Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu übergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe. "Wen" fragte Zablocki. "Den H. Grafen von Klothar" versezte Walt. "Wollen Sie mir "den Brief vertrauen, so kann ich ihn sogleich "übergeben?" sagte Zablocki. Der Notar hatte sich viel schönere Entwicklungen versprochen; jezt lief alles fast auf nichts hinaus; dem Vater must' er den Brief der Tochter abstehen und lassen. Er thats, da der Umschlag entsiegelt war, mit den feinen Worten, "er bring ihn so offen als er ihn gefunden." Er wollte damit vielerlei leise andeuten, -- seine eigene Recht¬ schaffenheit, ihn nicht gelesen zu haben, sein Erwarten der Nachahmung und noch allerhand Gefühle. Der General stekte ihn nach einem leichten Entzifferungsblik auf die Ueberschrift, gleichgültig ein und sagte, er habe soviel Schö¬ nes über seine Flöte gehört, er wünsche sie selber einmal zu hören. -- Große sind eben so verge߬ lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch thun, um reden zu hören.
Walten wars angenehm, zu berichtigen:
Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu uͤbergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe. „Wen“ fragte Zablocki. „Den H. Grafen von Klothar“ verſezte Walt. „Wollen Sie mir „den Brief vertrauen, ſo kann ich ihn ſogleich „uͤbergeben?“ ſagte Zablocki. Der Notar hatte ſich viel ſchoͤnere Entwicklungen verſprochen; jezt lief alles faſt auf nichts hinaus; dem Vater muſt' er den Brief der Tochter abſtehen und laſſen. Er thats, da der Umſchlag entſiegelt war, mit den feinen Worten, „er bring ihn ſo offen als er ihn gefunden.“ Er wollte damit vielerlei leiſe andeuten, — ſeine eigene Recht¬ ſchaffenheit, ihn nicht geleſen zu haben, ſein Erwarten der Nachahmung und noch allerhand Gefuͤhle. Der General ſtekte ihn nach einem leichten Entzifferungsblik auf die Ueberſchrift, gleichguͤltig ein und ſagte, er habe ſoviel Schoͤ¬ nes uͤber ſeine Floͤte gehoͤrt, er wuͤnſche ſie ſelber einmal zu hoͤren. — Große ſind eben ſo verge߬ lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch thun, um reden zu hoͤren.
Walten wars angenehm, zu berichtigen:
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0160"n="152"/>
Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu<lb/>
uͤbergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe.<lb/>„<hirendition="#g">Wen</hi>“ fragte Zablocki. „<hirendition="#g">Den</hi> H. Grafen<lb/>
von Klothar“ verſezte Walt. „Wollen Sie mir<lb/>„den Brief vertrauen, ſo kann ich ihn ſogleich<lb/>„uͤbergeben?“ſagte Zablocki. Der Notar hatte<lb/>ſich viel ſchoͤnere Entwicklungen verſprochen; jezt<lb/>
lief alles faſt auf nichts hinaus; dem Vater<lb/>
muſt' er den Brief der Tochter abſtehen und<lb/>
laſſen. Er thats, da der Umſchlag entſiegelt<lb/>
war, mit den feinen Worten, „er bring ihn ſo<lb/>
offen als er ihn gefunden.“ Er wollte damit<lb/>
vielerlei leiſe andeuten, —ſeine eigene Recht¬<lb/>ſchaffenheit, ihn nicht geleſen zu haben, ſein<lb/>
Erwarten der Nachahmung und noch allerhand<lb/>
Gefuͤhle. Der General ſtekte ihn nach einem<lb/>
leichten Entzifferungsblik auf die Ueberſchrift,<lb/>
gleichguͤltig ein und ſagte, er habe ſoviel Schoͤ¬<lb/>
nes uͤber ſeine Floͤte gehoͤrt, er wuͤnſche ſie ſelber<lb/>
einmal zu hoͤren. — Große ſind eben ſo verge߬<lb/>
lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch<lb/>
thun, um reden zu hoͤren.</p><lb/><p>Walten wars angenehm, zu berichtigen:<lb/></p></div></body></text></TEI>
[152/0160]
Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu
uͤbergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe.
„Wen“ fragte Zablocki. „Den H. Grafen
von Klothar“ verſezte Walt. „Wollen Sie mir
„den Brief vertrauen, ſo kann ich ihn ſogleich
„uͤbergeben?“ ſagte Zablocki. Der Notar hatte
ſich viel ſchoͤnere Entwicklungen verſprochen; jezt
lief alles faſt auf nichts hinaus; dem Vater
muſt' er den Brief der Tochter abſtehen und
laſſen. Er thats, da der Umſchlag entſiegelt
war, mit den feinen Worten, „er bring ihn ſo
offen als er ihn gefunden.“ Er wollte damit
vielerlei leiſe andeuten, — ſeine eigene Recht¬
ſchaffenheit, ihn nicht geleſen zu haben, ſein
Erwarten der Nachahmung und noch allerhand
Gefuͤhle. Der General ſtekte ihn nach einem
leichten Entzifferungsblik auf die Ueberſchrift,
gleichguͤltig ein und ſagte, er habe ſoviel Schoͤ¬
nes uͤber ſeine Floͤte gehoͤrt, er wuͤnſche ſie ſelber
einmal zu hoͤren. — Große ſind eben ſo verge߬
lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch
thun, um reden zu hoͤren.
Walten wars angenehm, zu berichtigen:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/160>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.