Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].durch den Bierkreuzer gedeckt wurden, indem jede Maaß Bier einen halben Kreuzer Steuer zahlte. Baiern hatte beinahe 5 Millionen Einwohner, folglich kamen auf jeden Einwohner jährlich 120 Maaß Bier. Diese waren zum größeren Theile den südlichen altbairischen Provinzen in Rechnung zu stellen; der fränkische Norden verbrauchte mehr Wein. Seit jener Zeit ist die bairische Staatschuld, aber ohne Zweifel auch der Ertrag des Bierkreuzers gestiegen, da der Norden von Baiern sich fast ganz dem Biere zugewendet. Die Preise mancher Gegenstände fanden wir in München äußerst billig. In unserm Speisehause aßen wir sehr reichlich jeder für 20 Kreuzer, und erhielten dazu für 2 Kreuzer Bier, so daß wir beide unsern täglichen Mittagstisch mit 44 Kreuzern bestritten. In einem Vorstadttheater kostete der Eintritt ins Parterre Einen Kreuzer. Paul bestand darauf, daß wir hineingingen, bloß um dies nach Berlin berichten zu können; wir fanden aber eine so dicke Bier- und Schweis-Atmosphäre, daß wir uns, ehe der Vorhang aufging, aus dem Staube machten, wobei ich noch Paul abhalten mußte, von dem Kassirer eine Kontremarke zu verlangen. Das Klima von München ist mit Recht wegen seiner schnellwechselnden Temperaturen verrufen; wir waren indessen vom Wetter begünstigt, hatten viele regenfreien sonnigen Tage, durchstreiften nach Herzenslust den Hofgarten und die Anlagen, in denen freilich kaum ein grünes Blättchen sich hervorwagte, und reisten am 22. April 1820 nach einem sehr treuherzigen und wortreichen Abschiede von der Frau von Fabri nach Heidelberg zurück. In Augsburg ward die Bildergallerie auf dem Rath- durch den Bierkreuzer gedeckt wurden, indem jede Maaß Bier einen halben Kreuzer Steuer zahlte. Baiern hatte beinahe 5 Millionen Einwohner, folglich kamen auf jeden Einwohner jährlich 120 Maaß Bier. Diese waren zum größeren Theile den südlichen altbairischen Provinzen in Rechnung zu stellen; der fränkische Norden verbrauchte mehr Wein. Seit jener Zeit ist die bairische Staatschuld, aber ohne Zweifel auch der Ertrag des Bierkreuzers gestiegen, da der Norden von Baiern sich fast ganz dem Biere zugewendet. Die Preise mancher Gegenstände fanden wir in München äußerst billig. In unserm Speisehause aßen wir sehr reichlich jeder für 20 Kreuzer, und erhielten dazu für 2 Kreuzer Bier, so daß wir beide unsern täglichen Mittagstisch mit 44 Kreuzern bestritten. In einem Vorstadttheater kostete der Eintritt ins Parterre Einen Kreuzer. Paul bestand darauf, daß wir hineingingen, bloß um dies nach Berlin berichten zu können; wir fanden aber eine so dicke Bier- und Schweis-Atmosphäre, daß wir uns, ehe der Vorhang aufging, aus dem Staube machten, wobei ich noch Paul abhalten mußte, von dem Kassirer eine Kontremarke zu verlangen. Das Klima von München ist mit Recht wegen seiner schnellwechselnden Temperaturen verrufen; wir waren indessen vom Wetter begünstigt, hatten viele regenfreien sonnigen Tage, durchstreiften nach Herzenslust den Hofgarten und die Anlagen, in denen freilich kaum ein grünes Blättchen sich hervorwagte, und reisten am 22. April 1820 nach einem sehr treuherzigen und wortreichen Abschiede von der Frau von Fabri nach Heidelberg zurück. In Augsburg ward die Bildergallerie auf dem Rath- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0362" n="354"/> durch den Bierkreuzer gedeckt wurden, indem jede Maaß Bier einen halben Kreuzer Steuer zahlte. Baiern hatte beinahe 5 Millionen Einwohner, folglich kamen auf jeden Einwohner jährlich 120 Maaß Bier. Diese waren zum größeren Theile den südlichen altbairischen Provinzen in Rechnung zu stellen; der fränkische Norden verbrauchte mehr Wein. 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Paul bestand darauf, daß wir hineingingen, bloß um dies nach Berlin berichten zu können; wir fanden aber eine so dicke Bier- und Schweis-Atmosphäre, daß wir uns, ehe der Vorhang aufging, aus dem Staube machten, wobei ich noch Paul abhalten mußte, von dem Kassirer eine Kontremarke zu verlangen. </p><lb/> <p>Das Klima von München ist mit Recht wegen seiner schnellwechselnden Temperaturen verrufen; wir waren indessen vom Wetter begünstigt, hatten viele regenfreien sonnigen Tage, durchstreiften nach Herzenslust den Hofgarten und die Anlagen, in denen freilich kaum ein grünes Blättchen sich hervorwagte, und reisten am 22. April 1820 nach einem sehr treuherzigen und wortreichen Abschiede von der Frau von Fabri nach Heidelberg zurück. </p><lb/> <p>In Augsburg ward die Bildergallerie auf dem Rath- </p> </div> </body> </text> </TEI> [354/0362]
durch den Bierkreuzer gedeckt wurden, indem jede Maaß Bier einen halben Kreuzer Steuer zahlte. Baiern hatte beinahe 5 Millionen Einwohner, folglich kamen auf jeden Einwohner jährlich 120 Maaß Bier. Diese waren zum größeren Theile den südlichen altbairischen Provinzen in Rechnung zu stellen; der fränkische Norden verbrauchte mehr Wein. Seit jener Zeit ist die bairische Staatschuld, aber ohne Zweifel auch der Ertrag des Bierkreuzers gestiegen, da der Norden von Baiern sich fast ganz dem Biere zugewendet.
Die Preise mancher Gegenstände fanden wir in München äußerst billig. In unserm Speisehause aßen wir sehr reichlich jeder für 20 Kreuzer, und erhielten dazu für 2 Kreuzer Bier, so daß wir beide unsern täglichen Mittagstisch mit 44 Kreuzern bestritten. In einem Vorstadttheater kostete der Eintritt ins Parterre Einen Kreuzer. Paul bestand darauf, daß wir hineingingen, bloß um dies nach Berlin berichten zu können; wir fanden aber eine so dicke Bier- und Schweis-Atmosphäre, daß wir uns, ehe der Vorhang aufging, aus dem Staube machten, wobei ich noch Paul abhalten mußte, von dem Kassirer eine Kontremarke zu verlangen.
Das Klima von München ist mit Recht wegen seiner schnellwechselnden Temperaturen verrufen; wir waren indessen vom Wetter begünstigt, hatten viele regenfreien sonnigen Tage, durchstreiften nach Herzenslust den Hofgarten und die Anlagen, in denen freilich kaum ein grünes Blättchen sich hervorwagte, und reisten am 22. April 1820 nach einem sehr treuherzigen und wortreichen Abschiede von der Frau von Fabri nach Heidelberg zurück.
In Augsburg ward die Bildergallerie auf dem Rath-
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/362>, abgerufen am 20.07.2024. |