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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Menschen nehmen, wie die Versezungen das Holzi¬
ge aus den Kohlrüben.

Izt trat nach dem dienerischen Abendrothe
der Aurora, hinter welcher der Notar seine Le¬
bens - Sonne finden wollte, wirklich der Reiter
des Morgens im blauen Ueberrock, aber mit Fe¬
derbusch und Ordensstern aus dem dichten Laub¬
holze heraus sammt Gesprächen mit einem frem¬
den Herrn. Der Flötenspieler brauchte blos auf
einen brennenden Blick des Notars seinen kalten
zu werfen, um fest zu wissen, daß der Morgen-
Mann dem Feuer-Herzen des Bruders wieder
erschiene, den er nur aus Ironie mit der Ver¬
wechslung des rothen Bedienten mit dem blauen
Herrn geneckt. Walt gieng ihm entgegen; in der
Nähe erschien diesem der Musengott seiner Ge¬
fühle noch länger, blühender, edler. Unwillkühr¬
lich nahm er den Hut ab; der vornehme Jüng¬
ling dankte stumm fragend und sezte sich ans er¬
ste beste Tischgen, ohne durch den Sprungfer¬
tigen Roth-Rock etwas zu fodern. Der Notar
gieng auf und ab, um, wie er hofte, vielleicht
unter das Füllhorn der Reden zu kommen, das der

Menſchen nehmen, wie die Verſezungen das Holzi¬
ge aus den Kohlruͤben.

Izt trat nach dem dieneriſchen Abendrothe
der Aurora, hinter welcher der Notar ſeine Le¬
bens - Sonne finden wollte, wirklich der Reiter
des Morgens im blauen Ueberrock, aber mit Fe¬
derbuſch und Ordensſtern aus dem dichten Laub¬
holze heraus ſammt Geſpraͤchen mit einem frem¬
den Herrn. Der Floͤtenſpieler brauchte blos auf
einen brennenden Blick des Notars ſeinen kalten
zu werfen, um feſt zu wiſſen, daß der Morgen-
Mann dem Feuer-Herzen des Bruders wieder
erſchiene, den er nur aus Ironie mit der Ver¬
wechslung des rothen Bedienten mit dem blauen
Herrn geneckt. Walt gieng ihm entgegen; in der
Naͤhe erſchien dieſem der Muſengott ſeiner Ge¬
fuͤhle noch laͤnger, bluͤhender, edler. Unwillkuͤhr¬
lich nahm er den Hut ab; der vornehme Juͤng¬
ling dankte ſtumm fragend und ſezte ſich ans er¬
ſte beſte Tiſchgen, ohne durch den Sprungfer¬
tigen Roth-Rock etwas zu fodern. Der Notar
gieng auf und ab, um, wie er hofte, vielleicht
unter das Fuͤllhorn der Reden zu kommen, das der

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[236/0246] Menſchen nehmen, wie die Verſezungen das Holzi¬ ge aus den Kohlruͤben. Izt trat nach dem dieneriſchen Abendrothe der Aurora, hinter welcher der Notar ſeine Le¬ bens - Sonne finden wollte, wirklich der Reiter des Morgens im blauen Ueberrock, aber mit Fe¬ derbuſch und Ordensſtern aus dem dichten Laub¬ holze heraus ſammt Geſpraͤchen mit einem frem¬ den Herrn. Der Floͤtenſpieler brauchte blos auf einen brennenden Blick des Notars ſeinen kalten zu werfen, um feſt zu wiſſen, daß der Morgen- Mann dem Feuer-Herzen des Bruders wieder erſchiene, den er nur aus Ironie mit der Ver¬ wechslung des rothen Bedienten mit dem blauen Herrn geneckt. Walt gieng ihm entgegen; in der Naͤhe erſchien dieſem der Muſengott ſeiner Ge¬ fuͤhle noch laͤnger, bluͤhender, edler. Unwillkuͤhr¬ lich nahm er den Hut ab; der vornehme Juͤng¬ ling dankte ſtumm fragend und ſezte ſich ans er¬ ſte beſte Tiſchgen, ohne durch den Sprungfer¬ tigen Roth-Rock etwas zu fodern. Der Notar gieng auf und ab, um, wie er hofte, vielleicht unter das Fuͤllhorn der Reden zu kommen, das der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/246>, abgerufen am 03.05.2024.