klage blos aus Antheil an dem
Antheil, den ich zeige, ſo manches uͤberſehen? —

Endlich brachte das ſchlecht ſprechende und
ſchoͤn ſingende Kammermaͤdchen des General Za¬
blocki nicht nur Raphaelen ein Briefchen der
Tochter, ſondern auch um eine Treppe hoͤher
Walten die Frage des Vaters, ob er nicht dieſen
ganzen Tag bei ihm ſchreiben koͤnnte? „O Gott,
gewiß!” ſagte er und begleitete das Maͤdchen
drei Treppen herab.

Vult laͤchelte ihn ſeltſam an und ſagte: Er
kopire ja mémoires érotiques mit und ohne
Feder und jage Maͤdchen; er Hund hingegen
muͤſſe, wie die Schmetterlings-Puppe eines Na¬
turforſchers, ſich in eine Schachtel von Stube
zum Falter entfalten, wenn jener im Freien gauck¬
le. „Allein, ſetzt' er dazu, ein Greifgeier, ein
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als ein Phoͤnix wie du.” — Walt wurde ſehr

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[200/0206] des Heſperus, ſo ſieht er gar keinen gedruckten Unſinn mehr, ſondern nimmt ihn fuͤr geſchriebnen und ſagt: „man verſtehe nur aber erſt den goͤttli¬ chen Autor recht!” — Ja wird nicht ſelber der Korrektor dieſer Klage blos aus Antheil an dem Antheil, den ich zeige, ſo manches uͤberſehen? — Endlich brachte das ſchlecht ſprechende und ſchoͤn ſingende Kammermaͤdchen des General Za¬ blocki nicht nur Raphaelen ein Briefchen der Tochter, ſondern auch um eine Treppe hoͤher Walten die Frage des Vaters, ob er nicht dieſen ganzen Tag bei ihm ſchreiben koͤnnte? „O Gott, gewiß!” ſagte er und begleitete das Maͤdchen drei Treppen herab. Vult laͤchelte ihn ſeltſam an und ſagte: Er kopire ja mémoires érotiques mit und ohne Feder und jage Maͤdchen; er Hund hingegen muͤſſe, wie die Schmetterlings-Puppe eines Na¬ turforſchers, ſich in eine Schachtel von Stube zum Falter entfalten, wenn jener im Freien gauck¬ le. „Allein, ſetzt' er dazu, ein Greifgeier, ein Baſilisk wie ich, hat ſo gut ſeinen Liebes-Pips als ein Phoͤnix wie du.” — Walt wurde ſehr

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/206>, abgerufen am 27.11.2024.