sich bei allen wilden Völkern gleichmässig entwikkelt hat. Ja wenn ich eine Hypothese darüber aufstellen solte, so würde ich mich mehr zu der Meinung hinneigen, nach welcher alle wilden Völker (unter denen ich einige Jahre meines Lebens zugebracht habe) vielleicht Trümmer einer untergegangnen Kultur sind. Einen Urwilden wird kein Reisender je gefunden haben: dagegen findet man allerhand auffallende Kentnisse bei den sogenanten Wilden: sonderbar übereinstimmende Namen der Sternbilder, und dessen, was man im Monde sieht bei Völkern, die in ungeheuren Wäldern leben, und den Himmel nur wie durch einen Schornstein beobachten können: da man doch voraussezen mus, dass diese Ideen auf den grossen Savannen entständen sein mögen: es ist natürlich, dass das einzig Geregelte, was diese Wilden um sich sahen, der Lauf der Sterne, auf sie gewirkt haben mus, eine natürliche Astronomie ist daher gar nicht wunderbar: derdie Abtheilung des Jahres braucht nicht von einer Nazion zur andern übergegangen zu sein: es war nur nöthig, den wiederkehrenden Auf- gang der Sonne und des Mondes in Bezug auf einen Baum zu beobachten, der am Horizonte stand.
Der Wunderglaube an eine Naturweisheit hat sich bei gebildeten Völkern auf eine sehr übereinstimmende Weise gefunden, die Inder verehren den nördlich gelegenen Himalaya, und es geht bei ihnen die
sich bei allen wilden Völkern gleichmässig entwikkelt hat. Ja wenn ich eine Hypothese darüber aufstellen solte, so würde ich mich mehr zu der Meinung hinneigen, nach welcher alle wilden Völker (unter denen ich einige Jahre meines Lebens zugebracht habe) vielleicht Trümmer einer untergegangnen Kultur sind. Einen Urwilden wird kein Reisender je gefunden haben: dagegen findet man allerhand auffallende Kentnisse bei den sogenanten Wilden: sonderbar übereinstimmende Namen der Sternbilder, und dessen, was man im Monde sieht bei Völkern, die in ungeheuren Wäldern leben, und den Himmel nur wie durch einen Schornstein beobachten können: da man doch voraussezen mus, dass diese Ideen auf den grossen Savannen entständen sein mögen: es ist natürlich, dass das einzig Geregelte, was diese Wilden um sich sahen, der Lauf der Sterne, auf sie gewirkt haben mus, eine natürliche Astronomie ist daher gar nicht wunderbar: derdie Abtheilung des Jahres braucht nicht von einer Nazion zur andern übergegangen zu sein: es war nur nöthig, den wiederkehrenden Auf- gang der Sonne und des Mondes in Bezug auf einen Baum zu beobachten, der am Horizonte stand.
Der Wunderglaube an eine Naturweisheit hat sich bei gebildeten Völkern auf eine sehr übereinstimmende Weise gefunden, die Inder verehren den nördlich gelegenen Himalaya, und es geht bei ihnen die
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sich bei allen wilden Völkern gleichmässig entwikkelt hat. Ja wenn
ich eine Hypothese darüber aufstellen solte, so würde ich mich mehr
zu der Meinung hinneigen, nach welcher alle wilden Völker (unter
denen ich einige Jahre meines Lebens zugebracht habe) vielleicht
Trümmer einer untergegangnen Kultur sind. Einen Urwilden wird kein
Reisender je gefunden haben: dagegen findet man allerhand auffallende
Kentnisse bei den sogenanten Wilden: sonderbar übereinstimmende
Namen der Sternbilder, und dessen, was man im Monde sieht bei
Völkern, die in ungeheuren Wäldern leben, und den Himmel nur wie
durch einen Schornstein beobachten können: da man doch voraussezen
mus, dass diese Ideen auf den grossen Savannen entständen sein
mögen: es ist natürlich, dass das einzig Geregelte, was diese Wilden
um sich sahen, der Lauf der Sterne, auf sie gewirkt haben mus,
eine natürliche Astronomie ist daher gar nicht wunderbar: die
Abtheilung des Jahres braucht nicht von einer Nazion zur andern
übergegangen zu sein: es war nur nöthig, den wiederkehrenden Auf-
gang der Sonne und des Mondes in Bezug auf einen Baum
zu beobachten, der am Horizonte stand.
Der Wunderglaube an eine Naturweisheit hat sich bei gebildeten
Völkern auf eine sehr übereinstimmende Weise gefunden, die Inder
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 28r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/59>, abgerufen am 27.11.2024.
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