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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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-- Ein bekannter Autor ist allerdings bescheiden;
das ist aber eben sein Unglük, daß niemand weiß,
wie bescheiden man ist, da man von sich nicht
sprechen und es sagen kann. Er könnte seinen
Stiefelknecht hundert Livreefarben anstreichen, er
könnte den Eisen-Fang seines Windofens zu sei¬
nem brennenden Namens-Zug verschweifen und
ringeln lassen, aber niemand weiß es, daß ers
nicht thut. Erwägt man vollends, wie viele
Schlachten Bonaparte, sowohl in als außer Eu¬
ropa, ausstand und lieferte, blos damit nur ein¬
mal sein Name richtig geschrieben würde, ohne
das U, wofür er jezt den Franzosen jenes X
macht, jenes algebraische Zeichen der unbe¬
kannten
Grösse, erwägt man also, mit wel¬
cher Mühe ein Name gemacht, und mit wie leich¬
ter er wieder ausgewischt wird: so ist's warlich
ein matter Trost, daß es in Rücksicht des Ver¬
kennens auch andern grösten Männern nicht bes¬
ser ergangen, z. B. dem grossen Gottsched, der
selber sogar im Gellertischen Leipzig so manches
erlitt, was man hier nicht wiederholen will.

Der vierte Punkt, wovon ich einem hoched¬

— Ein bekannter Autor iſt allerdings beſcheiden;
das iſt aber eben ſein Ungluͤk, daß niemand weiß,
wie beſcheiden man iſt, da man von ſich nicht
ſprechen und es ſagen kann. Er koͤnnte ſeinen
Stiefelknecht hundert Livréefarben anſtreichen, er
koͤnnte den Eiſen-Fang ſeines Windofens zu ſei¬
nem brennenden Namens-Zug verſchweifen und
ringeln laſſen, aber niemand weiß es, daß ers
nicht thut. Erwaͤgt man vollends, wie viele
Schlachten Bonaparte, ſowohl in als außer Eu¬
ropa, ausſtand und lieferte, blos damit nur ein¬
mal ſein Name richtig geſchrieben wuͤrde, ohne
das U, wofuͤr er jezt den Franzoſen jenes X
macht, jenes algebraiſche Zeichen der unbe¬
kannten
Groͤſſe, erwaͤgt man alſo, mit wel¬
cher Muͤhe ein Name gemacht, und mit wie leich¬
ter er wieder ausgewiſcht wird: ſo iſt's warlich
ein matter Troſt, daß es in Ruͤckſicht des Ver¬
kennens auch andern groͤſten Maͤnnern nicht beſ¬
ſer ergangen, z. B. dem groſſen Gottſched, der
ſelber ſogar im Gellertiſchen Leipzig ſo manches
erlitt, was man hier nicht wiederholen will.

Der vierte Punkt, wovon ich einem hoched¬

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[223/0231] — Ein bekannter Autor iſt allerdings beſcheiden; das iſt aber eben ſein Ungluͤk, daß niemand weiß, wie beſcheiden man iſt, da man von ſich nicht ſprechen und es ſagen kann. Er koͤnnte ſeinen Stiefelknecht hundert Livréefarben anſtreichen, er koͤnnte den Eiſen-Fang ſeines Windofens zu ſei¬ nem brennenden Namens-Zug verſchweifen und ringeln laſſen, aber niemand weiß es, daß ers nicht thut. Erwaͤgt man vollends, wie viele Schlachten Bonaparte, ſowohl in als außer Eu¬ ropa, ausſtand und lieferte, blos damit nur ein¬ mal ſein Name richtig geſchrieben wuͤrde, ohne das U, wofuͤr er jezt den Franzoſen jenes X macht, jenes algebraiſche Zeichen der unbe¬ kannten Groͤſſe, erwaͤgt man alſo, mit wel¬ cher Muͤhe ein Name gemacht, und mit wie leich¬ ter er wieder ausgewiſcht wird: ſo iſt's warlich ein matter Troſt, daß es in Ruͤckſicht des Ver¬ kennens auch andern groͤſten Maͤnnern nicht beſ¬ ſer ergangen, z. B. dem groſſen Gottſched, der ſelber ſogar im Gellertiſchen Leipzig ſo manches erlitt, was man hier nicht wiederholen will. Der vierte Punkt, wovon ich einem hoched¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/231>, abgerufen am 22.11.2024.