Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Ebne hinzieht, so wird diese dadurch erkältet, weil die Nordwinde
aufgehalten werden. Vom Harz bis zum Ural findet sich
nördlich eine Ebne, die kaum von kleinen Hügelreihen durchzo-
gen wird, die die Nordwinde nicht abhalten können: daher ist
das Klima der Ebne kälter, als es sein solte: doch hat man
diesem Grunde zu viel Gewicht beigelegt. Die älteren Schriftsteller
z. B. Hippocrates haben sich mehr an Localphänomene ge-
halten, als dass sie das Ganze richtig verstanden hätten: doch
kann man dies dem grossen Griechen um so weniger verdenken,
da er einen Kontinent vor sich hatte, der wie keiner anderer, re-
gelmässig gegliedert ist. Ganz Nordamerika und Nord-Asien sind
den erkältenden Nordwinden ohne Schuz ausgesezt, deshalb ist
ihre mittlere Temperatur so niedrig. Die Berge welche als
erhobene Erdmassen oder Zapfen sich inauf dem Boden des Luft-
meeres erheben, erwärmen sich im Sommer anders, als die
umgebende Luft. Eine kahle Bergspize mus erkältend wirken,
weil sie in der Nacht mehr Kälte stralt, als das umgebende
Erdreich: allein eine grüne bewachsene Bergmasse wird mehr
Sonnenstralen absorbiren, und daher die Luft erwärmen.

Ebne hinzieht, so wird diese dadurch erkältet, weil die Nordwinde
aufgehalten werden. Vom Harz bis zum Ural findet sich
nördlich eine Ebne, die kaum von kleinen Hügelreihen durchzo-
gen wird, die die Nordwinde nicht abhalten können: daher ist
das Klima der Ebne kälter, als es sein solte: doch hat man
diesem Grunde zu viel Gewicht beigelegt. Die älteren Schriftsteller
z. B. Hippocrates haben sich mehr an Localphänomene ge-
halten, als dass sie das Ganze richtig verstanden hätten: doch
kann man dies dem grossen Griechen um so weniger verdenken,
da er einen Kontinent vor sich hatte, der wie keiner anderer, re-
gelmässig gegliedert ist. Ganz Nordamerika und Nord-Asien sind
den erkältenden Nordwinden ohne Schuz ausgesezt, deshalb ist
ihre mittlere Temperatur so niedrig. Die Berge welche als
erhobene Erdmassen oder Zapfen sich inauf dem Boden des Luft-
meeres erheben, erwärmen sich im Sommer anders, als die
umgebende Luft. Eine kahle Bergspize mus erkältend wirken,
weil sie in der Nacht mehr Kälte stralt, als das umgebende
Erdreich: allein eine grüne bewachsene Bergmasse wird mehr
Sonnenstralen absorbiren, und daher die Luft erwärmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="47">
          <p><pb facs="#f0589" n="293r"/>
Ebne hinzieht, so wird diese dadurch erkältet, weil die Nordwinde<lb/>
aufgehalten werden. Vom Harz bis zum Ural findet sich<lb/>
nördlich eine Ebne, die kaum von kleinen Hügelreihen durchzo-<lb/>
gen wird, die die Nordwinde nicht abhalten können: daher ist<lb/>
das Klima der Ebne kälter, als es sein solte: doch hat man<lb/>
diesem Grunde zu viel Gewicht beigelegt. Die älteren Schriftsteller<lb/>
z. B. <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11855140X http://d-nb.info/gnd/11855140X">Hippocrates</persName> haben sich mehr an Localphänomene ge-<lb/>
halten, als dass sie das Ganze richtig verstanden hätten: doch<lb/>
kann man dies dem grossen Griechen um so weniger verdenken,<lb/>
da er einen Kontinent vor sich hatte, der wie keiner anderer, re-<lb/>
gelmässig gegliedert ist. Ganz <choice><abbr>Nd</abbr><expan resp="#CT">Nord</expan></choice>amerika und <choice><orig><choice><abbr>Nd</abbr><expan>Nord</expan></choice> Asien</orig><reg resp="#CT"><choice><abbr>Nd</abbr><expan>Nord</expan></choice>-Asien</reg></choice> sind<lb/>
den erkältenden Nordwinden ohne Schuz ausgesezt, deshalb ist<lb/>
ihre mittlere Temperatur so niedrig. Die Berge welche als<lb/>
erhobene Erdmassen oder Zapfen sich <subst><del rendition="#ow">in</del><add place="across">au</add></subst>f dem Boden des Luft-<lb/>
meeres erheben, erwärmen sich im Sommer anders, als die<lb/>
umgebende Luft. Eine kahle Bergspize mus erkältend wirken,<lb/>
weil sie in der Nacht mehr Kälte stralt, als das umgebende<lb/>
Erdreich: allein eine grüne bewachsene Bergmasse wird mehr<lb/>
Sonnenstralen absorbiren, und daher die Luft erwärmen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293r/0589] Ebne hinzieht, so wird diese dadurch erkältet, weil die Nordwinde aufgehalten werden. Vom Harz bis zum Ural findet sich nördlich eine Ebne, die kaum von kleinen Hügelreihen durchzo- gen wird, die die Nordwinde nicht abhalten können: daher ist das Klima der Ebne kälter, als es sein solte: doch hat man diesem Grunde zu viel Gewicht beigelegt. Die älteren Schriftsteller z. B. Hippocrates haben sich mehr an Localphänomene ge- halten, als dass sie das Ganze richtig verstanden hätten: doch kann man dies dem grossen Griechen um so weniger verdenken, da er einen Kontinent vor sich hatte, der wie keiner anderer, re- gelmässig gegliedert ist. Ganz Ndamerika und Nd Asien sind den erkältenden Nordwinden ohne Schuz ausgesezt, deshalb ist ihre mittlere Temperatur so niedrig. Die Berge welche als erhobene Erdmassen oder Zapfen sich auf dem Boden des Luft- meeres erheben, erwärmen sich im Sommer anders, als die umgebende Luft. Eine kahle Bergspize mus erkältend wirken, weil sie in der Nacht mehr Kälte stralt, als das umgebende Erdreich: allein eine grüne bewachsene Bergmasse wird mehr Sonnenstralen absorbiren, und daher die Luft erwärmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/589
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 293r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/589>, abgerufen am 23.11.2024.