Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].ausgesprochenen Gedanken kann ich nur sagen, daß sie gewiß vollkommen richtig waren, aber nicht das mindeste anregende für den Geist hatten. Auch Solgers Sophokles-Uebersetzung schaffte ich an und stellte sie zu meinen Klassikern, ohne sie viel zur Hand zu nehmen, besonders seitdem Paul mich darauf aufmerksam gemacht, daß man, um Solgers deutsch zu verstehn, oft das griechische Original zur Hand nehmen müsse. Dem Aeußeren nach würde man Solger eher für einen Amtmann oder Pächter, als für einen Professor gehalten haben. Die gedrungene breitschultrige Figur mit den großen Händen und Füßen hatte nichts feines; dem Ausdrucke des Kopfes fehlte es an Bedeutsamkeit, die starke Stimme entbehrte eines edlen Klanges; aber das klare blaue Auge blickte mit einem seelenvollen Feuer und mit wahrhafter Innigkeit. Mit tiefem Schmerze erfüllte es mich, als ich wenige Jahre darauf im Auslande erfuhr, daß Solger im besten Mannesalter seiner akademischen Thätigkeit, den Wissenschaften und seinen zahlreichen Freunden durch den Tod entrissen worden sei. Von großem nachhaltigem Einflusse waren die Vorlesungen Schleiermachers, bei dem ich Dialektik und Aesthetik hörte. Was dieser einzige Mann durch den Zauber seiner Gegenwart, seines Vortrags, seines Geistes als Prediger, Professor und Schriftsteller gewirkt, läßt sich schwer in kurze Worte fassen. Es ist mir eine wahre Erquickung gewesen, neuerdings (1870) in Diltheys meisterhafter Biographie, alles das, was ich gefühlt und gelebt, ja noch weit mehr, in gröster, manchmal etwas zu großer Ausführlichkeit dargestellt zu sehn. Schleiermacher vereinigte in seinem Innern die ausgesprochenen Gedanken kann ich nur sagen, daß sie gewiß vollkommen richtig waren, aber nicht das mindeste anregende für den Geist hatten. Auch Solgers Sophokles-Uebersetzung schaffte ich an und stellte sie zu meinen Klassikern, ohne sie viel zur Hand zu nehmen, besonders seitdem Paul mich darauf aufmerksam gemacht, daß man, um Solgers deutsch zu verstehn, oft das griechische Original zur Hand nehmen müsse. Dem Aeußeren nach würde man Solger eher für einen Amtmann oder Pächter, als für einen Professor gehalten haben. Die gedrungene breitschultrige Figur mit den großen Händen und Füßen hatte nichts feines; dem Ausdrucke des Kopfes fehlte es an Bedeutsamkeit, die starke Stimme entbehrte eines edlen Klanges; aber das klare blaue Auge blickte mit einem seelenvollen Feuer und mit wahrhafter Innigkeit. Mit tiefem Schmerze erfüllte es mich, als ich wenige Jahre darauf im Auslande erfuhr, daß Solger im besten Mannesalter seiner akademischen Thätigkeit, den Wissenschaften und seinen zahlreichen Freunden durch den Tod entrissen worden sei. Von großem nachhaltigem Einflusse waren die Vorlesungen Schleiermachers, bei dem ich Dialektik und Aesthetik hörte. Was dieser einzige Mann durch den Zauber seiner Gegenwart, seines Vortrags, seines Geistes als Prediger, Professor und Schriftsteller gewirkt, läßt sich schwer in kurze Worte fassen. Es ist mir eine wahre Erquickung gewesen, neuerdings (1870) in Diltheys meisterhafter Biographie, alles das, was ich gefühlt und gelebt, ja noch weit mehr, in gröster, manchmal etwas zu großer Ausführlichkeit dargestellt zu sehn. Schleiermacher vereinigte in seinem Innern die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0234" n="226"/> ausgesprochenen Gedanken kann ich nur sagen, daß sie gewiß vollkommen richtig waren, aber nicht das mindeste anregende für den Geist hatten. 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ausgesprochenen Gedanken kann ich nur sagen, daß sie gewiß vollkommen richtig waren, aber nicht das mindeste anregende für den Geist hatten. Auch Solgers Sophokles-Uebersetzung schaffte ich an und stellte sie zu meinen Klassikern, ohne sie viel zur Hand zu nehmen, besonders seitdem Paul mich darauf aufmerksam gemacht, daß man, um Solgers deutsch zu verstehn, oft das griechische Original zur Hand nehmen müsse.
Dem Aeußeren nach würde man Solger eher für einen Amtmann oder Pächter, als für einen Professor gehalten haben. Die gedrungene breitschultrige Figur mit den großen Händen und Füßen hatte nichts feines; dem Ausdrucke des Kopfes fehlte es an Bedeutsamkeit, die starke Stimme entbehrte eines edlen Klanges; aber das klare blaue Auge blickte mit einem seelenvollen Feuer und mit wahrhafter Innigkeit. Mit tiefem Schmerze erfüllte es mich, als ich wenige Jahre darauf im Auslande erfuhr, daß Solger im besten Mannesalter seiner akademischen Thätigkeit, den Wissenschaften und seinen zahlreichen Freunden durch den Tod entrissen worden sei.
Von großem nachhaltigem Einflusse waren die Vorlesungen Schleiermachers, bei dem ich Dialektik und Aesthetik hörte. Was dieser einzige Mann durch den Zauber seiner Gegenwart, seines Vortrags, seines Geistes als Prediger, Professor und Schriftsteller gewirkt, läßt sich schwer in kurze Worte fassen.
Es ist mir eine wahre Erquickung gewesen, neuerdings (1870) in Diltheys meisterhafter Biographie, alles das, was ich gefühlt und gelebt, ja noch weit mehr, in gröster, manchmal etwas zu großer Ausführlichkeit dargestellt zu sehn. Schleiermacher vereinigte in seinem Innern die
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