die Bemerkung gefallen, daß Wina eine Katholi¬ kin sei, weil er sich darunter immer eine Nonne und eine welsche Huldin zugleich vorstellte. Auch daß sie eine Polin war, sah er für eine neue Schön¬ heit an; nicht als hätt' er etwa irgend einem Volke den Blumenkranz der Schönheit zugespro¬ chen, sondern weil er so oft in seinen Phantasien gedacht: Gott, wie köstlich muß es sein, eine Polin zu lieben -- oder eine Brittin -- oder Pariserin -- oder eine Römerin -- eine Berlinerin -- eine Griechin -- Schwedin -- Schwabin -- Koburgerin -- oder eine aus dem 13 Säkul -- oder aus den Jahrhunderten der Chevalerie -- oder aus dem Buche der Richter -- oder aus dem Kasten Noä -- oder Eva's jüngste Tochter -- oder das gute arme Mädgen, das am lezten auf der Erde lebt gleich vor dem jüngsten Tage. So waren seine Gedanken.
Den ganzen Tag gieng er in neuer Stim¬ mung herum, so kühn und leicht -- als lieb' er selber, war ihm -- und doch war ihm wieder, als wenn er zwar alle habe, aber keine -- er wollte Winen eine Brautführerin zuführen, in
die Bemerkung gefallen, daß Wina eine Katholi¬ kin ſei, weil er ſich darunter immer eine Nonne und eine welſche Huldin zugleich vorſtellte. Auch daß ſie eine Polin war, ſah er fuͤr eine neue Schoͤn¬ heit an; nicht als haͤtt' er etwa irgend einem Volke den Blumenkranz der Schoͤnheit zugeſpro¬ chen, ſondern weil er ſo oft in ſeinen Phantaſien gedacht: Gott, wie koͤſtlich muß es ſein, eine Polin zu lieben — oder eine Brittin — oder Pariſerin — oder eine Roͤmerin — eine Berlinerin — eine Griechin — Schwedin — Schwabin — Koburgerin — oder eine aus dem 13 Saͤkul — oder aus den Jahrhunderten der Chevalerie — oder aus dem Buche der Richter — oder aus dem Kaſten Noaͤ — oder Eva's juͤngſte Tochter — oder das gute arme Maͤdgen, das am lezten auf der Erde lebt gleich vor dem juͤngſten Tage. So waren ſeine Gedanken.
Den ganzen Tag gieng er in neuer Stim¬ mung herum, ſo kuͤhn und leicht — als lieb' er ſelber, war ihm — und doch war ihm wieder, als wenn er zwar alle habe, aber keine — er wollte Winen eine Brautfuͤhrerin zufuͤhren, in
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die Bemerkung gefallen, daß Wina eine Katholi¬
kin ſei, weil er ſich darunter immer eine Nonne
und eine welſche Huldin zugleich vorſtellte. Auch
daß ſie eine Polin war, ſah er fuͤr eine neue Schoͤn¬
heit an; nicht als haͤtt' er etwa irgend einem
Volke den Blumenkranz der Schoͤnheit zugeſpro¬
chen, ſondern weil er ſo oft in ſeinen Phantaſien
gedacht: Gott, wie koͤſtlich muß es ſein, eine
Polin zu lieben — oder eine Brittin — oder
Pariſerin — oder eine Roͤmerin — eine Berlinerin
— eine Griechin — Schwedin — Schwabin —
Koburgerin — oder eine aus dem 13 Saͤkul —
oder aus den Jahrhunderten der Chevalerie —
oder aus dem Buche der Richter — oder aus
dem Kaſten Noaͤ — oder Eva's juͤngſte Tochter
— oder das gute arme Maͤdgen, das am lezten
auf der Erde lebt gleich vor dem juͤngſten Tage.
So waren ſeine Gedanken.
Den ganzen Tag gieng er in neuer Stim¬
mung herum, ſo kuͤhn und leicht — als lieb'
er ſelber, war ihm — und doch war ihm wieder,
als wenn er zwar alle habe, aber keine — er
wollte Winen eine Brautfuͤhrerin zufuͤhren, in
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/44>, abgerufen am 16.02.2025.
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