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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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scharf an, fand aber, daß er ihn nicht kenne.
Jzt trabten zwei Reiter heran, von welchen der
eine wenig zu leben hatte, der andere aber nichts,
Vult und Flitte.

Der Elsasser tanzte reichgekleidet und lustig
-- obgleich seine te deum laudamus in laus
deo
bestanden -- nach seinem eignen Gesang vom
Steigbügel unter seine Bekanntschaften, d. h.
sämmtliche Anwesende hinein; geliebt von jedem,
dem er nichts schuldig war. Er überstand lustig
eine kurze Aufmerksamkeit auf sich als den Men¬
schen, der die Kabelsche Erbporzion eingebüsset,
welche er schon als Faustpfand so oft wie den
Reliquienkopf eines Heiligen vervielfacht unter
seine Gläubiger vertheilt hatte, weil das mar¬
seillische Schif, worauf er eine große eben so oft
verpfändete Dividende hatte, jedem zu lange aus¬
blieb. Walt wunderte und freute sich, daß der
singende Tänzer, der alle Weiber grüste, der
kühn ihre Fächer und Sonnenschirme und Arm¬
bands-Medaillons handhabte und kühner die
Häng-Medaillen und Häng-Uhren von jeder
weissen Brust mit den Fingern ans Auge erhob,

ſcharf an, fand aber, daß er ihn nicht kenne.
Jzt trabten zwei Reiter heran, von welchen der
eine wenig zu leben hatte, der andere aber nichts,
Vult und Flitte.

Der Elſaſſer tanzte reichgekleidet und luſtig
— obgleich ſeine te deum laudamus in laus
deo
beſtanden — nach ſeinem eignen Geſang vom
Steigbuͤgel unter ſeine Bekanntſchaften, d. h.
ſaͤmmtliche Anweſende hinein; geliebt von jedem,
dem er nichts ſchuldig war. Er uͤberſtand luſtig
eine kurze Aufmerkſamkeit auf ſich als den Men¬
ſchen, der die Kabelſche Erbporzion eingebuͤſſet,
welche er ſchon als Fauſtpfand ſo oft wie den
Reliquienkopf eines Heiligen vervielfacht unter
ſeine Glaͤubiger vertheilt hatte, weil das mar¬
ſeilliſche Schif, worauf er eine große eben ſo oft
verpfaͤndete Dividende hatte, jedem zu lange aus¬
blieb. Walt wunderte und freute ſich, daß der
ſingende Taͤnzer, der alle Weiber gruͤſte, der
kuͤhn ihre Faͤcher und Sonnenſchirme und Arm¬
bands-Medaillons handhabte und kuͤhner die
Haͤng-Medaillen und Haͤng-Uhren von jeder
weiſſen Bruſt mit den Fingern ans Auge erhob,

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[227/0237] ſcharf an, fand aber, daß er ihn nicht kenne. Jzt trabten zwei Reiter heran, von welchen der eine wenig zu leben hatte, der andere aber nichts, Vult und Flitte. Der Elſaſſer tanzte reichgekleidet und luſtig — obgleich ſeine te deum laudamus in laus deo beſtanden — nach ſeinem eignen Geſang vom Steigbuͤgel unter ſeine Bekanntſchaften, d. h. ſaͤmmtliche Anweſende hinein; geliebt von jedem, dem er nichts ſchuldig war. Er uͤberſtand luſtig eine kurze Aufmerkſamkeit auf ſich als den Men¬ ſchen, der die Kabelſche Erbporzion eingebuͤſſet, welche er ſchon als Fauſtpfand ſo oft wie den Reliquienkopf eines Heiligen vervielfacht unter ſeine Glaͤubiger vertheilt hatte, weil das mar¬ ſeilliſche Schif, worauf er eine große eben ſo oft verpfaͤndete Dividende hatte, jedem zu lange aus¬ blieb. Walt wunderte und freute ſich, daß der ſingende Taͤnzer, der alle Weiber gruͤſte, der kuͤhn ihre Faͤcher und Sonnenſchirme und Arm¬ bands-Medaillons handhabte und kuͤhner die Haͤng-Medaillen und Haͤng-Uhren von jeder weiſſen Bruſt mit den Fingern ans Auge erhob,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/237>, abgerufen am 24.11.2024.