Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].warten. In der Nacht zum 1. Januar 1814 ging er bei Kaub über den Rhein, und begann jenen Winterfeldzug in Frankreich, der seinen Truppen an Strapazen, Kämpfen und Entbehrungen das unglaublichste zumuthete. Nach dem, was wir später aus den Erzählungen unserer heimgekehrten Freunde erfuhren, ließ sich ohne Mühe abnehmen, daß allein die moralische Kraft im Stande gewesen sei, den Körper aufrecht zu erhalten. Napoleon wehrte sich wie ein Löwe. Viele seiner Bewunderer rechnen den Feldzug von 1814 zu seinen glänzendsten Thaten, doch war die gegen ihn aufgestellte Uebermacht zu groß. Hatte er an einer Stelle seine Feinde zurückgedrängt, so rückten sie an andern Orten mit verstärkten Kräften heran. Nach der Schlacht von Montmirail, wo der alte Blücher übel zugerichtet sich zurückziehn mußte, fehlte nicht viel, daß Napoleon das Centrum der Alliirten durchbrochen, und sich gegen den Rhein gewendet hätte. Am Abende dieses Unglückstages waren die Offiziere in Blüchers Generalstabe, Gneisenau, Grolmann, Clausewitz und andre in der düstersten Stimmung, weil sie die Größe der drohenden Gefahr übersahen. Blücher selbst, der den ganzen Tag nicht vom Pferde gekommen, und äußerst erschöpft war, sagte ganz heiter, als die Herren sich spät in der Nacht von ihm beurlaubten: Messieurs! bei solchen fatalen Geschichten ist es immer am besten, wenn sie vorbei sind. Gute Nacht! Sein Muth blieb ungebrochen, und am nächsten Morgen war er der erste auf dem Platze. Bei einer andern Gelegenheit redete er seine Truppen nach einem siegreichen Gefechte an, und sagte, er freue sich ganz besonders, daß die pommersche Landwehr sich diesmal so sehr ausgezeichnet, weil er selbst ein Pommer warten. In der Nacht zum 1. Januar 1814 ging er bei Kaub über den Rhein, und begann jenen Winterfeldzug in Frankreich, der seinen Truppen an Strapazen, Kämpfen und Entbehrungen das unglaublichste zumuthete. Nach dem, was wir später aus den Erzählungen unserer heimgekehrten Freunde erfuhren, ließ sich ohne Mühe abnehmen, daß allein die moralische Kraft im Stande gewesen sei, den Körper aufrecht zu erhalten. Napoléon wehrte sich wie ein Löwe. Viele seiner Bewunderer rechnen den Feldzug von 1814 zu seinen glänzendsten Thaten, doch war die gegen ihn aufgestellte Uebermacht zu groß. Hatte er an einer Stelle seine Feinde zurückgedrängt, so rückten sie an andern Orten mit verstärkten Kräften heran. Nach der Schlacht von Montmirail, wo der alte Blücher übel zugerichtet sich zurückziehn mußte, fehlte nicht viel, daß Napoléon das Centrum der Alliirten durchbrochen, und sich gegen den Rhein gewendet hätte. Am Abende dieses Unglückstages waren die Offiziere in Blüchers Generalstabe, Gneisenau, Grolmann, Clausewitz und andre in der düstersten Stimmung, weil sie die Größe der drohenden Gefahr übersahen. Blücher selbst, der den ganzen Tag nicht vom Pferde gekommen, und äußerst erschöpft war, sagte ganz heiter, als die Herren sich spät in der Nacht von ihm beurlaubten: Messieurs! bei solchen fatalen Geschichten ist es immer am besten, wenn sie vorbei sind. Gute Nacht! Sein Muth blieb ungebrochen, und am nächsten Morgen war er der erste auf dem Platze. Bei einer andern Gelegenheit redete er seine Truppen nach einem siegreichen Gefechte an, und sagte, er freue sich ganz besonders, daß die pommersche Landwehr sich diesmal so sehr ausgezeichnet, weil er selbst ein Pommer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0426" n="414"/> warten. In der Nacht zum 1. Januar 1814 ging er bei Kaub über den Rhein, und begann jenen Winterfeldzug in Frankreich, der seinen Truppen an Strapazen, Kämpfen und Entbehrungen das unglaublichste zumuthete. 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Blücher selbst, der den ganzen Tag nicht vom Pferde gekommen, und äußerst erschöpft war, sagte ganz heiter, als die Herren sich spät in der Nacht von ihm beurlaubten: Messieurs! bei solchen fatalen Geschichten ist es immer am besten, wenn sie vorbei sind. Gute Nacht! Sein Muth blieb ungebrochen, und am nächsten Morgen war er der erste auf dem Platze. Bei einer andern Gelegenheit redete er seine Truppen nach einem siegreichen Gefechte an, und sagte, er freue sich ganz besonders, daß die pommersche Landwehr sich diesmal so sehr ausgezeichnet, weil er selbst ein Pommer </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [414/0426]
warten. In der Nacht zum 1. Januar 1814 ging er bei Kaub über den Rhein, und begann jenen Winterfeldzug in Frankreich, der seinen Truppen an Strapazen, Kämpfen und Entbehrungen das unglaublichste zumuthete. Nach dem, was wir später aus den Erzählungen unserer heimgekehrten Freunde erfuhren, ließ sich ohne Mühe abnehmen, daß allein die moralische Kraft im Stande gewesen sei, den Körper aufrecht zu erhalten.
Napoléon wehrte sich wie ein Löwe. Viele seiner Bewunderer rechnen den Feldzug von 1814 zu seinen glänzendsten Thaten, doch war die gegen ihn aufgestellte Uebermacht zu groß. Hatte er an einer Stelle seine Feinde zurückgedrängt, so rückten sie an andern Orten mit verstärkten Kräften heran. Nach der Schlacht von Montmirail, wo der alte Blücher übel zugerichtet sich zurückziehn mußte, fehlte nicht viel, daß Napoléon das Centrum der Alliirten durchbrochen, und sich gegen den Rhein gewendet hätte. Am Abende dieses Unglückstages waren die Offiziere in Blüchers Generalstabe, Gneisenau, Grolmann, Clausewitz und andre in der düstersten Stimmung, weil sie die Größe der drohenden Gefahr übersahen. Blücher selbst, der den ganzen Tag nicht vom Pferde gekommen, und äußerst erschöpft war, sagte ganz heiter, als die Herren sich spät in der Nacht von ihm beurlaubten: Messieurs! bei solchen fatalen Geschichten ist es immer am besten, wenn sie vorbei sind. Gute Nacht! Sein Muth blieb ungebrochen, und am nächsten Morgen war er der erste auf dem Platze. Bei einer andern Gelegenheit redete er seine Truppen nach einem siegreichen Gefechte an, und sagte, er freue sich ganz besonders, daß die pommersche Landwehr sich diesmal so sehr ausgezeichnet, weil er selbst ein Pommer
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