Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].jenseitigen Ufer ebenfalls Kanonen auf. Bald entspann sich ein lebhaftes Feuern, dessen weißer Rauch bei dem ruhigen Wetter in langen Wolken über das Wasser hinglitt. Wir hatten den Dienst auf und an der Brücke, um die Pontons, die Ankerstricke, die Brustwehren in Ordnung zu halten. Das Hervorbrechen der großen Heeresmassen aus den finstern Kiefernwäldern, das Herabsteigen vom abschüssigen Ufer, das Zusammenschließen am Rande des Wassers gaben einen höchst malerischen und belebten Anblick. Unsre Unteroffiziere, die den Bau der Brücke geleitet, wachten mit großer Sorgfalt darüber, daß beim Betreten der Brücke alle Vorsicht beobachtet werde. Die Artillerie zog ungehindert hinüber; die Kavallerie mußte absitzen und die Pferde hinüberführen; dies geschah mit solcher Schnelligkeit und Präcision, daß kaum eine Stockung eintrat. Die schweren Infanteriekolonnen drückten die Pontons bis fast an den Wasserspiegel hinab; hier wurde gleich anfangs kommandirt: Nicht Tritt halten! denn sonst hätte das gleichmäßige nach links und rechts Hinüberneigen von 800 Mann ein bedenkliches Hin- und Herschwanken erregt und die Brücke zuletzt aus ihren Fugen getrieben. Endlich zog auch der Kaiser Alexander I. in Begleitung des Königs Friedrich Wilhelms III. und einiger hohen Offiziere über die Brücke, ohne abzusitzen. Uns war bei der Parole befohlen, mit dem Gewehre über der Schulter ruhig stehn zu bleiben und keine Honneurs zu machen. Doch ein übereifriger Freiwilliger, Namens Lecoq, präsentirte vor den Fürstlichkeiten geräuschvoll das Gewehr. Kaiser Alexander sah ihn verwundert an, und Lecoq hörte, wie der König dicht neben dem Kaiser reitend, gleichsam zur Entschuldigung sagte: Ce sont des Pioniers! jenseitigen Ufer ebenfalls Kanonen auf. Bald entspann sich ein lebhaftes Feuern, dessen weißer Rauch bei dem ruhigen Wetter in langen Wolken über das Wasser hinglitt. Wir hatten den Dienst auf und an der Brücke, um die Pontons, die Ankerstricke, die Brustwehren in Ordnung zu halten. Das Hervorbrechen der großen Heeresmassen aus den finstern Kiefernwäldern, das Herabsteigen vom abschüssigen Ufer, das Zusammenschließen am Rande des Wassers gaben einen höchst malerischen und belebten Anblick. Unsre Unteroffiziere, die den Bau der Brücke geleitet, wachten mit großer Sorgfalt darüber, daß beim Betreten der Brücke alle Vorsicht beobachtet werde. Die Artillerie zog ungehindert hinüber; die Kavallerie mußte absitzen und die Pferde hinüberführen; dies geschah mit solcher Schnelligkeit und Präcision, daß kaum eine Stockung eintrat. Die schweren Infanteriekolonnen drückten die Pontons bis fast an den Wasserspiegel hinab; hier wurde gleich anfangs kommandirt: Nicht Tritt halten! denn sonst hätte das gleichmäßige nach links und rechts Hinüberneigen von 800 Mann ein bedenkliches Hin- und Herschwanken erregt und die Brücke zuletzt aus ihren Fugen getrieben. Endlich zog auch der Kaiser Alexander I. in Begleitung des Königs Friedrich Wilhelms III. und einiger hohen Offiziere über die Brücke, ohne abzusitzen. Uns war bei der Parole befohlen, mit dem Gewehre über der Schulter ruhig stehn zu bleiben und keine Honneurs zu machen. Doch ein übereifriger Freiwilliger, Namens Lecoq, präsentirte vor den Fürstlichkeiten geräuschvoll das Gewehr. Kaiser Alexander sah ihn verwundert an, und Lecoq hörte, wie der König dicht neben dem Kaiser reitend, gleichsam zur Entschuldigung sagte: Ce sont des Pioniers! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0270" n="262"/> jenseitigen Ufer ebenfalls Kanonen auf. Bald entspann sich ein lebhaftes Feuern, dessen weißer Rauch bei dem ruhigen Wetter in langen Wolken über das Wasser hinglitt. Wir hatten den Dienst auf und an der Brücke, um die Pontons, die Ankerstricke, die Brustwehren in Ordnung zu halten. Das Hervorbrechen der großen Heeresmassen aus den finstern Kiefernwäldern, das Herabsteigen vom abschüssigen Ufer, das Zusammenschließen am Rande des Wassers gaben einen höchst malerischen und belebten Anblick. Unsre Unteroffiziere, die den Bau der Brücke geleitet, wachten mit großer Sorgfalt darüber, daß beim Betreten der Brücke alle Vorsicht beobachtet werde. Die Artillerie zog ungehindert hinüber; die Kavallerie mußte absitzen und die Pferde hinüberführen; dies geschah mit solcher Schnelligkeit und Präcision, daß kaum eine Stockung eintrat. Die schweren Infanteriekolonnen drückten die Pontons bis fast an den Wasserspiegel hinab; hier wurde gleich anfangs kommandirt: <hi rendition="#u">Nicht</hi> Tritt halten! denn sonst hätte das gleichmäßige nach links und rechts Hinüberneigen von 800 Mann ein bedenkliches Hin- und Herschwanken erregt und die Brücke zuletzt aus ihren Fugen getrieben. </p><lb/> <p>Endlich zog auch der Kaiser Alexander I. in Begleitung des Königs Friedrich Wilhelms III. und einiger hohen Offiziere über die Brücke, ohne abzusitzen. Uns war bei der Parole befohlen, mit dem Gewehre über der Schulter ruhig stehn zu bleiben und keine Honneurs zu machen. Doch ein übereifriger Freiwilliger, Namens Lecoq, präsentirte vor den Fürstlichkeiten geräuschvoll das Gewehr. Kaiser Alexander sah ihn verwundert an, und Lecoq hörte, wie der König dicht neben dem Kaiser reitend, gleichsam zur Entschuldigung sagte: Ce sont des Pioniers! </p> </div> </body> </text> </TEI> [262/0270]
jenseitigen Ufer ebenfalls Kanonen auf. Bald entspann sich ein lebhaftes Feuern, dessen weißer Rauch bei dem ruhigen Wetter in langen Wolken über das Wasser hinglitt. Wir hatten den Dienst auf und an der Brücke, um die Pontons, die Ankerstricke, die Brustwehren in Ordnung zu halten. Das Hervorbrechen der großen Heeresmassen aus den finstern Kiefernwäldern, das Herabsteigen vom abschüssigen Ufer, das Zusammenschließen am Rande des Wassers gaben einen höchst malerischen und belebten Anblick. Unsre Unteroffiziere, die den Bau der Brücke geleitet, wachten mit großer Sorgfalt darüber, daß beim Betreten der Brücke alle Vorsicht beobachtet werde. Die Artillerie zog ungehindert hinüber; die Kavallerie mußte absitzen und die Pferde hinüberführen; dies geschah mit solcher Schnelligkeit und Präcision, daß kaum eine Stockung eintrat. Die schweren Infanteriekolonnen drückten die Pontons bis fast an den Wasserspiegel hinab; hier wurde gleich anfangs kommandirt: Nicht Tritt halten! denn sonst hätte das gleichmäßige nach links und rechts Hinüberneigen von 800 Mann ein bedenkliches Hin- und Herschwanken erregt und die Brücke zuletzt aus ihren Fugen getrieben.
Endlich zog auch der Kaiser Alexander I. in Begleitung des Königs Friedrich Wilhelms III. und einiger hohen Offiziere über die Brücke, ohne abzusitzen. Uns war bei der Parole befohlen, mit dem Gewehre über der Schulter ruhig stehn zu bleiben und keine Honneurs zu machen. Doch ein übereifriger Freiwilliger, Namens Lecoq, präsentirte vor den Fürstlichkeiten geräuschvoll das Gewehr. Kaiser Alexander sah ihn verwundert an, und Lecoq hörte, wie der König dicht neben dem Kaiser reitend, gleichsam zur Entschuldigung sagte: Ce sont des Pioniers!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/270 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/270>, abgerufen am 27.07.2024. |