Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Dort an der Ecke sehn Sie meinen intimen Freund Gay-Lussac, dem die Physik eben so viel verdankt als die Chemie. Nur durch einen Zufall wurde ich im Jahre 1804 abgehalten, mit ihm zusammen jenen Luftballon zu besteigen, der die bis jetzt bekannte gröste Höhe über der Erde erreichte. Jenes ehrwürdige, klassisch gebildete weiße Haupt gehört dem großen Laplace, der in seiner Mecanique celeste noch über Newton hinausging, insofern dies möglich ist. Bemerken Sie jenen Mann mit dem geistreichen Blicke. Es ist der Begleiter des ersten Konsuls nach Aegypten, Herr Fourier, eben jetzt mit tiefsinnigen Untersuchungen über die Wärme beschäftigt." Von anderen Mitgliedern sind mir nur die Namen erinnerlich geblieben: Arago, Berthollet, Biot, Thenard. Nachdem Delambre zuerst irgend eine Abhandlung mit großer Lebhaftigkeit und mit vielen in den Text eingestreuten Bemerkungen gelesen, von der ich jedoch nur wenig verstehn konnte, legte Humboldt sein Memoire über Cuba vor und breitete auf dem grünen Tische eine specielle Karte der Insel aus, "basee sur un grand nombre d'observations astronomiques et de mesures de hauteurs des montagnes." Von dem sehr umfangreichen Memoire las er nur einen kleinen die physische Beschaffenheit betreffenden Theil. Die Verehrung, welche von allen anwesenden Akademikern dem Humboldt entgegen getragen wurde, war keine geheuchelte; man erkannte ohne Mühe, daß hinter dem Flitter der französischen Komplimente eine wahrhafte Hochachtung Platz finde. Dort an der Ecke sehn Sie meinen intimen Freund Gay-Lussac, dem die Physik eben so viel verdankt als die Chemie. Nur durch einen Zufall wurde ich im Jahre 1804 abgehalten, mit ihm zusammen jenen Luftballon zu besteigen, der die bis jetzt bekannte gröste Höhe über der Erde erreichte. Jenes ehrwürdige, klassisch gebildete weiße Haupt gehört dem großen Laplace, der in seiner Mécanique céleste noch über Newton hinausging, insofern dies möglich ist. Bemerken Sie jenen Mann mit dem geistreichen Blicke. Es ist der Begleiter des ersten Konsuls nach Aegypten, Herr Fourier, eben jetzt mit tiefsinnigen Untersuchungen über die Wärme beschäftigt.“ Von anderen Mitgliedern sind mir nur die Namen erinnerlich geblieben: Arago, Berthollet, Biot, Thénard. Nachdem Delambre zuerst irgend eine Abhandlung mit großer Lebhaftigkeit und mit vielen in den Text eingestreuten Bemerkungen gelesen, von der ich jedoch nur wenig verstehn konnte, legte Humboldt sein Memoire über Cuba vor und breitete auf dem grünen Tische eine specielle Karte der Insel aus, „basée sur un grand nombre d’observations astronomiques et de mesures de hauteurs des montagnes.“ Von dem sehr umfangreichen Memoire las er nur einen kleinen die physische Beschaffenheit betreffenden Theil. Die Verehrung, welche von allen anwesenden Akademikern dem Humboldt entgegen getragen wurde, war keine geheuchelte; man erkannte ohne Mühe, daß hinter dem Flitter der französischen Komplimente eine wahrhafte Hochachtung Platz finde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0442" n="434"/> </p><lb/> <p>Dort an der Ecke sehn Sie meinen intimen Freund Gay-Lussac, dem die Physik eben so viel verdankt als die Chemie. Nur durch einen Zufall wurde ich im Jahre 1804 abgehalten, mit ihm zusammen jenen Luftballon zu besteigen, der die bis jetzt bekannte gröste Höhe über der Erde erreichte. </p><lb/> <p>Jenes ehrwürdige, klassisch gebildete weiße Haupt gehört dem großen Laplace, der in seiner Mécanique céleste noch über Newton hinausging, insofern dies möglich ist. </p><lb/> <p>Bemerken Sie jenen Mann mit dem geistreichen Blicke. Es ist der Begleiter des ersten Konsuls nach Aegypten, Herr Fourier, eben jetzt mit tiefsinnigen Untersuchungen über die Wärme beschäftigt.“ </p><lb/> <p>Von anderen Mitgliedern sind mir nur die Namen erinnerlich geblieben: Arago, Berthollet, Biot, Thénard. </p><lb/> <p>Nachdem Delambre zuerst irgend eine Abhandlung mit großer Lebhaftigkeit und mit vielen in den Text eingestreuten Bemerkungen gelesen, von der ich jedoch nur wenig verstehn konnte, legte Humboldt sein Memoire über Cuba vor und breitete auf dem grünen Tische eine specielle Karte der Insel aus, „basée sur un grand nombre d’observations astronomiques et de mesures de hauteurs des montagnes.“ Von dem sehr umfangreichen Memoire las er nur einen kleinen die physische Beschaffenheit betreffenden Theil. </p><lb/> <p>Die Verehrung, welche von allen anwesenden Akademikern dem Humboldt entgegen getragen wurde, war keine geheuchelte; man erkannte ohne Mühe, daß hinter dem Flitter der französischen Komplimente eine wahrhafte Hochachtung Platz finde. </p> </div> </body> </text> </TEI> [434/0442]
Dort an der Ecke sehn Sie meinen intimen Freund Gay-Lussac, dem die Physik eben so viel verdankt als die Chemie. Nur durch einen Zufall wurde ich im Jahre 1804 abgehalten, mit ihm zusammen jenen Luftballon zu besteigen, der die bis jetzt bekannte gröste Höhe über der Erde erreichte.
Jenes ehrwürdige, klassisch gebildete weiße Haupt gehört dem großen Laplace, der in seiner Mécanique céleste noch über Newton hinausging, insofern dies möglich ist.
Bemerken Sie jenen Mann mit dem geistreichen Blicke. Es ist der Begleiter des ersten Konsuls nach Aegypten, Herr Fourier, eben jetzt mit tiefsinnigen Untersuchungen über die Wärme beschäftigt.“
Von anderen Mitgliedern sind mir nur die Namen erinnerlich geblieben: Arago, Berthollet, Biot, Thénard.
Nachdem Delambre zuerst irgend eine Abhandlung mit großer Lebhaftigkeit und mit vielen in den Text eingestreuten Bemerkungen gelesen, von der ich jedoch nur wenig verstehn konnte, legte Humboldt sein Memoire über Cuba vor und breitete auf dem grünen Tische eine specielle Karte der Insel aus, „basée sur un grand nombre d’observations astronomiques et de mesures de hauteurs des montagnes.“ Von dem sehr umfangreichen Memoire las er nur einen kleinen die physische Beschaffenheit betreffenden Theil.
Die Verehrung, welche von allen anwesenden Akademikern dem Humboldt entgegen getragen wurde, war keine geheuchelte; man erkannte ohne Mühe, daß hinter dem Flitter der französischen Komplimente eine wahrhafte Hochachtung Platz finde.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/442>, abgerufen am 16.07.2024. |