Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].öffentliche Wohlthätigkeit nicht umsonst in Anspruch genommen. Freiwillige Gaben flossen von allen Seiten zusammen. Das reiche England schickte an Hülfsgeldern im Ganzen 11,400,000 Pfd. Sterling, und bald nach der Schlacht bei Gros-Beeren ein Geschenk von 100,000 Pfund Sterling nach Berlin. Diesem Gelde war ein gedruckter Foliobogen beigelegt, der die Vertheilung bestimmte. Mein Vater war mit in der dazu ernannten Kommission; wir konnten daher jenen großen Bogen mit aller Muße studiren, und mußten erstaunen über die ungemeine Sorgfalt und Ortskenntniß, die dabei angewandt waren. Es standen wohl an 200 Namen von Dörfern, Flecken und Vorwerken in der Liste, und bei jedem Namen war die Summe der Beihülfe in Pfunden Sterling angemerkt. Wenn man diese mit 7 multiplizierte, um sie in Thaler zu übersetzen, so gewann man erst den rechten Maasstab für dies außerordentliche Geschenk. So waren, wenn ich mich recht erinnre, für das Dorf Gros-Beeren 300 Pfund ausgeworfen; dies giebt mehr als 2000 Thaler, womit dem kleinen Oertchen sehr wirksam aufgeholfen werden konnte. Es mußten in England die eingehendsten Forschungen angestellt worden sein, um überall das richtige Maaß der Unterstützung anzugeben. So viel man nach den Zeitungsberichten und nach mündlichen Mittheilungen kompetenter Personen urtheilen konnte, waren mit wenigen Ausnahmen die Summen in England sehr zweckmäßig vertheilt worden. Ich bewunderte ganz besonders den scharfen, geschmackvollen englischen Druck, der mir eben so idealisch schön vorkam, wie die Handschrift der Tante Jettchen, und hätte viel um das Exemplar dieser Vertheilungsliste gegeben, es mußte aber wieder zu den Akten gehn. öffentliche Wohlthätigkeit nicht umsonst in Anspruch genommen. Freiwillige Gaben flossen von allen Seiten zusammen. Das reiche England schickte an Hülfsgeldern im Ganzen 11,400,000 Pfd. Sterling, und bald nach der Schlacht bei Gros-Beeren ein Geschenk von 100,000 Pfund Sterling nach Berlin. Diesem Gelde war ein gedruckter Foliobogen beigelegt, der die Vertheilung bestimmte. Mein Vater war mit in der dazu ernannten Kommission; wir konnten daher jenen großen Bogen mit aller Muße studiren, und mußten erstaunen über die ungemeine Sorgfalt und Ortskenntniß, die dabei angewandt waren. Es standen wohl an 200 Namen von Dörfern, Flecken und Vorwerken in der Liste, und bei jedem Namen war die Summe der Beihülfe in Pfunden Sterling angemerkt. Wenn man diese mit 7 multiplizierte, um sie in Thaler zu übersetzen, so gewann man erst den rechten Maasstab für dies außerordentliche Geschenk. So waren, wenn ich mich recht erinnre, für das Dorf Gros-Beeren 300 Pfund ausgeworfen; dies giebt mehr als 2000 Thaler, womit dem kleinen Oertchen sehr wirksam aufgeholfen werden konnte. Es mußten in England die eingehendsten Forschungen angestellt worden sein, um überall das richtige Maaß der Unterstützung anzugeben. So viel man nach den Zeitungsberichten und nach mündlichen Mittheilungen kompetenter Personen urtheilen konnte, waren mit wenigen Ausnahmen die Summen in England sehr zweckmäßig vertheilt worden. Ich bewunderte ganz besonders den scharfen, geschmackvollen englischen Druck, der mir eben so idealisch schön vorkam, wie die Handschrift der Tante Jettchen, und hätte viel um das Exemplar dieser Vertheilungsliste gegeben, es mußte aber wieder zu den Akten gehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0423" n="411"/> öffentliche Wohlthätigkeit nicht umsonst in Anspruch genommen. Freiwillige Gaben flossen von allen Seiten zusammen. Das reiche England schickte an Hülfsgeldern im Ganzen 11,400,000 Pfd. Sterling, und bald nach der Schlacht bei Gros-Beeren ein Geschenk von 100,000 Pfund Sterling nach Berlin. Diesem Gelde war ein gedruckter Foliobogen beigelegt, der die Vertheilung bestimmte. Mein Vater war mit in der dazu ernannten Kommission; wir konnten daher jenen großen Bogen mit aller Muße studiren, und mußten erstaunen über die ungemeine Sorgfalt und Ortskenntniß, die dabei angewandt waren. Es standen wohl an 200 Namen von Dörfern, Flecken und Vorwerken in der Liste, und bei jedem Namen war die Summe der Beihülfe in Pfunden Sterling angemerkt. Wenn man diese mit 7 multiplizierte, um sie in Thaler zu übersetzen, so gewann man erst den rechten Maasstab für dies außerordentliche Geschenk. So waren, wenn ich mich recht erinnre, für das Dorf Gros-Beeren 300 Pfund ausgeworfen; dies giebt mehr als 2000 Thaler, womit dem kleinen Oertchen sehr wirksam aufgeholfen werden konnte. Es mußten in England die eingehendsten Forschungen angestellt worden sein, um überall das richtige Maaß der Unterstützung anzugeben. So viel man nach den Zeitungsberichten und nach mündlichen Mittheilungen kompetenter Personen urtheilen konnte, waren mit wenigen Ausnahmen die Summen in England sehr zweckmäßig vertheilt worden. Ich bewunderte ganz besonders den scharfen, geschmackvollen englischen Druck, der mir eben so idealisch schön vorkam, wie die Handschrift der Tante Jettchen, und hätte viel um das Exemplar dieser Vertheilungsliste gegeben, es mußte aber wieder zu den Akten gehn. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [411/0423]
öffentliche Wohlthätigkeit nicht umsonst in Anspruch genommen. Freiwillige Gaben flossen von allen Seiten zusammen. Das reiche England schickte an Hülfsgeldern im Ganzen 11,400,000 Pfd. Sterling, und bald nach der Schlacht bei Gros-Beeren ein Geschenk von 100,000 Pfund Sterling nach Berlin. Diesem Gelde war ein gedruckter Foliobogen beigelegt, der die Vertheilung bestimmte. Mein Vater war mit in der dazu ernannten Kommission; wir konnten daher jenen großen Bogen mit aller Muße studiren, und mußten erstaunen über die ungemeine Sorgfalt und Ortskenntniß, die dabei angewandt waren. Es standen wohl an 200 Namen von Dörfern, Flecken und Vorwerken in der Liste, und bei jedem Namen war die Summe der Beihülfe in Pfunden Sterling angemerkt. Wenn man diese mit 7 multiplizierte, um sie in Thaler zu übersetzen, so gewann man erst den rechten Maasstab für dies außerordentliche Geschenk. So waren, wenn ich mich recht erinnre, für das Dorf Gros-Beeren 300 Pfund ausgeworfen; dies giebt mehr als 2000 Thaler, womit dem kleinen Oertchen sehr wirksam aufgeholfen werden konnte. Es mußten in England die eingehendsten Forschungen angestellt worden sein, um überall das richtige Maaß der Unterstützung anzugeben. So viel man nach den Zeitungsberichten und nach mündlichen Mittheilungen kompetenter Personen urtheilen konnte, waren mit wenigen Ausnahmen die Summen in England sehr zweckmäßig vertheilt worden. Ich bewunderte ganz besonders den scharfen, geschmackvollen englischen Druck, der mir eben so idealisch schön vorkam, wie die Handschrift der Tante Jettchen, und hätte viel um das Exemplar dieser Vertheilungsliste gegeben, es mußte aber wieder zu den Akten gehn.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/423>, abgerufen am 05.07.2024. |