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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Correggio gilt für das vollendetste und besterhaltene Werk seiner mythologischen Darstellungen. Die Krönung Mariä von Fiesole ist durch Schlegels Beschreibung hinlänglich gewürdigt. Vor der großen Hochzeit zu Kana von Paolo Veronese wird jeder Beschauer in eine heitre lebensfrohe Stimmung versetzt werden. Von Claude le Lorrain sieht man einige schöne Landschaften, doch keine, die sich mit den dresdner oder römischen Bildern messen könnte.

Die Armuth an guten Niederländern hat zum Theil ihren Grund in dem einseitigen Geschmacke Ludwigs XIV. Otez-moi ces magots-la! sagte er, als man ihm ein schönes Bild von Teniers zum Kaufe anbot.

Die spanische Schule, welche später unter Louis Philippe so bedeutend anwuchs, war damals fast allein durch ein paar schmutzige Betteljungen von Murillo vertreten.

Für die ältere französische Schule von Lesueur, Lebrun, Jouvenet, Watteau u. a. habe ich mich nie recht erwärmen können; die neuere französische Schule von David, Gros, Gerard u. a. war zu meiner Zeit im Palaste des Luxembourg angestellt, und enthielt viele vorzügliche Bilder. Von David, dem Begründer der neuen Schule, sah man den Leonidas, die Sabinerinnen, Brutus mit seinen Söhnen etc., die von der jüngeren Generation der französischen Maler die höchste Verehrung erfuhren. David lebte damals als verbannter Regicide in Brüssel. Man hörte von ihm manche Züge eines heftigen, entschiedenen, durch und durch revolutionären Geistes. In der Schreckenszeit nahm er an einem Straßenkampfe persönlich Theil, und erhielt dabei einen Kolbenstoß ins Gesicht, von dem er zeitlebens eine dicke Geschwulst am Munde behielt.

Correggio gilt für das vollendetste und besterhaltene Werk seiner mythologischen Darstellungen. Die Krönung Mariä von Fiesole ist durch Schlegels Beschreibung hinlänglich gewürdigt. Vor der großen Hochzeit zu Kana von Paolo Veronese wird jeder Beschauer in eine heitre lebensfrohe Stimmung versetzt werden. Von Claude le Lorrain sieht man einige schöne Landschaften, doch keine, die sich mit den dresdner oder römischen Bildern messen könnte.

Die Armuth an guten Niederländern hat zum Theil ihren Grund in dem einseitigen Geschmacke Ludwigs XIV. Otez-moi ces magôts-là! sagte er, als man ihm ein schönes Bild von Teniers zum Kaufe anbot.

Die spanische Schule, welche später unter Louis Philippe so bedeutend anwuchs, war damals fast allein durch ein paar schmutzige Betteljungen von Murillo vertreten.

Für die ältere französische Schule von Lesueur, Lebrun, Jouvenet, Watteau u. a. habe ich mich nie recht erwärmen können; die neuere französische Schule von David, Gros, Gérard u. a. war zu meiner Zeit im Palaste des Luxembourg angestellt, und enthielt viele vorzügliche Bilder. Von David, dem Begründer der neuen Schule, sah man den Leonidas, die Sabinerinnen, Brutus mit seinen Söhnen etc., die von der jüngeren Generation der französischen Maler die höchste Verehrung erfuhren. David lebte damals als verbannter Régicide in Brüssel. Man hörte von ihm manche Züge eines heftigen, entschiedenen, durch und durch revolutionären Geistes. In der Schreckenszeit nahm er an einem Straßenkampfe persönlich Theil, und erhielt dabei einen Kolbenstoß ins Gesicht, von dem er zeitlebens eine dicke Geschwulst am Munde behielt.

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Correggio gilt für das vollendetste und besterhaltene Werk seiner mythologischen Darstellungen. Die Krönung Mariä von Fiesole ist durch Schlegels Beschreibung hinlänglich gewürdigt. Vor der großen Hochzeit zu Kana von Paolo Veronese wird jeder Beschauer in eine heitre lebensfrohe Stimmung versetzt werden. Von Claude le Lorrain sieht man einige schöne Landschaften, doch keine, die sich mit den dresdner oder römischen Bildern messen könnte. </p><lb/>
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[469/0477] Correggio gilt für das vollendetste und besterhaltene Werk seiner mythologischen Darstellungen. Die Krönung Mariä von Fiesole ist durch Schlegels Beschreibung hinlänglich gewürdigt. Vor der großen Hochzeit zu Kana von Paolo Veronese wird jeder Beschauer in eine heitre lebensfrohe Stimmung versetzt werden. Von Claude le Lorrain sieht man einige schöne Landschaften, doch keine, die sich mit den dresdner oder römischen Bildern messen könnte. Die Armuth an guten Niederländern hat zum Theil ihren Grund in dem einseitigen Geschmacke Ludwigs XIV. Otez-moi ces magôts-là! sagte er, als man ihm ein schönes Bild von Teniers zum Kaufe anbot. Die spanische Schule, welche später unter Louis Philippe so bedeutend anwuchs, war damals fast allein durch ein paar schmutzige Betteljungen von Murillo vertreten. Für die ältere französische Schule von Lesueur, Lebrun, Jouvenet, Watteau u. a. habe ich mich nie recht erwärmen können; die neuere französische Schule von David, Gros, Gérard u. a. war zu meiner Zeit im Palaste des Luxembourg angestellt, und enthielt viele vorzügliche Bilder. Von David, dem Begründer der neuen Schule, sah man den Leonidas, die Sabinerinnen, Brutus mit seinen Söhnen etc., die von der jüngeren Generation der französischen Maler die höchste Verehrung erfuhren. David lebte damals als verbannter Régicide in Brüssel. Man hörte von ihm manche Züge eines heftigen, entschiedenen, durch und durch revolutionären Geistes. In der Schreckenszeit nahm er an einem Straßenkampfe persönlich Theil, und erhielt dabei einen Kolbenstoß ins Gesicht, von dem er zeitlebens eine dicke Geschwulst am Munde behielt.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/477>, abgerufen am 23.06.2024.