Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

meisterhafter Leitung veranstalteten Aufführungen gedenke ich mit der grösten Befriedigung.

Von den Zuhörern und sonstigen Besuchern nenne ich den Pathen Göckingk, den Staatsrath von Klüber, den so eben an die berliner Universität berufenen Geographen Karl Ritter, den Philosophen Hegel, den Maler Wilhelm Schadow, den Bildhauer Rauch mit seiner schönen Tochter, den Hofrath Meyer aus Weimar, Göthes genauen Freund und Kunstbeirath.

Nach der Aufführung des Don Juan bekundete Hegel in seiner unbeholfenen Sprache eine so warme Vorliebe für diese Musik, daß Klein, der ihn schon in Heidelberg gekannt, nachher zu uns sagte: jetzt bin ich dem stotternden Philosophen erst recht gut geworden!



Auf der Rückreise von Berlin nach Löbichau verweilte ich einen Tag in Leipzig, um einige mir befreundete Studenten zu besuchen. An unserm Mittagstische in Auerbachs Keller fanden sich mehrere Mediziner zusammen, denen der nahe bevorstehende Tod des Fürsten von Schwarzenberg viel zu reden gab. Wir erfuhren, nach den Feldzügen von 1813-1815, in denen man mehrfach seine strategische Begabung bezweifelte, aber seinem versöhnlichen Karakter volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, habe der Fürst seine Stelle als Generalissimus niedergelegt und sei Präsident des wiener Hofkriegesrathes geworden. Man wunderte sich allgemein, daß der starke wohlbeleibte Mann, der schon früher apoplektische Zufälle gehabt, und dabei geistige Getränke über alles liebte, sich nach Leipzig in die Kur des Doctor Hahnemann begeben, dessen homöo-

meisterhafter Leitung veranstalteten Aufführungen gedenke ich mit der grösten Befriedigung.

Von den Zuhörern und sonstigen Besuchern nenne ich den Pathen Göckingk, den Staatsrath von Klüber, den so eben an die berliner Universität berufenen Geographen Karl Ritter, den Philosophen Hegel, den Maler Wilhelm Schadow, den Bildhauer Rauch mit seiner schönen Tochter, den Hofrath Meyer aus Weimar, Göthes genauen Freund und Kunstbeirath.

Nach der Aufführung des Don Juan bekundete Hegel in seiner unbeholfenen Sprache eine so warme Vorliebe für diese Musik, daß Klein, der ihn schon in Heidelberg gekannt, nachher zu uns sagte: jetzt bin ich dem stotternden Philosophen erst recht gut geworden!



Auf der Rückreise von Berlin nach Löbichau verweilte ich einen Tag in Leipzig, um einige mir befreundete Studenten zu besuchen. An unserm Mittagstische in Auerbachs Keller fanden sich mehrere Mediziner zusammen, denen der nahe bevorstehende Tod des Fürsten von Schwarzenberg viel zu reden gab. Wir erfuhren, nach den Feldzügen von 1813–1815, in denen man mehrfach seine strategische Begabung bezweifelte, aber seinem versöhnlichen Karakter volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, habe der Fürst seine Stelle als Generalissimus niedergelegt und sei Präsident des wiener Hofkriegesrathes geworden. Man wunderte sich allgemein, daß der starke wohlbeleibte Mann, der schon früher apoplektische Zufälle gehabt, und dabei geistige Getränke über alles liebte, sich nach Leipzig in die Kur des Doctor Hahnemann begeben, dessen homöo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0414" n="406"/>
meisterhafter Leitung veranstalteten Aufführungen gedenke ich mit der grösten Befriedigung. </p><lb/>
        <p>Von den Zuhörern und sonstigen Besuchern nenne ich den Pathen Göckingk, den Staatsrath von Klüber, den so eben an die berliner Universität berufenen Geographen Karl Ritter, den Philosophen Hegel, den Maler Wilhelm Schadow, den Bildhauer Rauch mit seiner schönen Tochter, den Hofrath Meyer aus Weimar, Göthes genauen Freund und Kunstbeirath. </p><lb/>
        <p>Nach der Aufführung des Don Juan bekundete Hegel in seiner unbeholfenen Sprache eine so warme Vorliebe für diese Musik, daß Klein, der ihn schon in Heidelberg gekannt, nachher zu uns sagte: jetzt bin ich dem stotternden Philosophen erst recht gut geworden! </p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Auf der Rückreise von Berlin nach Löbichau verweilte ich einen Tag in Leipzig, um einige mir befreundete Studenten zu besuchen. An unserm Mittagstische in Auerbachs Keller fanden sich mehrere Mediziner zusammen, denen der nahe bevorstehende Tod des Fürsten von Schwarzenberg viel zu reden gab. Wir erfuhren, nach den Feldzügen von 1813&#x2013;1815, in denen man mehrfach seine strategische Begabung bezweifelte, aber seinem versöhnlichen Karakter volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, habe der Fürst seine Stelle als Generalissimus niedergelegt und sei Präsident des wiener Hofkriegesrathes geworden. Man wunderte sich allgemein, daß der starke wohlbeleibte Mann, der schon früher apoplektische Zufälle gehabt, und dabei geistige Getränke über alles liebte, sich nach Leipzig in die Kur des Doctor Hahnemann begeben, dessen homöo-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0414] meisterhafter Leitung veranstalteten Aufführungen gedenke ich mit der grösten Befriedigung. Von den Zuhörern und sonstigen Besuchern nenne ich den Pathen Göckingk, den Staatsrath von Klüber, den so eben an die berliner Universität berufenen Geographen Karl Ritter, den Philosophen Hegel, den Maler Wilhelm Schadow, den Bildhauer Rauch mit seiner schönen Tochter, den Hofrath Meyer aus Weimar, Göthes genauen Freund und Kunstbeirath. Nach der Aufführung des Don Juan bekundete Hegel in seiner unbeholfenen Sprache eine so warme Vorliebe für diese Musik, daß Klein, der ihn schon in Heidelberg gekannt, nachher zu uns sagte: jetzt bin ich dem stotternden Philosophen erst recht gut geworden! Auf der Rückreise von Berlin nach Löbichau verweilte ich einen Tag in Leipzig, um einige mir befreundete Studenten zu besuchen. An unserm Mittagstische in Auerbachs Keller fanden sich mehrere Mediziner zusammen, denen der nahe bevorstehende Tod des Fürsten von Schwarzenberg viel zu reden gab. Wir erfuhren, nach den Feldzügen von 1813–1815, in denen man mehrfach seine strategische Begabung bezweifelte, aber seinem versöhnlichen Karakter volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, habe der Fürst seine Stelle als Generalissimus niedergelegt und sei Präsident des wiener Hofkriegesrathes geworden. Man wunderte sich allgemein, daß der starke wohlbeleibte Mann, der schon früher apoplektische Zufälle gehabt, und dabei geistige Getränke über alles liebte, sich nach Leipzig in die Kur des Doctor Hahnemann begeben, dessen homöo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/414
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/414>, abgerufen am 24.11.2024.