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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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beste Verhältniß. Die musikalische Bildung meines Vaters fiel in eine Zeit, wo Hillers Kantaten und Operetten in hohem Ansehn standen. Er hatte darauf Mozarts ganze glänzende Laufbahn begleiten können. Mehrere Jahre lebte er in Dresden, und widmete der Musik in der katholischen Kirche seine ganze Aufmerksamkeit. Die Messen von Hasse, Benda, Schneider, Naumann, die wir jetzt kaum dem Namen nach kennen, galten damals für die besten Arbeiten in ihrer Art. Klein hatte sich längere Zeit in Heidelberg aufgehalten, und bei Thibaut die altitaliänischen Kirchenmusiken von Palestrina, Marcello, Lotti, Caldara u. a. kennen gelernt, deren strenger Styl ihm um so mehr zusagte, als er selbst in der Komposition ernster Kirchenmusik die Aufgabe seines Lebens erblickte. Den alten Johann Sebastian Bach hielt Klein in den höchsten Ehren, aber die Werke seiner Söhne Johann Friedemann und Philipp Emanuel verurtheilte er mit dem kurzen Ausdrucke: Tanzmusik! Klein selbst hatte so wenig Fähigkeit zu dieser leichten Gattung, daß er nur mit Mühe etwas walzerähnliches zu Stande brachte, wenn wir, wie es öfter geschah, nach dem Abendessen einen Tanz improvisirten. Meine Schwester neckte ihn oft mit diesem Mangel, aber er wußte auf die geistreichste Art ihren scherzhaften Angriffen zu begegnen. Die Proben, welche er uns von den älteren und von seinen eignen geistlichen Sachen mittheilte, hatten wohl meines Vaters Beifall, doch wollte er die Koryphäen seiner Jugend nicht preisgeben. Die dadurch herbeigeführten Kontroversen trugen durchaus den Karakter der vollsten gegenseitigen Anerkennung und des freundlichsten Wohlwollens, sie führten aber zu keinem Resultate, denn jeder blieb bei

beste Verhältniß. Die musikalische Bildung meines Vaters fiel in eine Zeit, wo Hillers Kantaten und Operetten in hohem Ansehn standen. Er hatte darauf Mozarts ganze glänzende Laufbahn begleiten können. Mehrere Jahre lebte er in Dresden, und widmete der Musik in der katholischen Kirche seine ganze Aufmerksamkeit. Die Messen von Hasse, Benda, Schneider, Naumann, die wir jetzt kaum dem Namen nach kennen, galten damals für die besten Arbeiten in ihrer Art. Klein hatte sich längere Zeit in Heidelberg aufgehalten, und bei Thibaut die altitaliänischen Kirchenmusiken von Palestrina, Marcello, Lotti, Caldara u. a. kennen gelernt, deren strenger Styl ihm um so mehr zusagte, als er selbst in der Komposition ernster Kirchenmusik die Aufgabe seines Lebens erblickte. Den alten Johann Sebastian Bach hielt Klein in den höchsten Ehren, aber die Werke seiner Söhne Johann Friedemann und Philipp Emanuel verurtheilte er mit dem kurzen Ausdrucke: Tanzmusik! Klein selbst hatte so wenig Fähigkeit zu dieser leichten Gattung, daß er nur mit Mühe etwas walzerähnliches zu Stande brachte, wenn wir, wie es öfter geschah, nach dem Abendessen einen Tanz improvisirten. Meine Schwester neckte ihn oft mit diesem Mangel, aber er wußte auf die geistreichste Art ihren scherzhaften Angriffen zu begegnen. Die Proben, welche er uns von den älteren und von seinen eignen geistlichen Sachen mittheilte, hatten wohl meines Vaters Beifall, doch wollte er die Koryphäen seiner Jugend nicht preisgeben. Die dadurch herbeigeführten Kontroversen trugen durchaus den Karakter der vollsten gegenseitigen Anerkennung und des freundlichsten Wohlwollens, sie führten aber zu keinem Resultate, denn jeder blieb bei

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beste Verhältniß. Die musikalische Bildung meines Vaters fiel in eine Zeit, wo Hillers Kantaten und Operetten in hohem Ansehn standen. Er hatte darauf Mozarts ganze glänzende Laufbahn begleiten können. Mehrere Jahre lebte er in Dresden, und widmete der Musik in der katholischen Kirche seine ganze Aufmerksamkeit. Die Messen von Hasse, Benda, Schneider, Naumann, die wir jetzt kaum dem Namen nach kennen, galten damals für die besten Arbeiten in ihrer Art. Klein hatte sich längere Zeit in Heidelberg aufgehalten, und bei Thibaut die altitaliänischen Kirchenmusiken von Palestrina, Marcello, Lotti, Caldara u. a. kennen gelernt, deren strenger Styl ihm um so mehr zusagte, als er selbst in der Komposition ernster Kirchenmusik die Aufgabe seines Lebens erblickte. Den alten Johann Sebastian Bach hielt Klein in den höchsten Ehren, aber die Werke seiner Söhne Johann Friedemann und Philipp Emanuel verurtheilte er mit dem kurzen Ausdrucke: Tanzmusik! Klein selbst hatte so wenig Fähigkeit zu dieser leichten Gattung, daß er nur mit Mühe etwas walzerähnliches zu Stande brachte, wenn wir, wie es öfter geschah, nach dem Abendessen einen Tanz improvisirten. Meine Schwester neckte ihn oft mit diesem Mangel, aber er wußte auf die geistreichste Art ihren scherzhaften Angriffen zu begegnen. Die Proben, welche er uns von den älteren und von seinen eignen geistlichen Sachen mittheilte, hatten wohl meines Vaters Beifall, doch wollte er die Koryphäen seiner Jugend nicht preisgeben. Die dadurch herbeigeführten Kontroversen trugen durchaus den Karakter der vollsten gegenseitigen Anerkennung und des freundlichsten Wohlwollens, sie führten aber zu keinem Resultate, denn jeder blieb bei
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[194/0202] beste Verhältniß. Die musikalische Bildung meines Vaters fiel in eine Zeit, wo Hillers Kantaten und Operetten in hohem Ansehn standen. Er hatte darauf Mozarts ganze glänzende Laufbahn begleiten können. Mehrere Jahre lebte er in Dresden, und widmete der Musik in der katholischen Kirche seine ganze Aufmerksamkeit. Die Messen von Hasse, Benda, Schneider, Naumann, die wir jetzt kaum dem Namen nach kennen, galten damals für die besten Arbeiten in ihrer Art. Klein hatte sich längere Zeit in Heidelberg aufgehalten, und bei Thibaut die altitaliänischen Kirchenmusiken von Palestrina, Marcello, Lotti, Caldara u. a. kennen gelernt, deren strenger Styl ihm um so mehr zusagte, als er selbst in der Komposition ernster Kirchenmusik die Aufgabe seines Lebens erblickte. Den alten Johann Sebastian Bach hielt Klein in den höchsten Ehren, aber die Werke seiner Söhne Johann Friedemann und Philipp Emanuel verurtheilte er mit dem kurzen Ausdrucke: Tanzmusik! Klein selbst hatte so wenig Fähigkeit zu dieser leichten Gattung, daß er nur mit Mühe etwas walzerähnliches zu Stande brachte, wenn wir, wie es öfter geschah, nach dem Abendessen einen Tanz improvisirten. Meine Schwester neckte ihn oft mit diesem Mangel, aber er wußte auf die geistreichste Art ihren scherzhaften Angriffen zu begegnen. Die Proben, welche er uns von den älteren und von seinen eignen geistlichen Sachen mittheilte, hatten wohl meines Vaters Beifall, doch wollte er die Koryphäen seiner Jugend nicht preisgeben. Die dadurch herbeigeführten Kontroversen trugen durchaus den Karakter der vollsten gegenseitigen Anerkennung und des freundlichsten Wohlwollens, sie führten aber zu keinem Resultate, denn jeder blieb bei

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/202>, abgerufen am 22.11.2024.