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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Bähr die Yburg, die wir nun bald erreichten. Die Ueberreste von Mauern - ob römisch, ob mittelalterlich? - boten wenig Interesse; die Aussicht war schön, aber lange nicht so eigenthümlich, als die so eben in absoluter Waldeinsamkeit angetroffene. Auf dem Rückwege durch das dichte Gehölz verirrten wir uns von neuem, trafen aber glücklicher Weise einen einsamen Bauernhof. Die freundliehe Wirtin, deren schwarzwalder Gebirgsdialekt Bähr allein verstand, brachte ein herrliches Frühstück von Erdbeeren, Kirschen, Brodt und Milch. Der Weg war nun nicht mehr zu verfehlen, und rechtzeitig zur table d'hote langten wir wieder in Baden an.

Bei solchen unbedeutenden Begebnissen verweile ich mit Vorliebe, weil sie mir noch jetzt deutlich vor Augen stehn, und mir die Seelenstimmung jener Tage auf das lebhafteste zurückrufen.



Mein Vater hatte mir geschrieben, er werde in der Mitte des August mit der ganzen Familie nach Heidelberg kommen, daher meldeten wir uns gleich nach der Rückkehr von Baden zum Examen, um meinen Aeltern eine Ueberraschung zu bereiten. Die karg zugemessene Zeit benutzten wir zur Ausfüllung einiger Lücken. Dennoch konnte ich der Versuchung des italiänischen nicht wiederstehn, und las in diesen Wochen mit dem Studiosus Harnier aus Frankfurt a. M. (später Schöff und Senator) ein Stück von Goldoni. Er wohnte am Neckar, dicht beim Brückenthor; der kleine Hausgarten mit entzückender Aussicht auf Fluß, Berg und duftige Ferne bot unseren Studien an einigen heißen Nachmittagen eine dichte Weinlaube mit tiefher-

Bähr die Yburg, die wir nun bald erreichten. Die Ueberreste von Mauern – ob römisch, ob mittelalterlich? – boten wenig Interesse; die Aussicht war schön, aber lange nicht so eigenthümlich, als die so eben in absoluter Waldeinsamkeit angetroffene. Auf dem Rückwege durch das dichte Gehölz verirrten wir uns von neuem, trafen aber glücklicher Weise einen einsamen Bauernhof. Die freundliehe Wirtin, deren schwarzwalder Gebirgsdialekt Bähr allein verstand, brachte ein herrliches Frühstück von Erdbeeren, Kirschen, Brodt und Milch. Der Weg war nun nicht mehr zu verfehlen, und rechtzeitig zur table d’hôte langten wir wieder in Baden an.

Bei solchen unbedeutenden Begebnissen verweile ich mit Vorliebe, weil sie mir noch jetzt deutlich vor Augen stehn, und mir die Seelenstimmung jener Tage auf das lebhafteste zurückrufen.



Mein Vater hatte mir geschrieben, er werde in der Mitte des August mit der ganzen Familie nach Heidelberg kommen, daher meldeten wir uns gleich nach der Rückkehr von Baden zum Examen, um meinen Aeltern eine Ueberraschung zu bereiten. Die karg zugemessene Zeit benutzten wir zur Ausfüllung einiger Lücken. Dennoch konnte ich der Versuchung des italiänischen nicht wiederstehn, und las in diesen Wochen mit dem Studiosus Harnier aus Frankfurt a. M. (später Schöff und Senator) ein Stück von Goldoni. Er wohnte am Neckar, dicht beim Brückenthor; der kleine Hausgarten mit entzückender Aussicht auf Fluß, Berg und duftige Ferne bot unseren Studien an einigen heißen Nachmittagen eine dichte Weinlaube mit tiefher-

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[383/0391] Bähr die Yburg, die wir nun bald erreichten. Die Ueberreste von Mauern – ob römisch, ob mittelalterlich? – boten wenig Interesse; die Aussicht war schön, aber lange nicht so eigenthümlich, als die so eben in absoluter Waldeinsamkeit angetroffene. Auf dem Rückwege durch das dichte Gehölz verirrten wir uns von neuem, trafen aber glücklicher Weise einen einsamen Bauernhof. Die freundliehe Wirtin, deren schwarzwalder Gebirgsdialekt Bähr allein verstand, brachte ein herrliches Frühstück von Erdbeeren, Kirschen, Brodt und Milch. Der Weg war nun nicht mehr zu verfehlen, und rechtzeitig zur table d’hôte langten wir wieder in Baden an. Bei solchen unbedeutenden Begebnissen verweile ich mit Vorliebe, weil sie mir noch jetzt deutlich vor Augen stehn, und mir die Seelenstimmung jener Tage auf das lebhafteste zurückrufen. Mein Vater hatte mir geschrieben, er werde in der Mitte des August mit der ganzen Familie nach Heidelberg kommen, daher meldeten wir uns gleich nach der Rückkehr von Baden zum Examen, um meinen Aeltern eine Ueberraschung zu bereiten. Die karg zugemessene Zeit benutzten wir zur Ausfüllung einiger Lücken. Dennoch konnte ich der Versuchung des italiänischen nicht wiederstehn, und las in diesen Wochen mit dem Studiosus Harnier aus Frankfurt a. M. (später Schöff und Senator) ein Stück von Goldoni. Er wohnte am Neckar, dicht beim Brückenthor; der kleine Hausgarten mit entzückender Aussicht auf Fluß, Berg und duftige Ferne bot unseren Studien an einigen heißen Nachmittagen eine dichte Weinlaube mit tiefher-

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/391>, abgerufen am 24.11.2024.