Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804."Einen Menschen, versezte Vult, muß jeder, Walt wuste sich in keine Stelle so leicht und „Einen Menſchen, verſezte Vult, muß jeder, Walt wuſte ſich in keine Stelle ſo leicht und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0215" n="205"/> „Einen Menſchen, verſezte Vult, muß jeder,<lb/> der auf den Reſt Dampf und Nebel loslaͤſſet,<lb/> beſizen, einen Auserwaͤhlten, vor dem er Panzer<lb/> und Bruſt aufmacht und ſagt: guck' hinein.<lb/><hi rendition="#g">Der</hi> Gluͤckliche biſt nun du; blos weil du —<lb/> ſo viel du auch, merk' ich, Welt haſt, — doch<lb/> im Ganzen ein frommer, feſter Geſelle biſt, ein<lb/> reiner Dichter und dabei mein Bruder, ja Zwil¬<lb/> ling und — ſo laſſ' es dabei!“ —</p><lb/> <p>Walt wuſte ſich in keine Stelle ſo leicht und<lb/> gut zu ſezen als in die fremde; er ſah der ſchoͤ¬<lb/> nen Geſtalt des Geliebten dieſe Sommerſproſſen<lb/> und Hizblattern des Reiſelebens nach und glaub¬<lb/> te, ein Schattenleben wie ſeines haͤtte Vulten die¬<lb/> ſe vielfaͤrbige moraliſche Neſſelſucht gewiß er¬<lb/> ſpart. Bis tief in die Nacht, brachten beide<lb/> ſie mit friedlichen Entwuͤrfen und Graͤnzrezeſſen<lb/> ihres Doppelromans zu und das ganze hiſtori¬<lb/> ſche erſte Viertel ihrer romantiſchen Himmels¬<lb/> kugel ſtieg ſo hell am Horizonte empor, daß<lb/> Walt den andern Tag weiter nichts brauchte,<lb/> als Stuhl und Dinte und Papier und anzufan¬<lb/> gen. Froh ſah er dem morgenden Sonntag ent¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [205/0215]
„Einen Menſchen, verſezte Vult, muß jeder,
der auf den Reſt Dampf und Nebel loslaͤſſet,
beſizen, einen Auserwaͤhlten, vor dem er Panzer
und Bruſt aufmacht und ſagt: guck' hinein.
Der Gluͤckliche biſt nun du; blos weil du —
ſo viel du auch, merk' ich, Welt haſt, — doch
im Ganzen ein frommer, feſter Geſelle biſt, ein
reiner Dichter und dabei mein Bruder, ja Zwil¬
ling und — ſo laſſ' es dabei!“ —
Walt wuſte ſich in keine Stelle ſo leicht und
gut zu ſezen als in die fremde; er ſah der ſchoͤ¬
nen Geſtalt des Geliebten dieſe Sommerſproſſen
und Hizblattern des Reiſelebens nach und glaub¬
te, ein Schattenleben wie ſeines haͤtte Vulten die¬
ſe vielfaͤrbige moraliſche Neſſelſucht gewiß er¬
ſpart. Bis tief in die Nacht, brachten beide
ſie mit friedlichen Entwuͤrfen und Graͤnzrezeſſen
ihres Doppelromans zu und das ganze hiſtori¬
ſche erſte Viertel ihrer romantiſchen Himmels¬
kugel ſtieg ſo hell am Horizonte empor, daß
Walt den andern Tag weiter nichts brauchte,
als Stuhl und Dinte und Papier und anzufan¬
gen. Froh ſah er dem morgenden Sonntag ent¬
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