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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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weile, etwas anderes für die Welt und für H.
Cotta in der Gewalt hätte, als wahres Mit¬
leiden mit beiden, fast zu sehr von Gewissen, und
sonst eingeklemmt und angepfählt.

-- Aber mein Rezensent, der junge Sehu¬
ster, der eben zwischen Schreiber und Abschreiber
steht, treibt ausserordentlich und will fort, und
sieht verdrüslich nach dem Gottesacker hinaus.
Noch schlüßlich ersuch' ich die Vollstrecker, falls
schwere Kapitel, die besondere Kraft und Stim¬
mung fordern, im Anzuge sein sollen, mir sie
bald und jezt zu schicken, wo gerade mein Lokale
(wozu auch mein Leib zu rechnen), mein Schreib¬
fenster, das den ganzen Ilzgrund beherrscht,
(denn ich wohne im Grunerschen Hause in der
Gymnasiumsstrasse) und das Blühen der Mei¬
nigen (worunter mein empirisches Ich mit gehört)
mich sichtbar unterstützen; ja ich würde -- wenn
nicht solche Selbst-Personalien eher vor ein Pu¬
blikum, als vor einen Stadtrath gehörten --
dazu selber den gedachten Gottesacker schlagen,
wo man eben jezt (es ist Sonntags 12 Uhr)
halb in der Salvatorskirche, halb auf deren

weile, etwas anderes fuͤr die Welt und fuͤr H.
Cotta in der Gewalt haͤtte, als wahres Mit¬
leiden mit beiden, faſt zu ſehr von Gewiſſen, und
ſonſt eingeklemmt und angepfaͤhlt.

— Aber mein Rezenſent, der junge Sehu¬
ſter, der eben zwiſchen Schreiber und Abſchreiber
ſteht, treibt auſſerordentlich und will fort, und
ſieht verdruͤslich nach dem Gottesacker hinaus.
Noch ſchluͤßlich erſuch' ich die Vollſtrecker, falls
ſchwere Kapitel, die beſondere Kraft und Stim¬
mung fordern, im Anzuge ſein ſollen, mir ſie
bald und jezt zu ſchicken, wo gerade mein Lokale
(wozu auch mein Leib zu rechnen), mein Schreib¬
fenſter, das den ganzen Ilzgrund beherrſcht,
(denn ich wohne im Grunerſchen Hauſe in der
Gymnaſiumsſtraſſe) und das Bluͤhen der Mei¬
nigen (worunter mein empiriſches Ich mit gehoͤrt)
mich ſichtbar unterſtuͤtzen; ja ich wuͤrde — wenn
nicht ſolche Selbſt-Perſonalien eher vor ein Pu¬
blikum, als vor einen Stadtrath gehoͤrten —
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halb in der Salvatorskirche, halb auf deren

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[229/0237] weile, etwas anderes fuͤr die Welt und fuͤr H. Cotta in der Gewalt haͤtte, als wahres Mit¬ leiden mit beiden, faſt zu ſehr von Gewiſſen, und ſonſt eingeklemmt und angepfaͤhlt. — Aber mein Rezenſent, der junge Sehu¬ ſter, der eben zwiſchen Schreiber und Abſchreiber ſteht, treibt auſſerordentlich und will fort, und ſieht verdruͤslich nach dem Gottesacker hinaus. Noch ſchluͤßlich erſuch' ich die Vollſtrecker, falls ſchwere Kapitel, die beſondere Kraft und Stim¬ mung fordern, im Anzuge ſein ſollen, mir ſie bald und jezt zu ſchicken, wo gerade mein Lokale (wozu auch mein Leib zu rechnen), mein Schreib¬ fenſter, das den ganzen Ilzgrund beherrſcht, (denn ich wohne im Grunerſchen Hauſe in der Gymnaſiumsſtraſſe) und das Bluͤhen der Mei¬ nigen (worunter mein empiriſches Ich mit gehoͤrt) mich ſichtbar unterſtuͤtzen; ja ich wuͤrde — wenn nicht ſolche Selbſt-Perſonalien eher vor ein Pu¬ blikum, als vor einen Stadtrath gehoͤrten — dazu ſelber den gedachten Gottesacker ſchlagen, wo man eben jezt (es iſt Sonntags 12 Uhr) halb in der Salvatorskirche, halb auf deren

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/237>, abgerufen am 22.11.2024.