Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

se aus allem, daß damals die Männer sich des
Zauberglaubens bedienten, um unter der leicht¬
ten Verkleidung eines teufelischen Buhlen die
Weiber schnöde zu misbrauchen; ja daß vielleicht
irgend eine geheime Gesellschaft ihren Landtag
unter die Hülle eines Hexen-Tanzes verbarg.
Immer machten Männer in den Hexenprozessen
den Teufel gegen die Weiber, selten umgekehrt --
Nur unbegreiflich bleibts, daß die Weiber bei
dem damaligen Schauder vor dem Teufel, so wie
vor der Hölle, sich nicht vor seiner Erscheinung
und vor der höllischen Umtaufe *) und Apostasie
entsezet haben."

Glanz lächelte, äusserte aber, jezt träfen
sie beide ja vielleicht zusammen --

Hudo versezte sehr ernst: "kaum! denn eine
Nachspielerei hebt ein Urbild nicht auf, sie sezt
eben eines voraus. Noch mangelt eine rechte
Geschichte des Wunder-Glaubens oder vielmehr
des Glaubens-Wunders -- von den Orakeln,
Gespenstern an bis zu den Hexen und sympa¬

*) Bekanntlich hob der Buhle die erste Taufe durch
eine unreine wieder auf.

ſe aus allem, daß damals die Maͤnner ſich des
Zauberglaubens bedienten, um unter der leicht¬
ten Verkleidung eines teufeliſchen Buhlen die
Weiber ſchnoͤde zu misbrauchen; ja daß vielleicht
irgend eine geheime Geſellſchaft ihren Landtag
unter die Huͤlle eines Hexen-Tanzes verbarg.
Immer machten Maͤnner in den Hexenprozeſſen
den Teufel gegen die Weiber, ſelten umgekehrt —
Nur unbegreiflich bleibts, daß die Weiber bei
dem damaligen Schauder vor dem Teufel, ſo wie
vor der Hoͤlle, ſich nicht vor ſeiner Erſcheinung
und vor der hoͤlliſchen Umtaufe *) und Apoſtaſie
entſezet haben.“

Glanz laͤchelte, aͤuſſerte aber, jezt traͤfen
ſie beide ja vielleicht zuſammen —

Hudo verſezte ſehr ernſt: „kaum! denn eine
Nachſpielerei hebt ein Urbild nicht auf, ſie ſezt
eben eines voraus. Noch mangelt eine rechte
Geſchichte des Wunder-Glaubens oder vielmehr
des Glaubens-Wunders — von den Orakeln,
Geſpenſtern an bis zu den Hexen und ſympa¬

*) Bekanntlich hob der Buhle die erſte Taufe durch
eine unreine wieder auf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="88"/>
&#x017F;e aus allem, daß damals die Ma&#x0364;nner &#x017F;ich des<lb/>
Zauberglaubens bedienten, um unter der leicht¬<lb/>
ten Verkleidung eines teufeli&#x017F;chen Buhlen die<lb/>
Weiber &#x017F;chno&#x0364;de zu misbrauchen; ja daß vielleicht<lb/>
irgend eine geheime Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ihren Landtag<lb/>
unter die Hu&#x0364;lle eines Hexen-Tanzes verbarg.<lb/>
Immer machten Ma&#x0364;nner in den Hexenproze&#x017F;&#x017F;en<lb/>
den Teufel gegen die Weiber, &#x017F;elten umgekehrt &#x2014;<lb/>
Nur unbegreiflich bleibts, daß die Weiber bei<lb/>
dem damaligen Schauder vor dem Teufel, &#x017F;o wie<lb/>
vor der Ho&#x0364;lle, &#x017F;ich nicht vor &#x017F;einer Er&#x017F;cheinung<lb/>
und vor der ho&#x0364;lli&#x017F;chen Umtaufe <note place="foot" n="*)">Bekanntlich hob der Buhle die er&#x017F;te Taufe durch<lb/>
eine unreine wieder auf.<lb/></note> und Apo&#x017F;ta&#x017F;ie<lb/>
ent&#x017F;ezet haben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Glanz la&#x0364;chelte, a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte aber, jezt tra&#x0364;fen<lb/>
&#x017F;ie beide ja vielleicht zu&#x017F;ammen &#x2014;</p><lb/>
        <p>Hudo ver&#x017F;ezte &#x017F;ehr ern&#x017F;t: &#x201E;kaum! denn eine<lb/>
Nach&#x017F;pielerei hebt ein Urbild nicht auf, &#x017F;ie &#x017F;ezt<lb/>
eben eines voraus. Noch mangelt eine rechte<lb/>
Ge&#x017F;chichte des Wunder-Glaubens oder vielmehr<lb/>
des Glaubens-Wunders &#x2014; von den Orakeln,<lb/>
Ge&#x017F;pen&#x017F;tern an bis zu den Hexen und &#x017F;ympa¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0096] ſe aus allem, daß damals die Maͤnner ſich des Zauberglaubens bedienten, um unter der leicht¬ ten Verkleidung eines teufeliſchen Buhlen die Weiber ſchnoͤde zu misbrauchen; ja daß vielleicht irgend eine geheime Geſellſchaft ihren Landtag unter die Huͤlle eines Hexen-Tanzes verbarg. Immer machten Maͤnner in den Hexenprozeſſen den Teufel gegen die Weiber, ſelten umgekehrt — Nur unbegreiflich bleibts, daß die Weiber bei dem damaligen Schauder vor dem Teufel, ſo wie vor der Hoͤlle, ſich nicht vor ſeiner Erſcheinung und vor der hoͤlliſchen Umtaufe *) und Apoſtaſie entſezet haben.“ Glanz laͤchelte, aͤuſſerte aber, jezt traͤfen ſie beide ja vielleicht zuſammen — Hudo verſezte ſehr ernſt: „kaum! denn eine Nachſpielerei hebt ein Urbild nicht auf, ſie ſezt eben eines voraus. Noch mangelt eine rechte Geſchichte des Wunder-Glaubens oder vielmehr des Glaubens-Wunders — von den Orakeln, Geſpenſtern an bis zu den Hexen und ſympa¬ *) Bekanntlich hob der Buhle die erſte Taufe durch eine unreine wieder auf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/96
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/96>, abgerufen am 25.11.2024.