keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der Erde in ihre Tiefe gebracht.
Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei- chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn, länger auf demselben Kontinente verweilen, so möchte dies zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst der Massen, einen Einflus auf das schnelles oder lang- same Vorrükken derselben habe.
Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan- titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe- matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek- zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus
keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der Erde in ihre Tiefe gebracht.
Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei- chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn, länger auf demselben Kontinente verweilen, so möchte dies zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst der Massen, einen Einflus auf das schnelles oder lang- same Vorrükken derselben habe.
Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan- titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe- matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek- zion des Amazonenstromes nach Abszissen und Ordinaten zu machen, die man einer ganz genauen Berechnung unterwerfen könte: man würde aber durchaus keinen Schlus
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[168v/0340]
keine physische Erklärung: die Schwierigkeit wird dadurch
nicht gehoben, sondern gleichsam nur von der Oberfläche der
Erde in ihre Tiefe gebracht.
Bedenkt man aber wiederum, dass die Linien ohne Abwei-
chung, wenn sie vom Meere auf den Kontinent übergehn,
länger auf dem Kontinente verweilen, so möchte dies
zu der Vermuthung Anlas geben, dass die Dichtigkeit selbst
der Massen, einen Einflus auf das schnelle oder lang-
same Vorrükken derselben habe.
Wir müssen uns gestehn, dass wir bis jezt keine Einsicht
in den physischen Kausalzusammenhang der magnetischen
Erscheinungen haben, weil wir die Grundursach derselben
noch nicht haben auffinden können. Wo von etwas quan-
titativ-veränderlichen die Rede ist, da kann die Mathe-
matik angewendet werden, bei allem andern aber ist sie
von keinem Nuzen. So wäre es z. B. sehr leicht, eine Projek-
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 168v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/340>, abgerufen am 24.11.2024.
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