Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

nun blieben die Nächte von einer recht behaglichen Wärme.

Mit dem Essen war es schwach bestellt; die Pionire von der Kompagnie kochten das gelieferte Fleisch und Gemüse in den Feldkesseln, die Freiwilligen zogen es vor, nach Pichelsdorf hinüber zu gehn, dessen Wirtshaus nur sehr mäßigen Ansprüchen genügte. An einem frischen Morgen hatte ich mit Paul den Posten an der Brücke, wo am Abende vorher unsere Vorgänger ein Wachtfeuer angezündet, und einige Kartoffeln in die heiße Asche gelegt hatten. Durch Zufall entdeckt, wurden sie von uns beiden ohne Butter und Salz sofort verzehrt; ich erinnre mich kaum, daß ein Frühstück mir je besser geschmeckt.

Es fehlte in diesem Zeltlager nicht an ergötzlichen Auftritten. So wurde gleich am ersten Abende ein Eichhörnchen von 40-50 Pioniren gejagt, und, was kaum glaublich ist, auch gefangen. Das Thierchen ließ sich in den Zweigen einer hohen Kiefer blicken; sogleich umringten 10 bis 12 Mann mit Geschrei den Baum und einer stieg hinauf. Das Eichhorn schwang sich mit Leichtigkeit auf einen andern Baum hinüber; auch dieser wurde umringt und erklettert, desgleichen der dritte, vierte, fünfte, sechste. Zuletzt trieb man das vom Schreien geängstigte Thier auf einen einzeln stehenden Baum, von dem ein Pionir es in dem Busen seiner grauen Jacke endlich herabbrachte.

Das Manöver selbst ward vom schönsten Septemberwetter begünstigt. Nach mehreren Gefechten zog das eine Heer sich über Pichelswerder zurück, und bepflanzte die hohen Uferränder der Insel mit Batterien, um den Rückzug über die Brücke zu decken. Der Feind führte am

nun blieben die Nächte von einer recht behaglichen Wärme.

Mit dem Essen war es schwach bestellt; die Pionire von der Kompagnie kochten das gelieferte Fleisch und Gemüse in den Feldkesseln, die Freiwilligen zogen es vor, nach Pichelsdorf hinüber zu gehn, dessen Wirtshaus nur sehr mäßigen Ansprüchen genügte. An einem frischen Morgen hatte ich mit Paul den Posten an der Brücke, wo am Abende vorher unsere Vorgänger ein Wachtfeuer angezündet, und einige Kartoffeln in die heiße Asche gelegt hatten. Durch Zufall entdeckt, wurden sie von uns beiden ohne Butter und Salz sofort verzehrt; ich erinnre mich kaum, daß ein Frühstück mir je besser geschmeckt.

Es fehlte in diesem Zeltlager nicht an ergötzlichen Auftritten. So wurde gleich am ersten Abende ein Eichhörnchen von 40–50 Pioniren gejagt, und, was kaum glaublich ist, auch gefangen. Das Thierchen ließ sich in den Zweigen einer hohen Kiefer blicken; sogleich umringten 10 bis 12 Mann mit Geschrei den Baum und einer stieg hinauf. Das Eichhorn schwang sich mit Leichtigkeit auf einen andern Baum hinüber; auch dieser wurde umringt und erklettert, desgleichen der dritte, vierte, fünfte, sechste. Zuletzt trieb man das vom Schreien geängstigte Thier auf einen einzeln stehenden Baum, von dem ein Pionir es in dem Busen seiner grauen Jacke endlich herabbrachte.

Das Manöver selbst ward vom schönsten Septemberwetter begünstigt. Nach mehreren Gefechten zog das eine Heer sich über Pichelswerder zurück, und bepflanzte die hohen Uferränder der Insel mit Batterien, um den Rückzug über die Brücke zu decken. Der Feind führte am

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0269" n="261"/>
nun blieben die Nächte von einer recht behaglichen Wärme. </p><lb/>
        <p>Mit dem Essen war es schwach bestellt; die Pionire von der Kompagnie kochten das gelieferte Fleisch und Gemüse in den Feldkesseln, die Freiwilligen zogen es vor, nach Pichelsdorf hinüber zu gehn, dessen Wirtshaus nur sehr mäßigen Ansprüchen genügte. An einem frischen Morgen hatte ich mit Paul den Posten an der Brücke, wo am Abende vorher unsere Vorgänger ein Wachtfeuer angezündet, und einige Kartoffeln in die heiße Asche gelegt hatten. Durch Zufall entdeckt, wurden sie von uns beiden ohne Butter und Salz sofort verzehrt; ich erinnre mich kaum, daß ein Frühstück mir je besser geschmeckt. </p><lb/>
        <p>Es fehlte in diesem Zeltlager nicht an ergötzlichen Auftritten. So wurde gleich am ersten Abende ein Eichhörnchen von 40&#x2013;50 Pioniren gejagt, und, was kaum glaublich ist, auch gefangen. Das Thierchen ließ sich in den Zweigen einer hohen Kiefer blicken; sogleich umringten 10 bis 12 Mann mit Geschrei den Baum und einer stieg hinauf. Das Eichhorn schwang sich mit Leichtigkeit auf einen andern Baum hinüber; auch dieser wurde umringt und erklettert, desgleichen der dritte, vierte, fünfte, sechste. Zuletzt trieb man das vom Schreien geängstigte Thier auf einen einzeln stehenden Baum, von dem ein Pionir es in dem Busen seiner grauen Jacke endlich herabbrachte. </p><lb/>
        <p>Das Manöver selbst ward vom schönsten Septemberwetter begünstigt. Nach mehreren Gefechten zog das eine Heer sich über Pichelswerder zurück, und bepflanzte die hohen Uferränder der Insel mit Batterien, um den Rückzug über die Brücke zu decken. Der Feind führte am
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0269] nun blieben die Nächte von einer recht behaglichen Wärme. Mit dem Essen war es schwach bestellt; die Pionire von der Kompagnie kochten das gelieferte Fleisch und Gemüse in den Feldkesseln, die Freiwilligen zogen es vor, nach Pichelsdorf hinüber zu gehn, dessen Wirtshaus nur sehr mäßigen Ansprüchen genügte. An einem frischen Morgen hatte ich mit Paul den Posten an der Brücke, wo am Abende vorher unsere Vorgänger ein Wachtfeuer angezündet, und einige Kartoffeln in die heiße Asche gelegt hatten. Durch Zufall entdeckt, wurden sie von uns beiden ohne Butter und Salz sofort verzehrt; ich erinnre mich kaum, daß ein Frühstück mir je besser geschmeckt. Es fehlte in diesem Zeltlager nicht an ergötzlichen Auftritten. So wurde gleich am ersten Abende ein Eichhörnchen von 40–50 Pioniren gejagt, und, was kaum glaublich ist, auch gefangen. Das Thierchen ließ sich in den Zweigen einer hohen Kiefer blicken; sogleich umringten 10 bis 12 Mann mit Geschrei den Baum und einer stieg hinauf. Das Eichhorn schwang sich mit Leichtigkeit auf einen andern Baum hinüber; auch dieser wurde umringt und erklettert, desgleichen der dritte, vierte, fünfte, sechste. Zuletzt trieb man das vom Schreien geängstigte Thier auf einen einzeln stehenden Baum, von dem ein Pionir es in dem Busen seiner grauen Jacke endlich herabbrachte. Das Manöver selbst ward vom schönsten Septemberwetter begünstigt. Nach mehreren Gefechten zog das eine Heer sich über Pichelswerder zurück, und bepflanzte die hohen Uferränder der Insel mit Batterien, um den Rückzug über die Brücke zu decken. Der Feind führte am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/269
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/269>, abgerufen am 24.11.2024.