Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].am Anfange des Stückes der aufgeblasene Sänger ganz ruhig mit seinem Maaßstocke das Zimmer durchschritt, so erhob sich das heftigste Trommeln. Wie ein römischer Imperator wendete Fischer sich um, stemmte den Arm in die Seite, und schien mit verächtlicher Miene dem Sturme trotzen zu wollen. Nun ward der Lärm erst arg! Abbitten, abbitten! erscholl es von allen Seiten, der Vorhang fiel und wir gingen höchst misvergnügt nach Hause. Da Fischer sich zu keiner Abbitte entschließen wollte, so erhielt er seinen Abschied und reiste in Deutschland umher. Sein alter Vater, der viel in den Bierkneipen verkehrte, sagte nach diesem Skandal: daß mein Sohn ein grober Flegel ist, habe ich ihm schon oft gesagt, daß er ein dummer Esel ist, habe ich ihm jetzt zum ersten Male gesagt. Mehrere Jahre später traf ich den jungen Fischer in München, und machte mit ihm eine Fahrt nach Schleisheim. Hier erzählte er mir, daß er in Paris einst vor dem Kaiser Napoleon I. gesungen, und von ihm das Kompliment erhalten habe: Votre voix est trop forte, elle est comme une orgue! Unter den dauerhaften Sängern verdient auch Wauer genannt zu werden, der als zweiter oder dritter Bassist lange Zeit zu den Inventarstücken der Berliner Oper gehörte. Der wenig edle Karakter seines Organes und seine allzugedrungene kurze Figur schlossen ihn von den ersten Rollen aus, aber seine Taktfestigkeit, seine gründliche musikalische Bildung, seine Bereitwilligkeit zur Uebemahme von allen passenden Rollen wurden höchlich gerühmt. Mit diesen und manchen geringeren Kräften war die Berliner Oper in den auf die Befreiungskriege folgenden Jahren auf das beste ausgestattet. Die Pracht in der Aufführung der Spontinischen Werke wurde von den Frem- am Anfange des Stückes der aufgeblasene Sänger ganz ruhig mit seinem Maaßstocke das Zimmer durchschritt, so erhob sich das heftigste Trommeln. Wie ein römischer Imperator wendete Fischer sich um, stemmte den Arm in die Seite, und schien mit verächtlicher Miene dem Sturme trotzen zu wollen. Nun ward der Lärm erst arg! Abbitten, abbitten! erscholl es von allen Seiten, der Vorhang fiel und wir gingen höchst misvergnügt nach Hause. Da Fischer sich zu keiner Abbitte entschließen wollte, so erhielt er seinen Abschied und reiste in Deutschland umher. Sein alter Vater, der viel in den Bierkneipen verkehrte, sagte nach diesem Skandal: daß mein Sohn ein grober Flegel ist, habe ich ihm schon oft gesagt, daß er ein dummer Esel ist, habe ich ihm jetzt zum ersten Male gesagt. Mehrere Jahre später traf ich den jungen Fischer in München, und machte mit ihm eine Fahrt nach Schleisheim. Hier erzählte er mir, daß er in Paris einst vor dem Kaiser Napoléon I. gesungen, und von ihm das Kompliment erhalten habe: Votre voix est trop forte, elle est comme une orgue! Unter den dauerhaften Sängern verdient auch Wauer genannt zu werden, der als zweiter oder dritter Bassist lange Zeit zu den Inventarstücken der Berliner Oper gehörte. Der wenig edle Karakter seines Organes und seine allzugedrungene kurze Figur schlossen ihn von den ersten Rollen aus, aber seine Taktfestigkeit, seine gründliche musikalische Bildung, seine Bereitwilligkeit zur Uebemahme von allen passenden Rollen wurden höchlich gerühmt. Mit diesen und manchen geringeren Kräften war die Berliner Oper in den auf die Befreiungskriege folgenden Jahren auf das beste ausgestattet. Die Pracht in der Aufführung der Spontinischen Werke wurde von den Frem- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="91"/> am Anfange des Stückes der aufgeblasene Sänger ganz ruhig mit seinem Maaßstocke das Zimmer durchschritt, so erhob sich das heftigste Trommeln. Wie ein römischer Imperator wendete Fischer sich um, stemmte den Arm in die Seite, und schien mit verächtlicher Miene dem Sturme trotzen zu wollen. Nun ward der Lärm erst arg! Abbitten, abbitten! erscholl es von allen Seiten, der Vorhang fiel und wir gingen höchst misvergnügt nach Hause. Da Fischer sich zu keiner Abbitte entschließen wollte, so erhielt er seinen Abschied und reiste in Deutschland umher. Sein alter Vater, der viel in den Bierkneipen verkehrte, sagte nach diesem Skandal: daß mein Sohn ein grober Flegel ist, habe ich ihm schon oft gesagt, daß er ein dummer Esel ist, habe ich ihm jetzt zum ersten Male gesagt. Mehrere Jahre später traf ich den jungen Fischer in München, und machte mit ihm eine Fahrt nach Schleisheim. 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am Anfange des Stückes der aufgeblasene Sänger ganz ruhig mit seinem Maaßstocke das Zimmer durchschritt, so erhob sich das heftigste Trommeln. Wie ein römischer Imperator wendete Fischer sich um, stemmte den Arm in die Seite, und schien mit verächtlicher Miene dem Sturme trotzen zu wollen. Nun ward der Lärm erst arg! Abbitten, abbitten! erscholl es von allen Seiten, der Vorhang fiel und wir gingen höchst misvergnügt nach Hause. Da Fischer sich zu keiner Abbitte entschließen wollte, so erhielt er seinen Abschied und reiste in Deutschland umher. Sein alter Vater, der viel in den Bierkneipen verkehrte, sagte nach diesem Skandal: daß mein Sohn ein grober Flegel ist, habe ich ihm schon oft gesagt, daß er ein dummer Esel ist, habe ich ihm jetzt zum ersten Male gesagt. Mehrere Jahre später traf ich den jungen Fischer in München, und machte mit ihm eine Fahrt nach Schleisheim. Hier erzählte er mir, daß er in Paris einst vor dem Kaiser Napoléon I. gesungen, und von ihm das Kompliment erhalten habe: Votre voix est trop forte, elle est comme une orgue!
Unter den dauerhaften Sängern verdient auch Wauer genannt zu werden, der als zweiter oder dritter Bassist lange Zeit zu den Inventarstücken der Berliner Oper gehörte. Der wenig edle Karakter seines Organes und seine allzugedrungene kurze Figur schlossen ihn von den ersten Rollen aus, aber seine Taktfestigkeit, seine gründliche musikalische Bildung, seine Bereitwilligkeit zur Uebemahme von allen passenden Rollen wurden höchlich gerühmt.
Mit diesen und manchen geringeren Kräften war die Berliner Oper in den auf die Befreiungskriege folgenden Jahren auf das beste ausgestattet. Die Pracht in der Aufführung der Spontinischen Werke wurde von den Frem-
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/99>, abgerufen am 05.07.2024. |