Erdoberfläche, wie wir sie jezt sehn. Nach der Erhärtung der äus- seren Rinde haben vielleicht kleine Zufälligkeiten im Unterschie- de des Gleichgewichtes mehr nach dem Nordpol hingewirkt, als nach dem Südpol, daher dort eine grössere Ländermasse als hier. Bei der Hebung von Amerika wirkten die unterirdischen Kräfte mehr von Norden nach Süden, vielleicht auf einer grossen Spalte: dagegen erstrekt sich der alte Kontinent mehr von Osten nach Westen. Ganz anders würde bei uns die Tempe- ratur sein, wenn etwa das Mittelmeer nicht existirte, wenn sein Bekken zu derselben Höhe wie die lombardischen Ebnen und die Flächen der Cyrenaica sich erhoben hätte. Europa würde viel kälter sein, wenn Afrika nicht aus den Fluten emporgestiegen wäre: nun aber liegt uns südlich in dem Meridian von Lissabon und vom Ural ein grosser fester Kontinent, der als opaker Körper die Sonnenstralen besser reflektirt, als der durchsichtige Ozean: daher müssen die unter dem Aequator erwärmten Luftschichten über Eu- ropa hinfliessen, und die Kälte mindern. Darum ist Asien
Erdoberfläche, wie wir sie jezt sehn. Nach der Erhärtung der äus- seren Rinde haben vielleicht kleine Zufälligkeiten im Unterschie- de des Gleichgewichtes mehr nach dem Nordpol hingewirkt, als nach dem Südpol, daher dort eine grössere Ländermasse als hier. Bei der Hebung von Amerika wirkten die unterirdischen Kräfte mehr von Norden nach Süden, vielleicht auf einer grossen Spalte: dagegen erstrekt sich der alte Kontinent mehr von Osten nach Westen. Ganz anders würde bei uns die Tempe- ratur sein, wenn etwa das Mittelmeer nicht existirte, wenn sein Bekken zu derselben Höhe wie die lombardischen Ebnen und die Flächen der Cyrenaica sich erhoben hätte. Europa würde viel kälter sein, wenn Afrika nicht aus den Fluten emporgestiegen wäre: nun aber liegt uns südlich in dem Meridian von Lissabon und vom Ural ein grosser fester Kontinent, der als opaker Körper die Sonnenstralen besser reflektirt, als der durchsichtige Ozean: daher müssen die unter dem Aequator erwärmten Luftschichten über Eu- ropa hinfliessen, und die Kälte mindern. Darum ist Asien
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="session"n="38"><p><pbfacs="#f0452"n="224v"/>
Erdoberfläche, wie wir sie jezt sehn. Nach der Erhärtung der äus-<lb/>
seren Rinde haben vielleicht kleine Zufälligkeiten im Unterschie-<lb/>
de des Gleichgewichtes mehr nach dem Nordpol hingewirkt, als<lb/>
nach dem Südpol, daher dort eine grössere Ländermasse als hier.<lb/>
Bei der Hebung von Amerika wirkten die unterirdischen Kräfte<lb/>
mehr von Norden nach Süden, vielleicht auf einer grossen<lb/>
Spalte: dagegen erstrekt sich der alte Kontinent mehr von<lb/>
Osten nach Westen. Ganz anders würde bei uns die Tempe-<lb/>
ratur sein, wenn etwa das Mittelmeer nicht existirte, wenn<lb/>
sein Bekken zu derselben Höhe wie die lombardischen Ebnen<lb/>
und die Flächen der Cyrenaica sich erhoben hätte. Europa<lb/>
würde viel kälter sein, wenn Afrika nicht aus den Fluten<lb/>
emporgestiegen wäre: nun aber liegt uns südlich in dem<lb/>
Meridian von Lissabon und vom Ural ein grosser fester<lb/>
Kontinent, der als opaker Körper die Sonnenstralen besser<lb/>
reflektirt, als der durchsichtige Ozean: daher müssen die<lb/>
unter dem Aequator erwärmten Luftschichten über Eu-<lb/>
ropa hinfliessen, und die Kälte mindern. Darum ist Asien<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[224v/0452]
Erdoberfläche, wie wir sie jezt sehn. Nach der Erhärtung der äus-
seren Rinde haben vielleicht kleine Zufälligkeiten im Unterschie-
de des Gleichgewichtes mehr nach dem Nordpol hingewirkt, als
nach dem Südpol, daher dort eine grössere Ländermasse als hier.
Bei der Hebung von Amerika wirkten die unterirdischen Kräfte
mehr von Norden nach Süden, vielleicht auf einer grossen
Spalte: dagegen erstrekt sich der alte Kontinent mehr von
Osten nach Westen. Ganz anders würde bei uns die Tempe-
ratur sein, wenn etwa das Mittelmeer nicht existirte, wenn
sein Bekken zu derselben Höhe wie die lombardischen Ebnen
und die Flächen der Cyrenaica sich erhoben hätte. Europa
würde viel kälter sein, wenn Afrika nicht aus den Fluten
emporgestiegen wäre: nun aber liegt uns südlich in dem
Meridian von Lissabon und vom Ural ein grosser fester
Kontinent, der als opaker Körper die Sonnenstralen besser
reflektirt, als der durchsichtige Ozean: daher müssen die
unter dem Aequator erwärmten Luftschichten über Eu-
ropa hinfliessen, und die Kälte mindern. Darum ist Asien
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 224v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.