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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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dern ehe er spanisch gekonnt! Von einem so eilfertigen Werke ließ sich freilich nicht viel erwarten.

Abeken bot mir damals an, mich im spanischen zu unterrichten, und einen besseren Lehrmeister hätte ich mir gar nicht wünschen können: aber die Zeit war zu knapp. Dies Versäumniß holte ich in Heidelberg nach, wo der akademische Lehrer Herr Vögeli mir von mehreren Seiten empfohlen ward. Paul empfand keine Lust, theilzunehmen, da die grandiose Narrheit des edlen Junkers aus der Mancha ihm eben so wenig zusagte wie der originelle Humor Jean Pauls. Ich begann also die Stunden allein, erreichte aber in Heidelberg meinen Zweck noch nicht, bis zum Cervantes vorzudringen. Herr Vögeli war längere Zeit als Kaufmann in Spanien gewesen, sprach und schrieb das spanische ganz geläufig, schien es aber als den Hauptzweck seines Unterrichts zu betrachten, Handelsreisende für Spanien auszubilden. Von der Litteratur des Landes, namentlich von der älteren, hatte er keine Kenntniß. Indessen machten wir die Grammatik durch, und ich lernte nebenbei aus seinen Gesprächen, wieviel ächte Merinoböcke jährlich ausgeführt werden, wie hoch sich der Ertrag der Quecksilbergruben von Almaden belaufe, wieviel Madrid jährlich an Zucker, Kaffee und Zigarren verbrauche, wie schwer es sei, sich unverfälschten Malaga zu verschaffen u. s. w. Als wir seine kleine spanische Chrestomathie ganz durchgelesen, schloß ich die Stunden, um im nächsten Jahre das spanische in Paris mit erneuertem Eifer fortzusetzen.



Nachdem wir öfter der Gastfreundschaft des alten Voss genossen, konnten wir bemerken, daß der Sohn

dern ehe er spanisch gekonnt! Von einem so eilfertigen Werke ließ sich freilich nicht viel erwarten.

Abeken bot mir damals an, mich im spanischen zu unterrichten, und einen besseren Lehrmeister hätte ich mir gar nicht wünschen können: aber die Zeit war zu knapp. Dies Versäumniß holte ich in Heidelberg nach, wo der akademische Lehrer Herr Vögeli mir von mehreren Seiten empfohlen ward. Paul empfand keine Lust, theilzunehmen, da die grandiose Narrheit des edlen Junkers aus der Mancha ihm eben so wenig zusagte wie der originelle Humor Jean Pauls. Ich begann also die Stunden allein, erreichte aber in Heidelberg meinen Zweck noch nicht, bis zum Cervantes vorzudringen. Herr Vögeli war längere Zeit als Kaufmann in Spanien gewesen, sprach und schrieb das spanische ganz geläufig, schien es aber als den Hauptzweck seines Unterrichts zu betrachten, Handelsreisende für Spanien auszubilden. Von der Litteratur des Landes, namentlich von der älteren, hatte er keine Kenntniß. Indessen machten wir die Grammatik durch, und ich lernte nebenbei aus seinen Gesprächen, wieviel ächte Merinoböcke jährlich ausgeführt werden, wie hoch sich der Ertrag der Quecksilbergruben von Almaden belaufe, wieviel Madrid jährlich an Zucker, Kaffee und Zigarren verbrauche, wie schwer es sei, sich unverfälschten Malaga zu verschaffen u. s. w. Als wir seine kleine spanische Chrestomathie ganz durchgelesen, schloß ich die Stunden, um im nächsten Jahre das spanische in Paris mit erneuertem Eifer fortzusetzen.



Nachdem wir öfter der Gastfreundschaft des alten Voss genossen, konnten wir bemerken, daß der Sohn

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[335/0343] dern ehe er spanisch gekonnt! Von einem so eilfertigen Werke ließ sich freilich nicht viel erwarten. Abeken bot mir damals an, mich im spanischen zu unterrichten, und einen besseren Lehrmeister hätte ich mir gar nicht wünschen können: aber die Zeit war zu knapp. Dies Versäumniß holte ich in Heidelberg nach, wo der akademische Lehrer Herr Vögeli mir von mehreren Seiten empfohlen ward. Paul empfand keine Lust, theilzunehmen, da die grandiose Narrheit des edlen Junkers aus der Mancha ihm eben so wenig zusagte wie der originelle Humor Jean Pauls. Ich begann also die Stunden allein, erreichte aber in Heidelberg meinen Zweck noch nicht, bis zum Cervantes vorzudringen. Herr Vögeli war längere Zeit als Kaufmann in Spanien gewesen, sprach und schrieb das spanische ganz geläufig, schien es aber als den Hauptzweck seines Unterrichts zu betrachten, Handelsreisende für Spanien auszubilden. Von der Litteratur des Landes, namentlich von der älteren, hatte er keine Kenntniß. Indessen machten wir die Grammatik durch, und ich lernte nebenbei aus seinen Gesprächen, wieviel ächte Merinoböcke jährlich ausgeführt werden, wie hoch sich der Ertrag der Quecksilbergruben von Almaden belaufe, wieviel Madrid jährlich an Zucker, Kaffee und Zigarren verbrauche, wie schwer es sei, sich unverfälschten Malaga zu verschaffen u. s. w. Als wir seine kleine spanische Chrestomathie ganz durchgelesen, schloß ich die Stunden, um im nächsten Jahre das spanische in Paris mit erneuertem Eifer fortzusetzen. Nachdem wir öfter der Gastfreundschaft des alten Voss genossen, konnten wir bemerken, daß der Sohn

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/343>, abgerufen am 11.06.2024.