"Sind der Schwanz, versezte Vult, den ein Falkenier einem abkräftigen Falken in die of¬ nen Kiele des ausgefallenen künstlich einklebt mit ein wenig Hausenblasenleim. Die armen Schauspieler (transßendente Statisten) sind die Statuen, welche *) jeden Abend eine Seele von ihren Bildhauern oder Dichtern fodern, um da¬ von zu leben."
Sie kamen im Park an, wo ihnen der Graf mit seiner einfachen, ernsten, vornehmen Hal¬ tung entgegen gieng. "Es ist mein Freund und Verwandter gleiches Namens, stellte Vult den gekehrten Meinau dem Grafen vor, -- seine Lie¬ be zur Flöte treibt ihn mir nach." Walt mach¬ te statt vieler Entschuldigungen -- die ihm der Bruder abgerathen -- ganz keck nur einen Bük¬ ling, weil der Graf, hatte Vult gesagt, wenig Welt besäße, wenn er ihn in seinem Garten ausfragen wollte, wie ein Katechet unter dem Thore.
*) Die Perser glauben, daß die Statuen am jüng¬ sten Tage Seelen von den Bildhauern begehren werden.
„Sind der Schwanz, verſezte Vult, den ein Falkenier einem abkraͤftigen Falken in die of¬ nen Kiele des ausgefallenen kuͤnſtlich einklebt mit ein wenig Hauſenblaſenleim. Die armen Schauſpieler (transſzendente Statiſten) ſind die Statuen, welche *) jeden Abend eine Seele von ihren Bildhauern oder Dichtern fodern, um da¬ von zu leben.“
Sie kamen im Park an, wo ihnen der Graf mit ſeiner einfachen, ernſten, vornehmen Hal¬ tung entgegen gieng. „Es iſt mein Freund und Verwandter gleiches Namens, ſtellte Vult den gekehrten Meinau dem Grafen vor, — ſeine Lie¬ be zur Floͤte treibt ihn mir nach.“ Walt mach¬ te ſtatt vieler Entſchuldigungen — die ihm der Bruder abgerathen — ganz keck nur einen Buͤk¬ ling, weil der Graf, hatte Vult geſagt, wenig Welt beſaͤße, wenn er ihn in ſeinem Garten ausfragen wollte, wie ein Katechet unter dem Thore.
*) Die Perſer glauben, daß die Statuen am juͤng¬ ſten Tage Seelen von den Bildhauern begehren werden.
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„Sind der Schwanz, verſezte Vult, den
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mit ein wenig Hauſenblaſenleim. Die armen
Schauſpieler (transſzendente Statiſten) ſind die
Statuen, welche *) jeden Abend eine Seele von
ihren Bildhauern oder Dichtern fodern, um da¬
von zu leben.“
Sie kamen im Park an, wo ihnen der Graf
mit ſeiner einfachen, ernſten, vornehmen Hal¬
tung entgegen gieng. „Es iſt mein Freund und
Verwandter gleiches Namens, ſtellte Vult den
gekehrten Meinau dem Grafen vor, — ſeine Lie¬
be zur Floͤte treibt ihn mir nach.“ Walt mach¬
te ſtatt vieler Entſchuldigungen — die ihm der
Bruder abgerathen — ganz keck nur einen Buͤk¬
ling, weil der Graf, hatte Vult geſagt, wenig
Welt beſaͤße, wenn er ihn in ſeinem Garten
ausfragen wollte, wie ein Katechet unter dem
Thore.
*) Die Perſer glauben, daß die Statuen am juͤng¬
ſten Tage Seelen von den Bildhauern begehren
werden.
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/216>, abgerufen am 16.02.2025.
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