Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].corps auf dem linken Flügel fast aus den Augen verloren. Es war ihm indessen recht gut gegangen, und es hatte wenig vom Froste zu leiden gehabt. Die Zeitungen berichteten von einigen Gefechten in denen die Russen den Kürzeren gezogen, aber bald hatte die grimmige Kälte allen weiteren Operationen ein Ende gemacht. Der Krieg wurde ja ohnehin von preußischer Seite nur mit halbem Herzen geführt, und Napoleon mußte hier erfahren, daß ein erzwungener Verbündeter von keinem Nutzen sei. Wie konnte der König von Preußen ernstlich daran denken, seinen persönlichen Freund, den Kaiser Alexander zu schädigen, und mit welcher Neigung konnten die preußischen Truppen gegen die Russen fechten, von denen allein noch eine Zerbrechung des französischen Joches zu hoffen war? Daher ward die Nachricht, daß der preußische General York mit seinem Corps zu den Russen übergegangen sei, von der jüngeren Generation mit Freude begrüßt: denn man erkannte darin den Umschwung zu einer neuen Ordnung der Dinge. Zwar sagte der Grosvater Eichmann, so patriotisch er auch gesinnt war, mit bedenklichem Kopfschütteln: das hätte er unter Friedrich II. nicht probiren dürfen! Aber es wurde ihm mit triumphirender Ueberzeugung erwiedert, daß Friedrich II. wohl nie ein Bündniß mit einem fremden, feindlichen Tyrannen zur Bekriegung einer befreundeten Macht eingegangen wäre, und daß ein solches Bündniß null und nichtig sei! corps auf dem linken Flügel fast aus den Augen verloren. Es war ihm indessen recht gut gegangen, und es hatte wenig vom Froste zu leiden gehabt. Die Zeitungen berichteten von einigen Gefechten in denen die Russen den Kürzeren gezogen, aber bald hatte die grimmige Kälte allen weiteren Operationen ein Ende gemacht. Der Krieg wurde ja ohnehin von preußischer Seite nur mit halbem Herzen geführt, und Napoléon mußte hier erfahren, daß ein erzwungener Verbündeter von keinem Nutzen sei. Wie konnte der König von Preußen ernstlich daran denken, seinen persönlichen Freund, den Kaiser Alexander zu schädigen, und mit welcher Neigung konnten die preußischen Truppen gegen die Russen fechten, von denen allein noch eine Zerbrechung des französischen Joches zu hoffen war? Daher ward die Nachricht, daß der preußische General York mit seinem Corps zu den Russen übergegangen sei, von der jüngeren Generation mit Freude begrüßt: denn man erkannte darin den Umschwung zu einer neuen Ordnung der Dinge. Zwar sagte der Grosvater Eichmann, so patriotisch er auch gesinnt war, mit bedenklichem Kopfschütteln: das hätte er unter Friedrich II. nicht probiren dürfen! Aber es wurde ihm mit triumphirender Ueberzeugung erwiedert, daß Friedrich II. wohl nie ein Bündniß mit einem fremden, feindlichen Tyrannen zur Bekriegung einer befreundeten Macht eingegangen wäre, und daß ein solches Bündniß null und nichtig sei! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0345" n="333"/> corps auf dem linken Flügel fast aus den Augen verloren. Es war ihm indessen recht gut gegangen, und es hatte wenig vom Froste zu leiden gehabt. Die Zeitungen berichteten von einigen Gefechten in denen die Russen den Kürzeren gezogen, aber bald hatte die grimmige Kälte allen weiteren Operationen ein Ende gemacht. Der Krieg wurde ja ohnehin von preußischer Seite nur mit halbem Herzen geführt, und Napoléon mußte hier erfahren, daß ein erzwungener Verbündeter von keinem Nutzen sei. Wie konnte der König von Preußen ernstlich daran denken, seinen persönlichen Freund, den Kaiser Alexander zu schädigen, und mit welcher Neigung konnten die preußischen Truppen gegen die Russen fechten, von denen allein noch eine Zerbrechung des französischen Joches zu hoffen war? </p><lb/> <p>Daher ward die Nachricht, daß der preußische General York mit seinem Corps zu den Russen übergegangen sei, von der jüngeren Generation mit Freude begrüßt: denn man erkannte darin den Umschwung zu einer neuen Ordnung der Dinge. Zwar sagte der Grosvater Eichmann, so patriotisch er auch gesinnt war, mit bedenklichem Kopfschütteln: das hätte er unter Friedrich II. nicht probiren dürfen! Aber es wurde ihm mit triumphirender Ueberzeugung erwiedert, daß Friedrich II. wohl nie ein Bündniß mit einem fremden, feindlichen Tyrannen zur Bekriegung einer befreundeten Macht eingegangen wäre, und daß ein solches Bündniß null und nichtig sei!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0345]
corps auf dem linken Flügel fast aus den Augen verloren. Es war ihm indessen recht gut gegangen, und es hatte wenig vom Froste zu leiden gehabt. Die Zeitungen berichteten von einigen Gefechten in denen die Russen den Kürzeren gezogen, aber bald hatte die grimmige Kälte allen weiteren Operationen ein Ende gemacht. Der Krieg wurde ja ohnehin von preußischer Seite nur mit halbem Herzen geführt, und Napoléon mußte hier erfahren, daß ein erzwungener Verbündeter von keinem Nutzen sei. Wie konnte der König von Preußen ernstlich daran denken, seinen persönlichen Freund, den Kaiser Alexander zu schädigen, und mit welcher Neigung konnten die preußischen Truppen gegen die Russen fechten, von denen allein noch eine Zerbrechung des französischen Joches zu hoffen war?
Daher ward die Nachricht, daß der preußische General York mit seinem Corps zu den Russen übergegangen sei, von der jüngeren Generation mit Freude begrüßt: denn man erkannte darin den Umschwung zu einer neuen Ordnung der Dinge. Zwar sagte der Grosvater Eichmann, so patriotisch er auch gesinnt war, mit bedenklichem Kopfschütteln: das hätte er unter Friedrich II. nicht probiren dürfen! Aber es wurde ihm mit triumphirender Ueberzeugung erwiedert, daß Friedrich II. wohl nie ein Bündniß mit einem fremden, feindlichen Tyrannen zur Bekriegung einer befreundeten Macht eingegangen wäre, und daß ein solches Bündniß null und nichtig sei!
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/345>, abgerufen am 05.07.2024. |