4, Verbreitung nach der Identität der Pflanzenarten. Dies ist ein so reiches und wenig angebautes Feld der Wissenschaft, dass in den neueren Zeiten die Physiker sehr zwekmässig angefan- gen haben, sich mit den beschreibenden Botanikern zu verbinden, um sicher zu gehn. Da man dies früher unterlies, so entstanden in manchen Schriften viele vague Ideeen. So behauptete man, dass unsre gemeinen Pflanzen, wie Solanum nigrum, Portulacca, Medicago pp. Kosmopoliten seien, und sich überall vorfinden. Dies ist durchaus falsch. Nicht einmal in dem entsprechenden Klima von Nordamerika finden sich ganz dieselben Pflanzen, wie bei uns. Man kann sagen, dass die Spezies nicht Produkte der Klimate sind, sondern nur ihre Form nach ihnen verändern. So erheben sich unsre niedrigen Gräser unter den Tropen auf 50 Fus Höhe, und unsre Syngenesisten nehmen ein baumar- tiges Ansehn an. Auf der Silla von Caracas, die 9000 Fus hoch ist, findet sich ganz oben eine Befaria, und 250 Meilen davon in der Andeskette fängt eine andre Befaria, auf derselben
4, Verbreitung nach der Identität der Pflanzenarten. Dies ist ein so reiches und wenig angebautes Feld der Wissenschaft, dass in den neueren Zeiten die Physiker sehr zwekmässig angefan- gen haben, sich mit den beschreibenden Botanikern zu verbinden, um sicher zu gehn. Da man dies früher unterlies, so entstanden in manchen Schriften viele vague Ideeen. So behauptete man, dass unsre gemeinen Pflanzen, wie Solanum nigrum, Portulacca, Medicago pp. Kosmopoliten seien, und sich überall vorfinden. Dies ist durchaus falsch. Nicht einmal in dem entsprechenden Klima von Nordamerika finden sich ganz dieselben Pflanzen, wie bei uns. Man kann sagen, dass die Spezies nicht Produkte der Klimate sind, sondern nur ihre Form nach ihnen verändern. So erheben sich unsre niedrigen Gräser unter den Tropen auf 50 Fus Höhe, und unsre Syngenesisten nehmen ein baumar- tiges Ansehn an. Auf der Silla von Caracas, die 9000 Fus hoch ist, findet sich ganz oben eine Befaria, und 250 Meilen davon in der Andeskette fängt eine andre Befaria, auf derselben
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="session"n="57"><p><pbfacs="#f0720"n="358v"/>
galensis<noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. <bibl>Hoffmannsegg, Johann Centurius von; Link, Heinrich Friedrich: Flore portugaise: ou Description de toutes les Plantes qui croissent naturellement en Portugal. 2 Bde in 22 Heften. Amelang / Selbstverlag, Berlin 1809–1840.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://bibdigital.rjb.csic.es/ing/Libro.php?Libro=344">Band 1, Biblioteca Digital del Real Jardín Botánico, abgerufen am 11.07.2016</ref>, <reftarget="http://bibdigital.rjb.csic.es/ing/Libro.php?Libro=345">Band 2, Biblioteca Digital del Real Jardín Botánico, abgerufen am 11.07.2016</ref>.</note> die Urtica candata an, welche der <choice><abbr>U.</abbr><expanresp="#CT">Urtica</expan></choice> dioïca zum verwech-<lb/>
seln ähnlich ist, eben so die Stachys germanica und russica <metamark>?</metamark></p><lb/><p>4, Verbreitung nach der Identität der Pflanzenarten. Dies ist<lb/>
ein so reiches und wenig angebautes Feld der Wissenschaft, dass<lb/>
in den neueren Zeiten die Physiker sehr zwekmässig angefan-<lb/>
gen haben, sich mit den beschreibenden Botanikern zu verbinden,<lb/>
um sicher zu gehn. Da man dies früher unterlies, so entstanden<lb/>
in manchen Schriften viele vague Ideeen. So behauptete man,<lb/>
dass unsre gemeinen Pflanzen, wie Solanum nigrum, Portulacca,<lb/>
Medicago <choice><orig>pp</orig><regresp="#CT">pp.</reg></choice> Kosmopoliten seien, und sich überall vorfinden. Dies<lb/>
ist durchaus falsch. Nicht einmal in dem entsprechenden Klima<lb/>
von Nordamerika finden sich ganz dieselben Pflanzen, wie bei<lb/>
uns. Man kann sagen, dass die Spezies nicht Produkte der<lb/>
Klimate sind, sondern nur ihre Form nach ihnen verändern.<lb/>
So erheben sich unsre niedrigen Gräser unter den Tropen auf<lb/>
50 Fus Höhe, und unsre Syngenesisten nehmen ein baumar-<lb/>
tiges Ansehn an. Auf der Silla von Caracas, die 9000 Fus hoch<lb/>
ist, findet sich ganz oben eine Befaria, und 250 Meilen davon<lb/>
in der Andeskette fängt eine andre Befaria, auf derselben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358v/0720]
galensis die Urtica candata an, welche der U. dioïca zum verwech-
seln ähnlich ist, eben so die Stachys germanica und russica ?
4, Verbreitung nach der Identität der Pflanzenarten. Dies ist
ein so reiches und wenig angebautes Feld der Wissenschaft, dass
in den neueren Zeiten die Physiker sehr zwekmässig angefan-
gen haben, sich mit den beschreibenden Botanikern zu verbinden,
um sicher zu gehn. Da man dies früher unterlies, so entstanden
in manchen Schriften viele vague Ideeen. So behauptete man,
dass unsre gemeinen Pflanzen, wie Solanum nigrum, Portulacca,
Medicago pp Kosmopoliten seien, und sich überall vorfinden. Dies
ist durchaus falsch. Nicht einmal in dem entsprechenden Klima
von Nordamerika finden sich ganz dieselben Pflanzen, wie bei
uns. Man kann sagen, dass die Spezies nicht Produkte der
Klimate sind, sondern nur ihre Form nach ihnen verändern.
So erheben sich unsre niedrigen Gräser unter den Tropen auf
50 Fus Höhe, und unsre Syngenesisten nehmen ein baumar-
tiges Ansehn an. Auf der Silla von Caracas, die 9000 Fus hoch
ist, findet sich ganz oben eine Befaria, und 250 Meilen davon
in der Andeskette fängt eine andre Befaria, auf derselben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 358v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/720>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.