Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Naturalien-Nummern gefesselt gehend, wie an
klein-schrittigem Weiber-Arm, nichts von ro¬
mantischen Gaben und Blüthen (indem ich doch
auch unter den Romanciers mitlaufe) künstlich
pelzen darf auf solchen Stamm -- -- O Kritiker!
Kritiker, wärs meine Geschichte, wie wollt' ich
sie für euch erfinden und schrauben und verwir¬
ren, und quirlen und kräuseln! Würfe ich z. B.
etwan nur ein schmales Schlachtfeld in eine sol¬
che göttliche Verwiklung -- ein Paar Gräber --
einen Schlegelschen Revenant des Euripidischen
Jons *) -- fünf Schaufeln voll italischer Erde
oder sonst klassischer -- einen schwachen Ehe¬
bruch -- einen Klostergarten sammt Nonnen --
von einem Tollhause die Ketten, wenn nicht die
Häusler -- ein Paar Maler und deren Stücke --
und den Henker und alles: -- -- -- ich glaube,
Vollstrecker, es fiele anders aus als jezt, wo
ich blos nur nachschreibend zusehen muß, wie die
Sachen gehen, und aus Haslau kommen, ohne
daß ich, im möglichen Falle ungewöhnlicher Lang¬

*) Jon heisset der Kommende.

Naturalien-Nummern gefeſſelt gehend, wie an
klein-ſchrittigem Weiber-Arm, nichts von ro¬
mantiſchen Gaben und Bluͤthen (indem ich doch
auch unter den Romanciers mitlaufe) kuͤnſtlich
pelzen darf auf ſolchen Stamm — — O Kritiker!
Kritiker, waͤrs meine Geſchichte, wie wollt' ich
ſie fuͤr euch erfinden und ſchrauben und verwir¬
ren, und quirlen und kraͤuſeln! Wuͤrfe ich z. B.
etwan nur ein ſchmales Schlachtfeld in eine ſol¬
che goͤttliche Verwiklung — ein Paar Graͤber —
einen Schlegelſchen Révenant des Euripidiſchen
Jons *) — fuͤnf Schaufeln voll italiſcher Erde
oder ſonſt klaſſiſcher — einen ſchwachen Ehe¬
bruch — einen Kloſtergarten ſammt Nonnen —
von einem Tollhauſe die Ketten, wenn nicht die
Haͤusler — ein Paar Maler und deren Stuͤcke —
und den Henker und alles: — — — ich glaube,
Vollſtrecker, es fiele anders aus als jezt, wo
ich blos nur nachſchreibend zuſehen muß, wie die
Sachen gehen, und aus Haslau kommen, ohne
daß ich, im moͤglichen Falle ungewoͤhnlicher Lang¬

*) Jon heiſſet der Kommende.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0236" n="228"/>
Naturalien-Nummern gefe&#x017F;&#x017F;elt gehend, wie an<lb/>
klein-&#x017F;chrittigem Weiber-Arm, nichts von ro¬<lb/>
manti&#x017F;chen Gaben und Blu&#x0364;then (indem ich doch<lb/>
auch unter den Romanciers mitlaufe) ku&#x0364;n&#x017F;tlich<lb/>
pelzen darf auf &#x017F;olchen Stamm &#x2014; &#x2014; O Kritiker!<lb/>
Kritiker, wa&#x0364;rs meine Ge&#x017F;chichte, wie wollt' ich<lb/>
&#x017F;ie fu&#x0364;r euch erfinden und &#x017F;chrauben und verwir¬<lb/>
ren, und quirlen und kra&#x0364;u&#x017F;eln! Wu&#x0364;rfe ich z. B.<lb/>
etwan nur ein &#x017F;chmales Schlachtfeld in eine &#x017F;ol¬<lb/>
che go&#x0364;ttliche Verwiklung &#x2014; ein Paar Gra&#x0364;ber &#x2014;<lb/>
einen Schlegel&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Révenant</hi> des Euripidi&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#g">Jons</hi> <note place="foot" n="*)">Jon hei&#x017F;&#x017F;et der Kommende.<lb/></note> &#x2014; fu&#x0364;nf Schaufeln voll itali&#x017F;cher Erde<lb/>
oder &#x017F;on&#x017F;t kla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher &#x2014; einen &#x017F;chwachen Ehe¬<lb/>
bruch &#x2014; einen Klo&#x017F;tergarten &#x017F;ammt Nonnen &#x2014;<lb/>
von einem Tollhau&#x017F;e die Ketten, wenn nicht die<lb/>
Ha&#x0364;usler &#x2014; ein Paar Maler und deren Stu&#x0364;cke &#x2014;<lb/>
und den Henker und alles: &#x2014; &#x2014; &#x2014; ich glaube,<lb/>
Voll&#x017F;trecker, es fiele anders aus als jezt, wo<lb/>
ich blos nur nach&#x017F;chreibend zu&#x017F;ehen muß, wie die<lb/>
Sachen gehen, und aus Haslau kommen, ohne<lb/>
daß ich, im mo&#x0364;glichen Falle ungewo&#x0364;hnlicher Lang¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0236] Naturalien-Nummern gefeſſelt gehend, wie an klein-ſchrittigem Weiber-Arm, nichts von ro¬ mantiſchen Gaben und Bluͤthen (indem ich doch auch unter den Romanciers mitlaufe) kuͤnſtlich pelzen darf auf ſolchen Stamm — — O Kritiker! Kritiker, waͤrs meine Geſchichte, wie wollt' ich ſie fuͤr euch erfinden und ſchrauben und verwir¬ ren, und quirlen und kraͤuſeln! Wuͤrfe ich z. B. etwan nur ein ſchmales Schlachtfeld in eine ſol¬ che goͤttliche Verwiklung — ein Paar Graͤber — einen Schlegelſchen Révenant des Euripidiſchen Jons *) — fuͤnf Schaufeln voll italiſcher Erde oder ſonſt klaſſiſcher — einen ſchwachen Ehe¬ bruch — einen Kloſtergarten ſammt Nonnen — von einem Tollhauſe die Ketten, wenn nicht die Haͤusler — ein Paar Maler und deren Stuͤcke — und den Henker und alles: — — — ich glaube, Vollſtrecker, es fiele anders aus als jezt, wo ich blos nur nachſchreibend zuſehen muß, wie die Sachen gehen, und aus Haslau kommen, ohne daß ich, im moͤglichen Falle ungewoͤhnlicher Lang¬ *) Jon heiſſet der Kommende.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/236
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/236>, abgerufen am 25.11.2024.