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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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theils Flöte. Wenn Vult so blies hinter der
Wand und Walt so dort saß im Finstern und in
den blauen Sternenhimmel sah und an den Mor¬
gen in Rosenhof dachte und an Wina's Herz und
Wiederkunft und unter dem mondhellen Flöten-
Lichte sein klippenvolles Leben eine romantische
Gegend wurde: o so stand er oft auf und setzte
sich wieder hin, um den Bruder dadurch im Bla¬
sen nicht zu stören, daß er ihm bekannte, wie
ihn jetzt die Minuten in Brautkleidern umtanzten
und mit Rosenketten umflöchten. Aber wenn er
ausgeblasen hatte, und nach der langen Polar¬
dämmerung Licht kam: so sah ihn Walt forschend
an und fragte froh: "bist du zufrieden, Bruder,
mit dieser süssen Enge des Lebens; und mit den
Orchester-Tönen und innern Zauberbildern, die
wir heute vielleicht eben so reich, nur ungestör¬
ter, genossen haben als irgend ein großer Hof?"
-- "Eine wahre Himmelskarte ist unser Leben,
versetzte Vult, freilich vor der Hand nur ihre
weisse Kehrseite; doch einen Thaler, den mir je¬
mand auf die Karte legte, säh' ich nicht mit Un¬
lust."

theils Floͤte. Wenn Vult ſo blies hinter der
Wand und Walt ſo dort ſaß im Finſtern und in
den blauen Sternenhimmel ſah und an den Mor¬
gen in Roſenhof dachte und an Wina's Herz und
Wiederkunft und unter dem mondhellen Floͤten-
Lichte ſein klippenvolles Leben eine romantiſche
Gegend wurde: o ſo ſtand er oft auf und ſetzte
ſich wieder hin, um den Bruder dadurch im Bla¬
ſen nicht zu ſtoͤren, daß er ihm bekannte, wie
ihn jetzt die Minuten in Brautkleidern umtanzten
und mit Roſenketten umfloͤchten. Aber wenn er
ausgeblaſen hatte, und nach der langen Polar¬
daͤmmerung Licht kam: ſo ſah ihn Walt forſchend
an und fragte froh: „biſt du zufrieden, Bruder,
mit dieſer ſuͤſſen Enge des Lebens; und mit den
Orcheſter-Toͤnen und innern Zauberbildern, die
wir heute vielleicht eben ſo reich, nur ungeſtoͤr¬
ter, genoſſen haben als irgend ein großer Hof?“
— „Eine wahre Himmelskarte iſt unſer Leben,
verſetzte Vult, freilich vor der Hand nur ihre
weiſſe Kehrſeite; doch einen Thaler, den mir je¬
mand auf die Karte legte, ſaͤh' ich nicht mit Un¬
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[154/0160] theils Floͤte. Wenn Vult ſo blies hinter der Wand und Walt ſo dort ſaß im Finſtern und in den blauen Sternenhimmel ſah und an den Mor¬ gen in Roſenhof dachte und an Wina's Herz und Wiederkunft und unter dem mondhellen Floͤten- Lichte ſein klippenvolles Leben eine romantiſche Gegend wurde: o ſo ſtand er oft auf und ſetzte ſich wieder hin, um den Bruder dadurch im Bla¬ ſen nicht zu ſtoͤren, daß er ihm bekannte, wie ihn jetzt die Minuten in Brautkleidern umtanzten und mit Roſenketten umfloͤchten. Aber wenn er ausgeblaſen hatte, und nach der langen Polar¬ daͤmmerung Licht kam: ſo ſah ihn Walt forſchend an und fragte froh: „biſt du zufrieden, Bruder, mit dieſer ſuͤſſen Enge des Lebens; und mit den Orcheſter-Toͤnen und innern Zauberbildern, die wir heute vielleicht eben ſo reich, nur ungeſtoͤr¬ ter, genoſſen haben als irgend ein großer Hof?“ — „Eine wahre Himmelskarte iſt unſer Leben, verſetzte Vult, freilich vor der Hand nur ihre weiſſe Kehrſeite; doch einen Thaler, den mir je¬ mand auf die Karte legte, ſaͤh' ich nicht mit Un¬ luſt.“

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/160>, abgerufen am 23.11.2024.