Das was man in Italien hört, ist eben so unbedeutend, als die Erschütterungen selbst, in Amerika dagegen ist des viel stärker. In Quito, welches man für ganz unterminirt halten kann, hört man 7-8 Minuten vor dem Erdbeben ein Rasseln und Klirren, dazwischen einen hellen Klang, den die Eingebornen dem Klirren der Ketten vergleichen, den ich aber ähnlicher finde dem Zerspringen einer glasigen Masse oder dem Niederfallen von Obsidianfelsen. Sehr selten, obgleich nicht ohne Beispiel ist es, dass man ein Guanaxuato Getöse ohne Erdbeben hört: so war es 1784 in Guaijaquil der Fall, und ich habe selbst viele Leute gesprochen, welche sich des Phänomens erinnerten und genau Rechenschaft davon abzulegen wusten. Die Spanier nennen dies Getöse: huelos subterraneos. Es lies sich zuerst ein ferner unterir- discher Donner hören, der nach und nach stärker wurde: er erreichte sein maximum, und nahm wieder ab, nachdem das ganze 3 Monate gedauert. Merkwürdig ist es, dass in den Bergwerken er nicht stärker wurde, man mochte auch bis in die lezte Tiefe hinab steigen: man hat damals
Das was man in Italien hört, ist eben so unbedeutend, als die Erschütterungen selbst, in Amerika dagegen ist des viel stärker. In Quito, welches man für ganz unterminirt halten kann, hört man 7–8 Minuten vor dem Erdbeben ein Rasseln und Klirren, dazwischen einen hellen Klang, den die Eingebornen dem Klirren der Ketten vergleichen, den ich aber ähnlicher finde dem Zerspringen einer glasigen Masse oder dem Niederfallen von Obsidianfelsen. Sehr selten, obgleich nicht ohne Beispiel ist es, dass man ein Guanaxuato Getöse ohne Erdbeben hört: so war es 1784 in Guaijaquil der Fall, und ich habe selbst viele Leute gesprochen, welche sich des Phänomens erinnerten und genau Rechenschaft davon abzulegen wusten. Die Spanier nennen dies Getöse: huelos subterraneos. Es lies sich zuerst ein ferner unterir- discher Donner hören, der nach und nach stärker wurde: er erreichte sein maximum, und nahm wieder ab, nachdem das ganze 3 Monate gedauert. Merkwürdig ist es, dass in den Bergwerken er nicht stärker wurde, man mochte auch bis in die lezte Tiefe hinab steigen: man hat damals
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[182v/0368]
Das was man in Italien hört, ist eben so unbedeutend, als die
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halten kann, hört man 7–8 Minuten vor dem Erdbeben ein
Rasseln und Klirren, dazwischen einen hellen Klang, den
die Eingebornen dem Klirren der Ketten vergleichen, den
ich aber ähnlicher finde dem Zerspringen einer glasigen
Masse oder dem Niederfallen von Obsidianfelsen. Sehr
selten, obgleich nicht ohne Beispiel ist es, dass man ein
Getöse ohne Erdbeben hört: so war es 1784 in Guajaquil
der Fall, und ich habe selbst viele Leute gesprochen, welche
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davon abzulegen wusten. Die Spanier nennen dies Getöse:
huelos subterraneos. Es lies sich zuerst ein ferner unterir-
discher Donner hören, der nach und nach stärker wurde:
er erreichte sein maximum, und nahm wieder ab, nachdem
das ganze 3 Monate gedauert. Merkwürdig ist es, dass
in den Bergwerken er nicht stärker wurde, man mochte auch
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Guanaxuato
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 182v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/368>, abgerufen am 24.11.2024.
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