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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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men. Ja ich hatte bisher gerade die umgekehr¬
te Sorge für die armen Erben selber, an deren
Stelle ich mich dachte, wenn ich sie um alles
brächte; und nur die Betrachtung machte mich
ruhig, daß sie doch die Erbschaft, schlüg' ich sie
auch aus, nicht bekämen und daß ja meine El¬
tern weit ärmer sind und mir näher."

"Der zweite Grund -- versezte Vult --
warum ich in Haslau verbleibe, hat mit dem
ersten nichts zu thun, sondern alles blos mit
einer göttlichen Windmühle, die der blaue Aether
treibt, und auf welcher wir beide Brod -- du
erbst indes immer fort -- soviel wir brauchen,
mahlen können. Ich weis nicht, ob es sonst
nicht noch für uns beide etwas so angenehmes
oder nüzliches giebt, als eben die Aethermühle,
die ich projektieren will; die Frisiermühlen der
Tuchscheerer, die Bandmühlen der Berner, die
Molae asinariae oder Eselsmühlen der Römer
kommen nicht in Betracht gegen meine."

Walt war in gröster Spannung und bat
sehr darum. "Droben bei einem Glas Kräzer,"
versezte der Vult. Sie eilten den Hügel auf zum

men. Ja ich hatte bisher gerade die umgekehr¬
te Sorge fuͤr die armen Erben ſelber, an deren
Stelle ich mich dachte, wenn ich ſie um alles
braͤchte; und nur die Betrachtung machte mich
ruhig, daß ſie doch die Erbſchaft, ſchluͤg' ich ſie
auch aus, nicht bekaͤmen und daß ja meine El¬
tern weit aͤrmer ſind und mir naͤher.“

„Der zweite Grund — verſezte Vult —
warum ich in Haslau verbleibe, hat mit dem
erſten nichts zu thun, ſondern alles blos mit
einer goͤttlichen Windmuͤhle, die der blaue Aether
treibt, und auf welcher wir beide Brod — du
erbſt indes immer fort — ſoviel wir brauchen,
mahlen koͤnnen. Ich weis nicht, ob es ſonſt
nicht noch fuͤr uns beide etwas ſo angenehmes
oder nuͤzliches giebt, als eben die Aethermuͤhle,
die ich projektieren will; die Friſiermuͤhlen der
Tuchſcheerer, die Bandmuͤhlen der Berner, die
Molae aſinariae oder Eſelsmuͤhlen der Roͤmer
kommen nicht in Betracht gegen meine.“

Walt war in groͤſter Spannung und bat
ſehr darum. „Droben bei einem Glas Kraͤzer,“
verſezte der Vult. Sie eilten den Huͤgel auf zum

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[164/0174] men. Ja ich hatte bisher gerade die umgekehr¬ te Sorge fuͤr die armen Erben ſelber, an deren Stelle ich mich dachte, wenn ich ſie um alles braͤchte; und nur die Betrachtung machte mich ruhig, daß ſie doch die Erbſchaft, ſchluͤg' ich ſie auch aus, nicht bekaͤmen und daß ja meine El¬ tern weit aͤrmer ſind und mir naͤher.“ „Der zweite Grund — verſezte Vult — warum ich in Haslau verbleibe, hat mit dem erſten nichts zu thun, ſondern alles blos mit einer goͤttlichen Windmuͤhle, die der blaue Aether treibt, und auf welcher wir beide Brod — du erbſt indes immer fort — ſoviel wir brauchen, mahlen koͤnnen. Ich weis nicht, ob es ſonſt nicht noch fuͤr uns beide etwas ſo angenehmes oder nuͤzliches giebt, als eben die Aethermuͤhle, die ich projektieren will; die Friſiermuͤhlen der Tuchſcheerer, die Bandmuͤhlen der Berner, die Molae aſinariae oder Eſelsmuͤhlen der Roͤmer kommen nicht in Betracht gegen meine.“ Walt war in groͤſter Spannung und bat ſehr darum. „Droben bei einem Glas Kraͤzer,“ verſezte der Vult. Sie eilten den Huͤgel auf zum

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/174>, abgerufen am 01.05.2024.