Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871]."sehr ein lieber Narr" zu sein. Da sei zufällig ein Bekannter herangetreten, und habe ihn mit der lauten Anrede begrüßt: Ei, schönen guten Abend, Herr von Körner! Dadurch sei die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises erregt worden, und der zuerst Fragende sei nicht wenig erstaunt gewesen, statt des kleinen korpulenten Mannes eine "lang aufgeschossene Ranke" vor sich zu sehn. Wenn von der Fortsetzung und dem Ausgange des Krieges die Rede war, so erhob uns Körner durch seine glühende Zuversicht auf die endliche Befreiung des Vaterlandes. Mehr als einmal äußerte er, daß wenn es ihm beschieden sei, im Kampfe zu fallen, er nur wünsche, es möge in einer heißen glorreichen Entscheidungschlacht geschehn. Wir aber schauten an dem Heldenjünglinge mit dem felsenfesten Vertrauen empor, er werde alle Gefahren bestehn, und wohlbehalten aus dem Felde zurückkehren. Vom Guitarrenspielen war diesmal keine Rede, doch setzte uns Körner durch sein musikalisches Gedächtniß in Erstaunen, als er uns eines Abends alle 24 Hornsignale vorsang, die beim Exercitium der Kavallerie in Anwendung kommen. Das Liederheft: Euch allen, die ihr noch mit Freundestreue u. s. w. Nur zu rasch verflogen die kurzen Tage seines Aufenthaltes. Als wir am letzten Nachmittage durch den Garten gingen, zog er ein schönes Taschenmesser mit stähler- „sehr ein lieber Narr“ zu sein. Da sei zufällig ein Bekannter herangetreten, und habe ihn mit der lauten Anrede begrüßt: Ei, schönen guten Abend, Herr von Körner! Dadurch sei die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises erregt worden, und der zuerst Fragende sei nicht wenig erstaunt gewesen, statt des kleinen korpulenten Mannes eine „lang aufgeschossene Ranke“ vor sich zu sehn. Wenn von der Fortsetzung und dem Ausgange des Krieges die Rede war, so erhob uns Körner durch seine glühende Zuversicht auf die endliche Befreiung des Vaterlandes. Mehr als einmal äußerte er, daß wenn es ihm beschieden sei, im Kampfe zu fallen, er nur wünsche, es möge in einer heißen glorreichen Entscheidungschlacht geschehn. Wir aber schauten an dem Heldenjünglinge mit dem felsenfesten Vertrauen empor, er werde alle Gefahren bestehn, und wohlbehalten aus dem Felde zurückkehren. Vom Guitarrenspielen war diesmal keine Rede, doch setzte uns Körner durch sein musikalisches Gedächtniß in Erstaunen, als er uns eines Abends alle 24 Hornsignale vorsang, die beim Exercitium der Kavallerie in Anwendung kommen. Das Liederheft: ‹Leyer und Schwert› übergab Körner meinem Vater zum Verlage. Als sie eben über Druck und Format sich besprachen, fiel ihm ein, daß noch eine Zueignung fehle. Flugs setzte er sich in der Buchhandlung an das nächste Pult, und schrieb die begeisterten Zeilen: Euch allen, die ihr noch mit Freundestreue u. s. w. Nur zu rasch verflogen die kurzen Tage seines Aufenthaltes. Als wir am letzten Nachmittage durch den Garten gingen, zog er ein schönes Taschenmesser mit stähler- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0391" n="379"/> „sehr ein lieber Narr“ zu sein. Da sei zufällig ein Bekannter herangetreten, und habe ihn mit der lauten Anrede begrüßt: Ei, schönen guten Abend, Herr von Körner! Dadurch sei die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises erregt worden, und der zuerst Fragende sei nicht wenig erstaunt gewesen, statt des kleinen korpulenten Mannes eine „lang aufgeschossene Ranke“ vor sich zu sehn. </p><lb/> <p>Wenn von der Fortsetzung und dem Ausgange des Krieges die Rede war, so erhob uns Körner durch seine glühende Zuversicht auf die endliche Befreiung des Vaterlandes. Mehr als einmal äußerte er, daß wenn es ihm beschieden sei, im Kampfe zu fallen, er nur wünsche, es möge in einer heißen glorreichen Entscheidungschlacht geschehn. Wir aber schauten an dem Heldenjünglinge mit dem felsenfesten Vertrauen empor, er werde alle Gefahren bestehn, und wohlbehalten aus dem Felde zurückkehren. </p><lb/> <p>Vom Guitarrenspielen war diesmal keine Rede, doch setzte uns Körner durch sein musikalisches Gedächtniß in Erstaunen, als er uns eines Abends alle 24 Hornsignale vorsang, die beim Exercitium der Kavallerie in Anwendung kommen. </p><lb/> <p>Das Liederheft: ‹Leyer und Schwert› übergab Körner meinem Vater zum Verlage. Als sie eben über Druck und Format sich besprachen, fiel ihm ein, daß noch eine Zueignung fehle. Flugs setzte er sich in der Buchhandlung an das nächste Pult, und schrieb die begeisterten Zeilen: </p><lb/> <p>Euch allen, die ihr noch mit Freundestreue u. s. w. </p><lb/> <p>Nur zu rasch verflogen die kurzen Tage seines Aufenthaltes. Als wir am letzten Nachmittage durch den Garten gingen, zog er ein schönes Taschenmesser mit stähler- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [379/0391]
„sehr ein lieber Narr“ zu sein. Da sei zufällig ein Bekannter herangetreten, und habe ihn mit der lauten Anrede begrüßt: Ei, schönen guten Abend, Herr von Körner! Dadurch sei die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises erregt worden, und der zuerst Fragende sei nicht wenig erstaunt gewesen, statt des kleinen korpulenten Mannes eine „lang aufgeschossene Ranke“ vor sich zu sehn.
Wenn von der Fortsetzung und dem Ausgange des Krieges die Rede war, so erhob uns Körner durch seine glühende Zuversicht auf die endliche Befreiung des Vaterlandes. Mehr als einmal äußerte er, daß wenn es ihm beschieden sei, im Kampfe zu fallen, er nur wünsche, es möge in einer heißen glorreichen Entscheidungschlacht geschehn. Wir aber schauten an dem Heldenjünglinge mit dem felsenfesten Vertrauen empor, er werde alle Gefahren bestehn, und wohlbehalten aus dem Felde zurückkehren.
Vom Guitarrenspielen war diesmal keine Rede, doch setzte uns Körner durch sein musikalisches Gedächtniß in Erstaunen, als er uns eines Abends alle 24 Hornsignale vorsang, die beim Exercitium der Kavallerie in Anwendung kommen.
Das Liederheft: ‹Leyer und Schwert› übergab Körner meinem Vater zum Verlage. Als sie eben über Druck und Format sich besprachen, fiel ihm ein, daß noch eine Zueignung fehle. Flugs setzte er sich in der Buchhandlung an das nächste Pult, und schrieb die begeisterten Zeilen:
Euch allen, die ihr noch mit Freundestreue u. s. w.
Nur zu rasch verflogen die kurzen Tage seines Aufenthaltes. Als wir am letzten Nachmittage durch den Garten gingen, zog er ein schönes Taschenmesser mit stähler-
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/391>, abgerufen am 05.07.2024. |