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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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als wenn sie ihr morgen klagt: Parthey ist leider erst gestern abgereist. Eben so kannst du dir merken, daß es für ein Musikstück das gröste Lob ist, wenn man am Schlusse die Worte hört: schon aus? und der gröste Tadel, wenn es heißt: das wollte ja gar kein Ende nehmen!" Einen ähnlichen, freilich nur äußeren Maasstab für die Trefflichkeit einer Musik hatte mir früher schon Klein gegeben.

So schieden wir denn zur vorgesetzten Zeit von dem gastlichen Löbichau, und waren am 22. Sept 1820 in Berlin. Alle Verwandte und Freunde überraschte ich durch meine Ankunft, denn ich hatte nichts davon gemeldet.

Wir genossen der schönen Herbsttage im großen Garten, wo wir den Grosvater Eichmann in guter Gesundheit und in bester Laune antrafen. Er hatte es kein Hehl, daß "der Herr Doctor als Enkel oder der Herr Enkel als Doctor" ihm sehr willkommen sei. Täglich wanderte ich mit meinem Vater oder allein nach der Brüderstraße. Wurde es mir Abends dort zu spät, und mußte ich in der Stadt übernachten, so freute sich die alte Luise, für alle meine Bedürfnisse sorgen zu können.

Mein erster Gang in der Stadt war nach der Buchhandlung, wo der liebe Johannes Ritter nach der herzlichsten Begrüßung mir ein elegant gebundenes Exemplar des deutschen Millin überreichte. Meine Freude war eben so groß als meine Ueberraschung: denn ich hatte wohl mit Ernst und Eifer an der Uebersetzung gearbeitet, aber nach der Vollendung sie mir sehr bald aus dem Sinne geschlagen und kaum an den Druck gedacht. Es war mir ein eigenthümliches Gefühl, das Resultat so mancher Woche nun in sauberer Ausstattung vor mir zu sehn. Professor

als wenn sie ihr morgen klagt: Parthey ist leider erst gestern abgereist. Eben so kannst du dir merken, daß es für ein Musikstück das gröste Lob ist, wenn man am Schlusse die Worte hört: schon aus? und der gröste Tadel, wenn es heißt: das wollte ja gar kein Ende nehmen!“ Einen ähnlichen, freilich nur äußeren Maasstab für die Trefflichkeit einer Musik hatte mir früher schon Klein gegeben.

So schieden wir denn zur vorgesetzten Zeit von dem gastlichen Löbichau, und waren am 22. Sept 1820 in Berlin. Alle Verwandte und Freunde überraschte ich durch meine Ankunft, denn ich hatte nichts davon gemeldet.

Wir genossen der schönen Herbsttage im großen Garten, wo wir den Grosvater Eichmann in guter Gesundheit und in bester Laune antrafen. Er hatte es kein Hehl, daß „der Herr Doctor als Enkel oder der Herr Enkel als Doctor“ ihm sehr willkommen sei. Täglich wanderte ich mit meinem Vater oder allein nach der Brüderstraße. Wurde es mir Abends dort zu spät, und mußte ich in der Stadt übernachten, so freute sich die alte Luise, für alle meine Bedürfnisse sorgen zu können.

Mein erster Gang in der Stadt war nach der Buchhandlung, wo der liebe Johannes Ritter nach der herzlichsten Begrüßung mir ein elegant gebundenes Exemplar des deutschen Millin überreichte. Meine Freude war eben so groß als meine Ueberraschung: denn ich hatte wohl mit Ernst und Eifer an der Uebersetzung gearbeitet, aber nach der Vollendung sie mir sehr bald aus dem Sinne geschlagen und kaum an den Druck gedacht. Es war mir ein eigenthümliches Gefühl, das Resultat so mancher Woche nun in sauberer Ausstattung vor mir zu sehn. Professor

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[400/0408] als wenn sie ihr morgen klagt: Parthey ist leider erst gestern abgereist. Eben so kannst du dir merken, daß es für ein Musikstück das gröste Lob ist, wenn man am Schlusse die Worte hört: schon aus? und der gröste Tadel, wenn es heißt: das wollte ja gar kein Ende nehmen!“ Einen ähnlichen, freilich nur äußeren Maasstab für die Trefflichkeit einer Musik hatte mir früher schon Klein gegeben. So schieden wir denn zur vorgesetzten Zeit von dem gastlichen Löbichau, und waren am 22. Sept 1820 in Berlin. Alle Verwandte und Freunde überraschte ich durch meine Ankunft, denn ich hatte nichts davon gemeldet. Wir genossen der schönen Herbsttage im großen Garten, wo wir den Grosvater Eichmann in guter Gesundheit und in bester Laune antrafen. Er hatte es kein Hehl, daß „der Herr Doctor als Enkel oder der Herr Enkel als Doctor“ ihm sehr willkommen sei. Täglich wanderte ich mit meinem Vater oder allein nach der Brüderstraße. Wurde es mir Abends dort zu spät, und mußte ich in der Stadt übernachten, so freute sich die alte Luise, für alle meine Bedürfnisse sorgen zu können. Mein erster Gang in der Stadt war nach der Buchhandlung, wo der liebe Johannes Ritter nach der herzlichsten Begrüßung mir ein elegant gebundenes Exemplar des deutschen Millin überreichte. Meine Freude war eben so groß als meine Ueberraschung: denn ich hatte wohl mit Ernst und Eifer an der Uebersetzung gearbeitet, aber nach der Vollendung sie mir sehr bald aus dem Sinne geschlagen und kaum an den Druck gedacht. Es war mir ein eigenthümliches Gefühl, das Resultat so mancher Woche nun in sauberer Ausstattung vor mir zu sehn. Professor

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/408>, abgerufen am 24.11.2024.