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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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wie jezt" sagte Walt. Da drükte ihm Vult die
Hand und sagte bedeutend: "dann gefällts mir,
das ist der Dichter. Weiter!"

Der Kinderball.

Wie lächelt, wie hüpfet ihr blumige Genien,
kaum von der Wolke gestiegen! der Kunst-Tanz
und der Wahn schlept euch nicht und ihr hüp¬
fet über die Regel hinweg. -- Wie es tritt die
Zeit herein und berührt sie? Große Männer
und Frauen stehen da? Der kleine Tanz ist er¬
starrt, sie heben sich zum Gang und schauen
einander ernst ins schwere Gesicht? Nein, nein,
spielet ihr Kinder, gaukelt nur fort in eurem
Traum, es war nur einer von mir.

Die Sonnenblume und die Nachtviole.

Am Tage sprach die volle Sonnenblume:
Apollo strahlt und ich breite mich aus, er wandelt
über die Welt und ich folge ihm nach. In der
Nacht sagte die Viole: niedrig steh' ich und ver¬
borgen -- und blühe in kurzer Nacht; zuweilen
schimmert Phöbus milde Schwester auf mich,
da werd' ich gesehen und gebrochen, und sterbe
an der Brust.

wie jezt“ ſagte Walt. Da druͤkte ihm Vult die
Hand und ſagte bedeutend: „dann gefaͤllts mir,
das iſt der Dichter. Weiter!“

Der Kinderball.

Wie laͤchelt, wie huͤpfet ihr blumige Genien,
kaum von der Wolke geſtiegen! der Kunſt-Tanz
und der Wahn ſchlept euch nicht und ihr huͤp¬
fet uͤber die Regel hinweg. — Wie es tritt die
Zeit herein und beruͤhrt ſie? Große Maͤnner
und Frauen ſtehen da? Der kleine Tanz iſt er¬
ſtarrt, ſie heben ſich zum Gang und ſchauen
einander ernſt ins ſchwere Geſicht? Nein, nein,
ſpielet ihr Kinder, gaukelt nur fort in eurem
Traum, es war nur einer von mir.

Die Sonnenblume und die Nachtviole.

Am Tage ſprach die volle Sonnenblume:
Apollo ſtrahlt und ich breite mich aus, er wandelt
uͤber die Welt und ich folge ihm nach. In der
Nacht ſagte die Viole: niedrig ſteh' ich und ver¬
borgen — und bluͤhe in kurzer Nacht; zuweilen
ſchimmert Phoͤbus milde Schweſter auf mich,
da werd' ich geſehen und gebrochen, und ſterbe
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[180/0190] wie jezt“ ſagte Walt. Da druͤkte ihm Vult die Hand und ſagte bedeutend: „dann gefaͤllts mir, das iſt der Dichter. Weiter!“ Der Kinderball. Wie laͤchelt, wie huͤpfet ihr blumige Genien, kaum von der Wolke geſtiegen! der Kunſt-Tanz und der Wahn ſchlept euch nicht und ihr huͤp¬ fet uͤber die Regel hinweg. — Wie es tritt die Zeit herein und beruͤhrt ſie? Große Maͤnner und Frauen ſtehen da? Der kleine Tanz iſt er¬ ſtarrt, ſie heben ſich zum Gang und ſchauen einander ernſt ins ſchwere Geſicht? Nein, nein, ſpielet ihr Kinder, gaukelt nur fort in eurem Traum, es war nur einer von mir. Die Sonnenblume und die Nachtviole. Am Tage ſprach die volle Sonnenblume: Apollo ſtrahlt und ich breite mich aus, er wandelt uͤber die Welt und ich folge ihm nach. In der Nacht ſagte die Viole: niedrig ſteh' ich und ver¬ borgen — und bluͤhe in kurzer Nacht; zuweilen ſchimmert Phoͤbus milde Schweſter auf mich, da werd' ich geſehen und gebrochen, und ſterbe an der Bruſt.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/190>, abgerufen am 27.11.2024.