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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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behältern. Noch sehe ich die Reihe der zierlichen Gefäße mit den selbstbereiteten Farben vor mir stehn. Nachdem wir auch den Unterschied zwischen Marder-, Fisch- und Borstenpinseln kennen gelernt, konnte die Arbeit beginnen.

Drei Hauptdekorationen wurden unter Herrn Krämers Anleitung und Aufsicht mit vieler Sauberkeit ausgeführt, ein Wald, eine Bauernstube und eine Räuberhöhle; später versuchte ich mit eigenen Kräften ein Gefängniß, ein Schloß am Meere und einen Rittersaal darzustellen, erreichte aber lange nicht die Vollendung der ersten Arbeiten. Kleine Theaterfiguren zum Kauf gab es damals nicht; Herr Kramer zeichnete daher einige Stereotypfiguren, einen König, einen Ritter, einen Priester, eine Edelfrau etc. auf Kartenpappe, und überließ es uns, dieselben zu verändern und nach Belieben zu vervielfältigen; mit Wonne erfüllte er uns durch einen Zug von paarweis einherschreitenden Kapuzinern, die statt der Fackeln kleine Wachskerzen trugen, und beim Begräbnisse Kaspars des Torringers in der unterirdischen Gefängnißhalle sich prächtig ausnahmen. Doch gerieth eines Abends durch Unvorsichtigkeit die papierne Procession in Brand, und fast wäre das Theater mit ergriffen worden.

So geringfügig auch die Auslagen für diese Theaterrequisiten waren, so mußten sie doch bestritten werden, und die Kasse gerieth mehr als einmal in Verlegenheit Da faßte Fritz den kühnen Gredanken, zu einer Hauptvorstellung die Aeltern, Grosältern und einige Hausfreunde gegen ein Eintrittsgeld von 2 Gr. einzuladen. Ich erröthete anfangs bei diesem Vorschlag, und wollte nichts davon wissen. Doch mit der Zeit gab ich nach, und die Sache ward ausgeführt. Fritz war auch derjenige, der

behältern. Noch sehe ich die Reihe der zierlichen Gefäße mit den selbstbereiteten Farben vor mir stehn. Nachdem wir auch den Unterschied zwischen Marder-, Fisch- und Borstenpinseln kennen gelernt, konnte die Arbeit beginnen.

Drei Hauptdekorationen wurden unter Herrn Krämers Anleitung und Aufsicht mit vieler Sauberkeit ausgeführt, ein Wald, eine Bauernstube und eine Räuberhöhle; später versuchte ich mit eigenen Kräften ein Gefängniß, ein Schloß am Meere und einen Rittersaal darzustellen, erreichte aber lange nicht die Vollendung der ersten Arbeiten. Kleine Theaterfiguren zum Kauf gab es damals nicht; Herr Kramer zeichnete daher einige Stereotypfiguren, einen König, einen Ritter, einen Priester, eine Edelfrau etc. auf Kartenpappe, und überließ es uns, dieselben zu verändern und nach Belieben zu vervielfältigen; mit Wonne erfüllte er uns durch einen Zug von paarweis einherschreitenden Kapuzinern, die statt der Fackeln kleine Wachskerzen trugen, und beim Begräbnisse Kaspars des Torringers in der unterirdischen Gefängnißhalle sich prächtig ausnahmen. Doch gerieth eines Abends durch Unvorsichtigkeit die papierne Procession in Brand, und fast wäre das Theater mit ergriffen worden.

So geringfügig auch die Auslagen für diese Theaterrequisiten waren, so mußten sie doch bestritten werden, und die Kasse gerieth mehr als einmal in Verlegenheit Da faßte Fritz den kühnen Gredanken, zu einer Hauptvorstellung die Aeltern, Grosältern und einige Hausfreunde gegen ein Eintrittsgeld von 2 Gr. einzuladen. Ich erröthete anfangs bei diesem Vorschlag, und wollte nichts davon wissen. Doch mit der Zeit gab ich nach, und die Sache ward ausgeführt. Fritz war auch derjenige, der

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[127/0135] behältern. Noch sehe ich die Reihe der zierlichen Gefäße mit den selbstbereiteten Farben vor mir stehn. Nachdem wir auch den Unterschied zwischen Marder-, Fisch- und Borstenpinseln kennen gelernt, konnte die Arbeit beginnen. Drei Hauptdekorationen wurden unter Herrn Krämers Anleitung und Aufsicht mit vieler Sauberkeit ausgeführt, ein Wald, eine Bauernstube und eine Räuberhöhle; später versuchte ich mit eigenen Kräften ein Gefängniß, ein Schloß am Meere und einen Rittersaal darzustellen, erreichte aber lange nicht die Vollendung der ersten Arbeiten. Kleine Theaterfiguren zum Kauf gab es damals nicht; Herr Kramer zeichnete daher einige Stereotypfiguren, einen König, einen Ritter, einen Priester, eine Edelfrau etc. auf Kartenpappe, und überließ es uns, dieselben zu verändern und nach Belieben zu vervielfältigen; mit Wonne erfüllte er uns durch einen Zug von paarweis einherschreitenden Kapuzinern, die statt der Fackeln kleine Wachskerzen trugen, und beim Begräbnisse Kaspars des Torringers in der unterirdischen Gefängnißhalle sich prächtig ausnahmen. Doch gerieth eines Abends durch Unvorsichtigkeit die papierne Procession in Brand, und fast wäre das Theater mit ergriffen worden. So geringfügig auch die Auslagen für diese Theaterrequisiten waren, so mußten sie doch bestritten werden, und die Kasse gerieth mehr als einmal in Verlegenheit Da faßte Fritz den kühnen Gredanken, zu einer Hauptvorstellung die Aeltern, Grosältern und einige Hausfreunde gegen ein Eintrittsgeld von 2 Gr. einzuladen. Ich erröthete anfangs bei diesem Vorschlag, und wollte nichts davon wissen. Doch mit der Zeit gab ich nach, und die Sache ward ausgeführt. Fritz war auch derjenige, der

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/135>, abgerufen am 19.05.2024.