Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].lich schien es uns, daß auf eine solche Entfernung die Wirkung der Kugeln hinüber und herüber reichen könne. Die Franzosen schossen gut; unser Führer versicherte uns, daß nach kurzer Zeit seine Batterie rasirt gewesen sei. Die verhängnisvolle Bombe, welche das Pulvermagazin traf, war aus einer andern, näher liegenden Batterie gekommen; der geschickte Bombardir hatte gleich nach dem glücklichen Schusse eine namhafte Geldsumme von seinem Hauptmanne zum Geschenk erhalten. Sehr vergnügt und mit vielen neuen Anschauungen bereichert kehrten wir nach Berlin zurück, wo Fritz noch viele Tage Gelegenheit fand, die Hausgenossen und Schulkameraden durch die anschaulichsten Darstellungen der merkwürdigen Erlebnisse zu ergötzen. -------- Am 5. Mai gelangte die Kunde nach Berlin, daß bei Lützen oder Gros-Görschen die erste große Schlacht gegen Napoleon geschlagen worden sei. Man schien anfangs geneigt, dieselbe für einen Sieg auszugeben, allein bald genug erwies es sich, daß ein höchst mörderischer Zusammenstoß Statt gefunden, der am Abende mit dem Rückzuge der Unsrigen endete. Der Angriff der Preußen auf Napoleons Nachhut war erst am Nachmittage des 2. Mai erfolgt. Er zog immer mehr Truppen ins Gefecht, er pflanzte immer mehr Batterien auf und drängte die heldenmüthig fechtenden Preußen immer weiter zurück. Oberst Gneisenau, so ward uns erzählt, sei an der Spitze seines Regimentes mitten in einem französischen Carre gewesen, alle Offiziere hätten sich mit wahrer Todesverachtung dem feindlichen Feuer lich schien es uns, daß auf eine solche Entfernung die Wirkung der Kugeln hinüber und herüber reichen könne. Die Franzosen schossen gut; unser Führer versicherte uns, daß nach kurzer Zeit seine Batterie rasirt gewesen sei. Die verhängnisvolle Bombe, welche das Pulvermagazin traf, war aus einer andern, näher liegenden Batterie gekommen; der geschickte Bombardir hatte gleich nach dem glücklichen Schusse eine namhafte Geldsumme von seinem Hauptmanne zum Geschenk erhalten. Sehr vergnügt und mit vielen neuen Anschauungen bereichert kehrten wir nach Berlin zurück, wo Fritz noch viele Tage Gelegenheit fand, die Hausgenossen und Schulkameraden durch die anschaulichsten Darstellungen der merkwürdigen Erlebnisse zu ergötzen. ———— Am 5. Mai gelangte die Kunde nach Berlin, daß bei Lützen oder Gros-Görschen die erste große Schlacht gegen Napoléon geschlagen worden sei. Man schien anfangs geneigt, dieselbe für einen Sieg auszugeben, allein bald genug erwies es sich, daß ein höchst mörderischer Zusammenstoß Statt gefunden, der am Abende mit dem Rückzuge der Unsrigen endete. Der Angriff der Preußen auf Napoléons Nachhut war erst am Nachmittage des 2. Mai erfolgt. Er zog immer mehr Truppen ins Gefecht, er pflanzte immer mehr Batterien auf und drängte die heldenmüthig fechtenden Preußen immer weiter zurück. Oberst Gneisenau, so ward uns erzählt, sei an der Spitze seines Regimentes mitten in einem französischen Carre gewesen, alle Offiziere hätten sich mit wahrer Todesverachtung dem feindlichen Feuer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0365" n="353"/> lich schien es uns, daß auf eine solche Entfernung die Wirkung der Kugeln hinüber und herüber reichen könne. Die Franzosen schossen gut; unser Führer versicherte uns, daß nach kurzer Zeit seine Batterie rasirt gewesen sei. Die verhängnisvolle Bombe, welche das Pulvermagazin traf, war aus einer andern, näher liegenden Batterie gekommen; der geschickte Bombardir hatte gleich nach dem glücklichen Schusse eine namhafte Geldsumme von seinem Hauptmanne zum Geschenk erhalten. </p><lb/> <p>Sehr vergnügt und mit vielen neuen Anschauungen bereichert kehrten wir nach Berlin zurück, wo Fritz noch viele Tage Gelegenheit fand, die Hausgenossen und Schulkameraden durch die anschaulichsten Darstellungen der merkwürdigen Erlebnisse zu ergötzen. </p><lb/> <p rendition="#c">————</p><lb/> <p>Am 5. Mai gelangte die Kunde nach Berlin, daß bei Lützen oder Gros-Görschen die erste große Schlacht gegen Napoléon geschlagen worden sei. Man schien anfangs geneigt, dieselbe für einen Sieg auszugeben, allein bald genug erwies es sich, daß ein höchst mörderischer Zusammenstoß Statt gefunden, der am Abende mit dem Rückzuge der Unsrigen endete. Der Angriff der Preußen auf Napoléons Nachhut war erst am Nachmittage des 2. Mai erfolgt. Er zog immer mehr Truppen ins Gefecht, er pflanzte immer mehr Batterien auf und drängte die heldenmüthig fechtenden Preußen immer weiter zurück. Oberst Gneisenau, so ward uns erzählt, sei an der Spitze seines Regimentes mitten in einem französischen Carre gewesen, alle Offiziere hätten sich mit wahrer Todesverachtung dem feindlichen Feuer </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [353/0365]
lich schien es uns, daß auf eine solche Entfernung die Wirkung der Kugeln hinüber und herüber reichen könne. Die Franzosen schossen gut; unser Führer versicherte uns, daß nach kurzer Zeit seine Batterie rasirt gewesen sei. Die verhängnisvolle Bombe, welche das Pulvermagazin traf, war aus einer andern, näher liegenden Batterie gekommen; der geschickte Bombardir hatte gleich nach dem glücklichen Schusse eine namhafte Geldsumme von seinem Hauptmanne zum Geschenk erhalten.
Sehr vergnügt und mit vielen neuen Anschauungen bereichert kehrten wir nach Berlin zurück, wo Fritz noch viele Tage Gelegenheit fand, die Hausgenossen und Schulkameraden durch die anschaulichsten Darstellungen der merkwürdigen Erlebnisse zu ergötzen.
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Am 5. Mai gelangte die Kunde nach Berlin, daß bei Lützen oder Gros-Görschen die erste große Schlacht gegen Napoléon geschlagen worden sei. Man schien anfangs geneigt, dieselbe für einen Sieg auszugeben, allein bald genug erwies es sich, daß ein höchst mörderischer Zusammenstoß Statt gefunden, der am Abende mit dem Rückzuge der Unsrigen endete. Der Angriff der Preußen auf Napoléons Nachhut war erst am Nachmittage des 2. Mai erfolgt. Er zog immer mehr Truppen ins Gefecht, er pflanzte immer mehr Batterien auf und drängte die heldenmüthig fechtenden Preußen immer weiter zurück. Oberst Gneisenau, so ward uns erzählt, sei an der Spitze seines Regimentes mitten in einem französischen Carre gewesen, alle Offiziere hätten sich mit wahrer Todesverachtung dem feindlichen Feuer
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/365>, abgerufen am 05.07.2024. |