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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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gewesen. Mit diesem silbernen Leitton wurd' er
ordentlich von dem zur Saite gespannten Liebes¬
seil, das ihn gab und worauf er tanzte, aufge¬
schnellt, er konnte die Himmel nicht zählen (der
Flug war zu schnell), wodurch er fuhr. Er
drückte mit seiner zweiten Hand seine erste recht
an die fremde ergriffene und sagte -- nichts von
seiner dichterischen Vaterschaft, sondern: -- "Ed¬
ler Graf, glauben Sie mir, ich kannte Sie
schon früher, ich suchte und sah Sie lange -- --
Blase, Guter -- wandt' er sich plötzlich zu Vult,
der zwischen Himmel und Hölle auf- und niederfuhr
mit jener männlichen Lustigkeit, die dem weiblichen
hysterischen Lachen gleicht -- milder, blase Hir¬
tenlieder, Lautenzüge, Gottesfrieden."

Vult spielte noch fünf oder sechs Kehrause
und Valetstürme, und hörte gar auf, weil er
sich zu gut dünckte, und es zu lächerlich fand,
den Abfall von seinem Herzen, den Text abtrün¬
niger Empfindungen, in Musik zu setzen. "Auch
ich entsinne mich Ihrer Erscheinung, aber dun¬
kel, doch wünsch' ich Ihr Inkognito nicht zu
brechen" versezte der Graf. "Nein, es werde

geweſen. Mit dieſem ſilbernen Leitton wurd' er
ordentlich von dem zur Saite geſpannten Liebes¬
ſeil, das ihn gab und worauf er tanzte, aufge¬
ſchnellt, er konnte die Himmel nicht zaͤhlen (der
Flug war zu ſchnell), wodurch er fuhr. Er
druͤckte mit ſeiner zweiten Hand ſeine erſte recht
an die fremde ergriffene und ſagte — nichts von
ſeiner dichteriſchen Vaterſchaft, ſondern: — „Ed¬
ler Graf, glauben Sie mir, ich kannte Sie
ſchon fruͤher, ich ſuchte und ſah Sie lange — —
Blaſe, Guter — wandt' er ſich ploͤtzlich zu Vult,
der zwiſchen Himmel und Hoͤlle auf- und niederfuhr
mit jener maͤnnlichen Luſtigkeit, die dem weiblichen
hyſteriſchen Lachen gleicht — milder, blaſe Hir¬
tenlieder, Lautenzuͤge, Gottesfrieden.“

Vult ſpielte noch fuͤnf oder ſechs Kehrauſe
und Valetſtuͤrme, und hoͤrte gar auf, weil er
ſich zu gut duͤnckte, und es zu laͤcherlich fand,
den Abfall von ſeinem Herzen, den Text abtruͤn¬
niger Empfindungen, in Muſik zu ſetzen. „Auch
ich entſinne mich Ihrer Erſcheinung, aber dun¬
kel, doch wuͤnſch' ich Ihr Inkognito nicht zu
brechen“ verſezte der Graf. „Nein, es werde

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[214/0222] geweſen. Mit dieſem ſilbernen Leitton wurd' er ordentlich von dem zur Saite geſpannten Liebes¬ ſeil, das ihn gab und worauf er tanzte, aufge¬ ſchnellt, er konnte die Himmel nicht zaͤhlen (der Flug war zu ſchnell), wodurch er fuhr. Er druͤckte mit ſeiner zweiten Hand ſeine erſte recht an die fremde ergriffene und ſagte — nichts von ſeiner dichteriſchen Vaterſchaft, ſondern: — „Ed¬ ler Graf, glauben Sie mir, ich kannte Sie ſchon fruͤher, ich ſuchte und ſah Sie lange — — Blaſe, Guter — wandt' er ſich ploͤtzlich zu Vult, der zwiſchen Himmel und Hoͤlle auf- und niederfuhr mit jener maͤnnlichen Luſtigkeit, die dem weiblichen hyſteriſchen Lachen gleicht — milder, blaſe Hir¬ tenlieder, Lautenzuͤge, Gottesfrieden.“ Vult ſpielte noch fuͤnf oder ſechs Kehrauſe und Valetſtuͤrme, und hoͤrte gar auf, weil er ſich zu gut duͤnckte, und es zu laͤcherlich fand, den Abfall von ſeinem Herzen, den Text abtruͤn¬ niger Empfindungen, in Muſik zu ſetzen. „Auch ich entſinne mich Ihrer Erſcheinung, aber dun¬ kel, doch wuͤnſch' ich Ihr Inkognito nicht zu brechen“ verſezte der Graf. „Nein, es werde

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/222>, abgerufen am 22.11.2024.