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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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schen Hofes war sie auf eine staunenswerthe Weise bewandert; ihr getreues Gedächtniß reichte bis zu geheimen Anekdoten hinauf, die sich in der galanten Umgebung Augusts des Starken sollten zugetragen haben.

Mit gerechtem Stolze und mit wehmüthiger Freude sprachen beide Aeltern von ihrem so früh dahingeschiedenen Sohne, dessen "Leyer und Schwert" nun schon durch alle deutschen Gaue sich verbreitete. Der Zweck ihrer jetzigen Reise war, seine Grabstätte bei Wobbelin in Meklenburg zu besuchen, und ihm ein einfaches Denkmal errichten zu lassen.

Doris Stock, die jüngere Schwester der Frau Körner, hatte früher durch Geist und Schönheit die bedeutendsten Männer angezogen; durch eine wunderbare Fügung des Schicksals gingen mehrere Verlobungen zurück, und sie beschloß nun, unvermählt zu bleiben. Ihre kleine zierliche Gestalt hatte sich mit den Jahren etwas zusammengeschoben, doch ihr heitres seelenvolles Auge, ihre süßklingende Stimme übten auf mich einen unbeschreiblichen Reiz. Die Schärfe des Urtheils, die man den sogenannten alten Jungfern vorzuwerfen pflegt, übte sie nur gegen ältere Leute, die es sich etwa einfallen ließen, mit ihr anzubinden, und dann sehr bald den kürzeren zogen. Gegen die Jugend war sie immer, bei dem vollen Bewußtsein ihrer geistigen Ueberlegenheit, von der harmlosesten Liebenswürdigkeit, ohne jemals in den widerwärtigen Ton einer sittenpredigenden Gouvernante zu fallen. Als Künstlerin im Pastellfach genoß sie in Dresden eines wohlverdienten Rufes; dabei war sie in der glücklichen Lage, ihr Talent niemals für ihren Unterhalt verwerthen zu dürfen. Ihre Pastellkopien nach vielen bedeutenden Bildern der Dresdner Gallerie

schen Hofes war sie auf eine staunenswerthe Weise bewandert; ihr getreues Gedächtniß reichte bis zu geheimen Anekdoten hinauf, die sich in der galanten Umgebung Augusts des Starken sollten zugetragen haben.

Mit gerechtem Stolze und mit wehmüthiger Freude sprachen beide Aeltern von ihrem so früh dahingeschiedenen Sohne, dessen „Leyer und Schwert“ nun schon durch alle deutschen Gaue sich verbreitete. Der Zweck ihrer jetzigen Reise war, seine Grabstätte bei Wobbelin in Meklenburg zu besuchen, und ihm ein einfaches Denkmal errichten zu lassen.

Doris Stock, die jüngere Schwester der Frau Körner, hatte früher durch Geist und Schönheit die bedeutendsten Männer angezogen; durch eine wunderbare Fügung des Schicksals gingen mehrere Verlobungen zurück, und sie beschloß nun, unvermählt zu bleiben. Ihre kleine zierliche Gestalt hatte sich mit den Jahren etwas zusammengeschoben, doch ihr heitres seelenvolles Auge, ihre süßklingende Stimme übten auf mich einen unbeschreiblichen Reiz. Die Schärfe des Urtheils, die man den sogenannten alten Jungfern vorzuwerfen pflegt, übte sie nur gegen ältere Leute, die es sich etwa einfallen ließen, mit ihr anzubinden, und dann sehr bald den kürzeren zogen. Gegen die Jugend war sie immer, bei dem vollen Bewußtsein ihrer geistigen Ueberlegenheit, von der harmlosesten Liebenswürdigkeit, ohne jemals in den widerwärtigen Ton einer sittenpredigenden Gouvernante zu fallen. Als Künstlerin im Pastellfach genoß sie in Dresden eines wohlverdienten Rufes; dabei war sie in der glücklichen Lage, ihr Talent niemals für ihren Unterhalt verwerthen zu dürfen. Ihre Pastellkopien nach vielen bedeutenden Bildern der Dresdner Gallerie

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[48/0056] schen Hofes war sie auf eine staunenswerthe Weise bewandert; ihr getreues Gedächtniß reichte bis zu geheimen Anekdoten hinauf, die sich in der galanten Umgebung Augusts des Starken sollten zugetragen haben. Mit gerechtem Stolze und mit wehmüthiger Freude sprachen beide Aeltern von ihrem so früh dahingeschiedenen Sohne, dessen „Leyer und Schwert“ nun schon durch alle deutschen Gaue sich verbreitete. Der Zweck ihrer jetzigen Reise war, seine Grabstätte bei Wobbelin in Meklenburg zu besuchen, und ihm ein einfaches Denkmal errichten zu lassen. Doris Stock, die jüngere Schwester der Frau Körner, hatte früher durch Geist und Schönheit die bedeutendsten Männer angezogen; durch eine wunderbare Fügung des Schicksals gingen mehrere Verlobungen zurück, und sie beschloß nun, unvermählt zu bleiben. Ihre kleine zierliche Gestalt hatte sich mit den Jahren etwas zusammengeschoben, doch ihr heitres seelenvolles Auge, ihre süßklingende Stimme übten auf mich einen unbeschreiblichen Reiz. Die Schärfe des Urtheils, die man den sogenannten alten Jungfern vorzuwerfen pflegt, übte sie nur gegen ältere Leute, die es sich etwa einfallen ließen, mit ihr anzubinden, und dann sehr bald den kürzeren zogen. Gegen die Jugend war sie immer, bei dem vollen Bewußtsein ihrer geistigen Ueberlegenheit, von der harmlosesten Liebenswürdigkeit, ohne jemals in den widerwärtigen Ton einer sittenpredigenden Gouvernante zu fallen. Als Künstlerin im Pastellfach genoß sie in Dresden eines wohlverdienten Rufes; dabei war sie in der glücklichen Lage, ihr Talent niemals für ihren Unterhalt verwerthen zu dürfen. Ihre Pastellkopien nach vielen bedeutenden Bildern der Dresdner Gallerie

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/56>, abgerufen am 26.11.2024.