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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Wirklich kam Flitte nach 7 Minuten zurück¬
gesprengt, ohne Staarbrille -- denn er hatte sie
nur versprochen -- aber mit dem Neupeteri¬
schen Thee-Kästgen von Mahagony, dessen De¬
ckel einen Spiegel mit der Thee-Doublette
aufschlug.

Plözlich fuhr Vult, als aus dem soge¬
nannten Poetengange des Rosenthals, eine reiche
rothe Uniform mit rundem Hut heraustrat, auf
den spazierenden Notarius los -- that kurzsich¬
tig, als glaub' er ihn zu kennen -- fragte ihn
unter vielen Komplimenten leise, ob jener rothe
Bediente des Grafen von Klothar der bewuste
sei -- entschuldigte sich nach dem Kopfschütteln
des bestürzten Notars laut mit seinem Kurzblicke
der jezt Bekannte und Unbekannte durch einander
werfe und sezte hinzu: "verzeihen Sie einem
Halbblinden, ich hielt Sie für den Herrn Wald¬
hern Pamsen aus Hamburg, meinen Intimen --
und lies ihn in Bewustsein einer Verlegenheit,
deren Quelle der redliche Notar nicht in seiner
Wahrhaftigkeit suchte, sondern in seinem Man¬
gel an Reisen, die immer das Hölzerne aus den

Wirklich kam Flitte nach 7 Minuten zuruͤck¬
geſprengt, ohne Staarbrille — denn er hatte ſie
nur verſprochen — aber mit dem Neupeteri¬
ſchen Thee-Kaͤſtgen von Mahagony, deſſen De¬
ckel einen Spiegel mit der Thee-Doublette
aufſchlug.

Ploͤzlich fuhr Vult, als aus dem ſoge¬
nannten Poetengange des Roſenthals, eine reiche
rothe Uniform mit rundem Hut heraustrat, auf
den ſpazierenden Notarius los — that kurzſich¬
tig, als glaub' er ihn zu kennen — fragte ihn
unter vielen Komplimenten leiſe, ob jener rothe
Bediente des Grafen von Klothar der bewuſte
ſei — entſchuldigte ſich nach dem Kopfſchuͤtteln
des beſtuͤrzten Notars laut mit ſeinem Kurzblicke
der jezt Bekannte und Unbekannte durch einander
werfe und ſezte hinzu: „verzeihen Sie einem
Halbblinden, ich hielt Sie fuͤr den Herrn Wald¬
hern Pamſen aus Hamburg, meinen Intimen —
und lies ihn in Bewuſtſein einer Verlegenheit,
deren Quelle der redliche Notar nicht in ſeiner
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[235/0245] Wirklich kam Flitte nach 7 Minuten zuruͤck¬ geſprengt, ohne Staarbrille — denn er hatte ſie nur verſprochen — aber mit dem Neupeteri¬ ſchen Thee-Kaͤſtgen von Mahagony, deſſen De¬ ckel einen Spiegel mit der Thee-Doublette aufſchlug. Ploͤzlich fuhr Vult, als aus dem ſoge¬ nannten Poetengange des Roſenthals, eine reiche rothe Uniform mit rundem Hut heraustrat, auf den ſpazierenden Notarius los — that kurzſich¬ tig, als glaub' er ihn zu kennen — fragte ihn unter vielen Komplimenten leiſe, ob jener rothe Bediente des Grafen von Klothar der bewuſte ſei — entſchuldigte ſich nach dem Kopfſchuͤtteln des beſtuͤrzten Notars laut mit ſeinem Kurzblicke der jezt Bekannte und Unbekannte durch einander werfe und ſezte hinzu: „verzeihen Sie einem Halbblinden, ich hielt Sie fuͤr den Herrn Wald¬ hern Pamſen aus Hamburg, meinen Intimen — und lies ihn in Bewuſtſein einer Verlegenheit, deren Quelle der redliche Notar nicht in ſeiner Wahrhaftigkeit ſuchte, ſondern in ſeinem Man¬ gel an Reiſen, die immer das Hoͤlzerne aus den

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/245>, abgerufen am 04.05.2024.