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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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gleichsam als schien' er mehr zu berechnen, daß er
morgen auf seiner Rechentafel aus diesen Eiern
die beste Falkonnerie von Raubvögeln ausbrüten
könnte, die ihm je in Fängen einen Fang zuge¬
tragen.

Da die Maske nicht sogleich wieder kam:
so gieng der Notar mit den Gedanken: "Him¬
mel, was erlebt nicht ein Reisender in Zeit von
12 Stunden" auch hinaus -- als sei er nach
neuen Wundern hungrig, -- nach seiner Weise
die Vorstadt im Zwielicht zu durchschweifen.
Eine Vorstadt zog er der Stadt vor, weil jene
diese erst verspricht, weil sie halb auf dem Lande
an den Feldern und Bäumen liegt, und weil sie
überall so frei und offen ist.

Er gieng nicht lange, so traf er unter den
hundert Augen, in die er schon geblickt, auf ein
Paar blaue, welche tief in seine sahen, und die
einem so schönen und so gut gekleideten Mädgen
angehörten, daß er den Hut abzog, als sie vor¬
bei war. Sie gieng in ein offenes Kaufgewöl¬
be. -- Da unter den festen Pläzen ein Kaufla¬
den das ist, was unter den beweglichen ein Post¬

gleichſam als ſchien' er mehr zu berechnen, daß er
morgen auf ſeiner Rechentafel aus dieſen Eiern
die beſte Falkonnerie von Raubvoͤgeln ausbruͤten
koͤnnte, die ihm je in Faͤngen einen Fang zuge¬
tragen.

Da die Maſke nicht ſogleich wieder kam:
ſo gieng der Notar mit den Gedanken: „Him¬
mel, was erlebt nicht ein Reiſender in Zeit von
12 Stunden“ auch hinaus — als ſei er nach
neuen Wundern hungrig, — nach ſeiner Weiſe
die Vorſtadt im Zwielicht zu durchſchweifen.
Eine Vorſtadt zog er der Stadt vor, weil jene
dieſe erſt verſpricht, weil ſie halb auf dem Lande
an den Feldern und Baͤumen liegt, und weil ſie
uͤberall ſo frei und offen iſt.

Er gieng nicht lange, ſo traf er unter den
hundert Augen, in die er ſchon geblickt, auf ein
Paar blaue, welche tief in ſeine ſahen, und die
einem ſo ſchoͤnen und ſo gut gekleideten Maͤdgen
angehoͤrten, daß er den Hut abzog, als ſie vor¬
bei war. Sie gieng in ein offenes Kaufgewoͤl¬
be. — Da unter den feſten Plaͤzen ein Kaufla¬
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[123/0131] gleichſam als ſchien' er mehr zu berechnen, daß er morgen auf ſeiner Rechentafel aus dieſen Eiern die beſte Falkonnerie von Raubvoͤgeln ausbruͤten koͤnnte, die ihm je in Faͤngen einen Fang zuge¬ tragen. Da die Maſke nicht ſogleich wieder kam: ſo gieng der Notar mit den Gedanken: „Him¬ mel, was erlebt nicht ein Reiſender in Zeit von 12 Stunden“ auch hinaus — als ſei er nach neuen Wundern hungrig, — nach ſeiner Weiſe die Vorſtadt im Zwielicht zu durchſchweifen. Eine Vorſtadt zog er der Stadt vor, weil jene dieſe erſt verſpricht, weil ſie halb auf dem Lande an den Feldern und Baͤumen liegt, und weil ſie uͤberall ſo frei und offen iſt. Er gieng nicht lange, ſo traf er unter den hundert Augen, in die er ſchon geblickt, auf ein Paar blaue, welche tief in ſeine ſahen, und die einem ſo ſchoͤnen und ſo gut gekleideten Maͤdgen angehoͤrten, daß er den Hut abzog, als ſie vor¬ bei war. Sie gieng in ein offenes Kaufgewoͤl¬ be. — Da unter den feſten Plaͤzen ein Kaufla¬ den das iſt, was unter den beweglichen ein Poſt¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/131>, abgerufen am 04.05.2024.