Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Rollen der Töchter zu denen der Mütter und Grosmütter hinauf oder herab, und ärndtete immer gleichen Beifall. Als Glanzpunkte nenne ich Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Eboli und Donna Diana. Sie hatte die Freude, ihre beiden Töchter neben sich auf der Bühne zu sehn. Standen sie auch an Talent weit hinter der Mutter zurück, so fand doch die gute Schule Anerkennung. Die älteste, welche gar keine Neigung zur Schauspielerin zeigte, ward bald von der Bühne weggeheirathet, die jüngere blieb als Frau Hoppe und Frau Liedtke bis ans Ende ihrem Berufe getreu. Alle diese und noch manche andre untergeordnete Talente wurden unter der Leitung des Grafen Brühl zu einem ächt-künstlerischen Ganzen vereinigt. Da mein Vater mit dem Grafen bekannt war, sahen wir ihn öfters in unserem Hause, und erfuhren so manches von den Leiden und Freuden eines Theaterintendanten. Erst nach jahrelangen Bemühungen brachte Brühl es dahin, alle Hauptrollen doppelt zu besetzen. Er legte dadurch dem Eigensinne und der Laune der Schauspieler einen heilsamen Zügel an: denn um dem Nebenbuhler nicht den Vortritt zu gönnen, wurden alle Kräfte angestrengt. Daß es dabei für den Intendanten nicht ohne Aerger abging, läßt sich denken; ich erinnre mich eines Gespräches zwischen Brühl und Kohlrausch, das ich im großen Garten mit anhörte. Brühl war ein schöner schlanker Mann von bedeutender Größe; Kohlrausch war noch größer, begann aber schon damals, sehr in die Breite zu gehn. Lieber Herr Graf, sagte er eines Tages zu Brühl, wie fangen Sie es nur an, immer so schlank zu bleiben? Lieber Herr Geheimerath, war die Antwort, werden Sie nur auf ein halbes Jahr Rollen der Töchter zu denen der Mütter und Grosmütter hinauf oder herab, und ärndtete immer gleichen Beifall. Als Glanzpunkte nenne ich Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Eboli und Donna Diana. Sie hatte die Freude, ihre beiden Töchter neben sich auf der Bühne zu sehn. Standen sie auch an Talent weit hinter der Mutter zurück, so fand doch die gute Schule Anerkennung. Die älteste, welche gar keine Neigung zur Schauspielerin zeigte, ward bald von der Bühne weggeheirathet, die jüngere blieb als Frau Hoppé und Frau Liedtke bis ans Ende ihrem Berufe getreu. Alle diese und noch manche andre untergeordnete Talente wurden unter der Leitung des Grafen Brühl zu einem ächt-künstlerischen Ganzen vereinigt. Da mein Vater mit dem Grafen bekannt war, sahen wir ihn öfters in unserem Hause, und erfuhren so manches von den Leiden und Freuden eines Theaterintendanten. Erst nach jahrelangen Bemühungen brachte Brühl es dahin, alle Hauptrollen doppelt zu besetzen. Er legte dadurch dem Eigensinne und der Laune der Schauspieler einen heilsamen Zügel an: denn um dem Nebenbuhler nicht den Vortritt zu gönnen, wurden alle Kräfte angestrengt. Daß es dabei für den Intendanten nicht ohne Aerger abging, läßt sich denken; ich erinnre mich eines Gespräches zwischen Brühl und Kohlrausch, das ich im großen Garten mit anhörte. Brühl war ein schöner schlanker Mann von bedeutender Größe; Kohlrausch war noch größer, begann aber schon damals, sehr in die Breite zu gehn. Lieber Herr Graf, sagte er eines Tages zu Brühl, wie fangen Sie es nur an, immer so schlank zu bleiben? Lieber Herr Geheimerath, war die Antwort, werden Sie nur auf ein halbes Jahr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="105"/> Rollen der Töchter zu denen der Mütter und Grosmütter hinauf oder herab, und ärndtete immer gleichen Beifall. Als Glanzpunkte nenne ich Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Eboli und Donna Diana. Sie hatte die Freude, ihre beiden Töchter neben sich auf der Bühne zu sehn. Standen sie auch an Talent weit hinter der Mutter zurück, so fand doch die gute Schule Anerkennung. Die älteste, welche gar keine Neigung zur Schauspielerin zeigte, ward bald von der Bühne weggeheirathet, die jüngere blieb als Frau Hoppé und Frau Liedtke bis ans Ende ihrem Berufe getreu. </p><lb/> <p>Alle diese und noch manche andre untergeordnete Talente wurden unter der Leitung des Grafen Brühl zu einem ächt-künstlerischen Ganzen vereinigt. Da mein Vater mit dem Grafen bekannt war, sahen wir ihn öfters in unserem Hause, und erfuhren so manches von den Leiden und Freuden eines Theaterintendanten. Erst nach jahrelangen Bemühungen brachte Brühl es dahin, alle Hauptrollen doppelt zu besetzen. Er legte dadurch dem Eigensinne und der Laune der Schauspieler einen heilsamen Zügel an: denn um dem Nebenbuhler nicht den Vortritt zu gönnen, wurden alle Kräfte angestrengt. Daß es dabei für den Intendanten nicht ohne Aerger abging, läßt sich denken; ich erinnre mich eines Gespräches zwischen Brühl und Kohlrausch, das ich im großen Garten mit anhörte. Brühl war ein schöner schlanker Mann von bedeutender Größe; Kohlrausch war noch größer, begann aber schon damals, sehr in die Breite zu gehn. Lieber Herr Graf, sagte er eines Tages zu Brühl, wie fangen Sie es nur an, immer so schlank zu bleiben? Lieber Herr Geheimerath, war die Antwort, werden Sie nur auf ein halbes Jahr </p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0113]
Rollen der Töchter zu denen der Mütter und Grosmütter hinauf oder herab, und ärndtete immer gleichen Beifall. Als Glanzpunkte nenne ich Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Eboli und Donna Diana. Sie hatte die Freude, ihre beiden Töchter neben sich auf der Bühne zu sehn. Standen sie auch an Talent weit hinter der Mutter zurück, so fand doch die gute Schule Anerkennung. Die älteste, welche gar keine Neigung zur Schauspielerin zeigte, ward bald von der Bühne weggeheirathet, die jüngere blieb als Frau Hoppé und Frau Liedtke bis ans Ende ihrem Berufe getreu.
Alle diese und noch manche andre untergeordnete Talente wurden unter der Leitung des Grafen Brühl zu einem ächt-künstlerischen Ganzen vereinigt. Da mein Vater mit dem Grafen bekannt war, sahen wir ihn öfters in unserem Hause, und erfuhren so manches von den Leiden und Freuden eines Theaterintendanten. Erst nach jahrelangen Bemühungen brachte Brühl es dahin, alle Hauptrollen doppelt zu besetzen. Er legte dadurch dem Eigensinne und der Laune der Schauspieler einen heilsamen Zügel an: denn um dem Nebenbuhler nicht den Vortritt zu gönnen, wurden alle Kräfte angestrengt. Daß es dabei für den Intendanten nicht ohne Aerger abging, läßt sich denken; ich erinnre mich eines Gespräches zwischen Brühl und Kohlrausch, das ich im großen Garten mit anhörte. Brühl war ein schöner schlanker Mann von bedeutender Größe; Kohlrausch war noch größer, begann aber schon damals, sehr in die Breite zu gehn. Lieber Herr Graf, sagte er eines Tages zu Brühl, wie fangen Sie es nur an, immer so schlank zu bleiben? Lieber Herr Geheimerath, war die Antwort, werden Sie nur auf ein halbes Jahr
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